Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Gibt es das überhaupt, gibt es Menschen, die gar nichts sammeln? Auf jeden Fall haben diese doch in Kindertagen etwas gesammelt, traditionell Bären, Puppen, Eisenbahnzüge. Es ist ein Urbedürfnis des Menschen, die ja in der Anthropologie sogar ein ganzes Zeitalter in der Steinzeit als JÄGER UDN SAMMLER bezeichnen. Damals allerdings waren es nicht Gegenstände, die man sich auf die Vitrine stellt oder hinter Glas schützt, sondern es ging um das Sammeln von Früchten, Wildblumen und von Tieren.
Das Sammeln ist eine menschliche Eigenschaft, die die einen mehr frönen als die anderen. Man weiß noch aus Kindertagen, daß fast alle Briefmarken sammelten. Das waren damals auch noch tolle Briefmarken, die aus Lateinamerika mit den Tieren und Pflanzen etc. Und dann ist man wirklich überrascht, daß noch heute das Briefmarkensammeln die häufigsten Sammlungsobjekte sind. Und wenn ich im Bekannten – und Freundeskreis herumschaue, da weiß ich sofort, wer was sammelt und wie froh man ist, wenn man einen Elefanten gefunden hat, den X noch nicht hatte, oder einen Bären in einer ganz ungewöhnlichen Farbe für Y oder ein weiteres Steiff Tier für Z. Von den ganzen Katzensammlungsstücken abgesehen, die in Riehen bei Basel sogar zu einem umwerfenden Katzenmuseum wurden. Man sammelt also entweder Objekte derselben Art oder man sammelt die Farbe mit demselben Gegenstand, oder die Form, die identisch ist oder oder…
Wollte man also eine Ausstellung von Frankfurtern und Frankfurterinnen organisieren, dann könnte man die ganze Stadt damit pflastern. Dem entging Kurator David Beikirch durch die Konzentration auf bestimmte Personen, nämlich auf Gestalter und Gestalterinnen im Umkreis von Frankfurt. Was ein Gestalter ist? Keiner fragt nach, weil jeder weiß, daß dies ein weites Feld ist. Dazu gehören auf jeden Fall Architekten, Designer etc. Wichtiger ist, was denn da gesammelt wird, wobei die Auswahl derer, die hier ihre Sammlungen ausstellen, Sache des Kurators ist.
Wichtig dabei ist, daß es dabei um private, eher unspektakuläre Sammlungen geht, nicht um Kunstsammlungen oder Dinge, die von großem Wert sind, sondern eher Skurriles, einfach, was einen anmachte,
Beim Rundgang in der Ausstellung fällt erst einmal etwas auf, was man zuvor beim Reden über die Sachen gar nicht auf dem Schirm hatte: man erkennt auf Anhieb bei den zehn Ausstellungsboxen, ob die Objekte von einer Frau oder einem Mann gesammelt werden – zumindest achtmal völlig eindeutig, nur bei zwei Objektgruppen weiß man das nicht auf Anhieb und hätte sogar die GRIFFE eher einem Mann und die ZITRUSFRÜCHTEPAPIERE (rechts) eher einer Frau zugeordnet.

Das sieht anders aus, überblickt man die ganze Außenwand, auf der die überdimensionierten Leuchtreklamen glitzern und funkeln, die Volker Albus sammelt. Das ist eine kulturgeschichtliche Tat, denn wir Älteren kennen sie noch, die blauen runden Bayerschilder, die über Apotheken auf die Medikamente dieser Firma aufmerksam machen sollten oder 4711, was, als das Fernsehen Ende 1952 für Westdeutschland Wirklichkeit wurde, eine Hauptwerbung wurde, wo jeder 2. Frau zu Geburtstag und Weihnachten dies Kölnisch Wasser geschenkt wurde, eigentlich ein Parfüm, als historisches Duftwasser gepriesen. Dasselbe gilt für das HB Markenschild, wo sofort die Kurzwerbungen vor den früheren Wochenschauen im Kino, aber auch das Fernsehen in die Erinnerung treten, wo das HB-Männchen an die Decke ging und um seiner ausufernden Emotion zu entgehen, sich rasch eine HB ansteckt und sofort ausgeglichen und friedlich wird: „Halt, mein Freund! Wer wird denn gleich in die Luft gehen? Greife lieber zur HB!“ Welch Lüge, aber welche überzeugende Werbung. Und ARAL, ESSO, SHELL…
Dort hängt das M für McDonald’s, die Fast-Food-Restaurants, denen so oft der Tod angekündigt wurde und die die Verbraucher, vor allem junge, nach wie vor frequentieren.
Und erst die Zitrusfrüchtepapiere, siehe Bild oben. Daß früher Apfelsinen, die heute meist nur noch Orangen heißen, fast immer in Papier gewickelt waren, wissen nicht mehr viele und auch nicht, daß die besseren und teureren Stücke noch heute in der Frankfurter Kleinmarkthalle eingewickelt verkauft werden. Aber so viele und so große Früchtepapiere? Da hätte ich auch…., aber als ich ans Regal schritt, wo mein Apfelsinenpapier aus der DDR der Sechzigerjahre, bedruckt mit CLAUDIA, was mir ein Onkel geschickt hatte, da hing es nicht mehr. Ach ja, es war so verblaßt, darum hatte ich es abgehängt und irgendwo geschützt. Ein Sammler dagegen weiß genau, wo seine Objekte stehen und liegen.
Man kann unmöglich von allen Sammlungen berichten, aber die Sammlung der Griffe, die hier durch tausendfache Fotografien gesammelt sind, die sind etwas Besonderes, wobei wir nach den Kramergriffen schauen wollten, aber die nicht fanden, was eine eigene Geschichte wert ist.
Fortsetzung folgt also.
Fotos:
Ananas, Zitrusfrüchtepapier, Weiße Vasen, Leuchtreklamen, Schwämme, Thonetstühle
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Info:
bis 7. April 2024 im Frankfurter Museum für Angewandte Kunst