Schaumgeborene 3089Von märchenhaften Erzählungen zum zeitgenössischen Tanztheater


Hanswerner Kruse

Schlüchtern (Weltexpresso) - Vor drei Jahren erschienen als Buch „Die Meerschaumprinzessin“ und zwei weitere Märchen des Schlüchterners Tien Tran. Ebenfalls in der Bergwinkelstadt, im Tonstudio von Thilo Tapp, wurden diese Geschichten aufgenommen und vor kurzem als Hörbuch bzw. zum Download veröffentlicht. Im Frühjahr werden sie sogar vom hiesigen Ensemble Artodance tänzerisch umgesetzt.

 

Eigentlich sind die Geschichten eher fantastische Erzählungen, ganz in der Tradition der Kunstmärchen, als klassische Märchen. Denn der Verfasser spielt mit den Klischees der Volkserzählungen oder überwindet sie. Da befreit ein Prinz nicht liebevoll die Schaumgeborene, sondern geht recht ruppig mit ihr um. Oder alle Geschichten enden überraschend und irgendwie melancholisch - statt mit den beruhigenden Worten „und wenn sie nicht gestorben sind...“ Überhaupt die Worte, Tran nutzt kaum das oft kitschige und antiquierte Vokabular der überlieferten Märchen aus dem 19. Jahrhundert. Sondern er entwickelt eine zeitlose Sprache mit „blumigen, bildstarken Worten“ (Tim Bachmann).

Beim Pressegespräch und Fototermin war eine intensive Energie und Fröhlichkeit spürbar, als sich im Tonstudio die meisten trafen, die bei der Umsetzung des Hörbuches geholfen hatten. Zum Autor sowie dem Sounddesigner kamen zwei Sprecherinnen, der Sprecher, die Fotografin und der Videograf. Untereinander kannten sich nicht alle, es war eine muntere Premiere, als sie hier aufeinandertrafen und später am gemeinsamen Zeitungsbild werkelten. Das sollte im Aufnahmeraum gestellt werden, also nicht „echt“ sein, aber dennoch die Einzelnen bei ihrer typischen Arbeit zeigen.

Dieses Treffen stand quasi symbolisch dafür, kreative Leute im Bergwinkel zusammenzubringen, wie Tran euphorisch meinte. Auch Tapp sieht in Schlüchtern „viel Potential“ und konnte sich vorher bereits die auditive und eine tänzerische Umsetzung des Buches vorstellen. Beim Tanz will er es „richtig krachen lassen“ und die geplante Choreografie von Monica Opsahl, Ballettsaal Schlüchtern, mit Light-Show und Sound-Design unterstützen. Von der Professionalität im Studio war auch Sprecherin Kiki Karcher beeindruckt, die als Moderatorin viel Erfahrung mit Rundfunkarbeit hat.

Der Autor legt immer großen Wert auf professionelles Marketing bei der weiteren Bearbeitung seines Projekts. Doch das ist kein kommerzieller Selbstzweck, sondern alle Gewinne gehen an das Wächtersbacher Frauenhaus. Doch was hat dieses Märchenbuch eigentlich mit Gewalt gegen Frauen zu tun? Da die Schaumgeborene in einer tristen desaströsen Beziehung leben muss, brachte Tran sie mit den, ihm „am Herzen liegenden“ Themen Feminismus und Emanzipation zusammen: „Da lag es nahe, den Erlös an ein Frauenhaus zu spenden.“

Choreografin Opsahl kann sich deshalb auch die Umsetzung der Erzählungen als Tanzstück zum 8. März, dem internationalen Frauentag, gut vorstellen: „Gewalt gegen Frauen ist ein wichtiges Thema, das mir und den Artodance-Tänzerinnen sehr wichtig ist. Frauenrechte haben sich während der Jahre zu einem roten Faden in unseren Produktionen entwickelt.“ Ihr gefällt die starke Meerschaumprinzessin und sie schätzt sehr die Zusammenarbeit mit anderen Kunstschaffenden. „Zusammen können wir lauter werden. Das ist ja auch eine Aufgabe der Kunst!“

Fotos:
© Hanswerner Kruse

Schaumgeborene 3131v.l.n.r. 
Moritz Belz, Leon Wurzinger, Tien Tran, Henrike Sachs, Thilo Tapp, Kiki Karcher, Milena Röll. 
Es fehlen Sara Nowotny und Nicole Germersdorff








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