Für die Evangelische Kirche in Deutschland
Sabine Zoller
Bad Herrenalb (Weltexpresso) - Mit Teilnehmern aus dem gesamten Bundesgebiet sowie einem Gast aus Österreich tagte die Gesangbuchkommission drei Tage in Bad Herrenalb. „Das Ergebnis dieser Tagung ist ein Zwischenergebnis, denn wir sind auf einem Weg, da gibt es noch kein Endergebnis, sondern Stationen. Das hier war eine wichtige Station, da man im Anflug auf die letzten zwei Jahre, bevor die Erprobungsphase los geht, feststellt, dass vieles festgemacht werden muss“, so Peter Ammer.
Für den evangelischen Bezirkskantor und Kirchenmusikdirektor in Nagold sowie Vorsitzender im Bundesverband der ev. Kirchenmusiker in Deutschland ist die Tagungsstätte der Evangelischen Akademie Baden ein „wunderbarer Ort, weil die badische Landeskirche auf württembergischen Grund tagt.“
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) plant die Einführung eines neuen Gesangbuches für die evangelischen Kirchen in Deutschland und Österreich, das 2028 soll als gedrucktes Werk vorliegen soll. 2017 wurde der Entschluss gefasst, dass es ein neues evangelisches Gesangbuch für die evangelischen Kirchen in Deutschland und in Österreich geben soll. Die aktuellen Gesangbücher sind etwa 30 Jahre alt und es besteht die Notwendigkeit, nicht nur zeitgemäße Lieder aufzunehmen, sondern auch weitaus mehr Liedanteilen für eine digitale Form zu erstellen. Seit 2020 arbeitet die Kommission, die sich aus rund 80 Personen zusammensetzt. „Aus jeder der insgesamt 20 Landeskirchen in Deutschland gibt es zwei Vertreter und zudem Fachverbandsvertreter und -experten, die dazu beitragen“, erklärt Oberkirchenrätin Susanne Hasselhoff, die zudem als EKD-Prozessleiterin neues Gebetbuch fungiert. Die konkrete Aufgabe besteht darin, ein Gesangbuch digital - also für jedermann zugänglich - und zudem analog zu erstellen. „Wir haben uns hier in fünf Ausschüssen organisiert, um Lieder und Texte auszuwählen, die Digitalisierung inclusive Design voranzubringen und eine online Plattform zu schaffen, in der man sich austauschen kann um singen zu vernetzen, Singveranstaltungen zu planen, und Begleitpublikationen zu schaffen.“ Das sind spannende Aufgaben, zumal sich das Verhalten der Nutzer in den vergangenen Jahrzehnten geändert hat.
1993 ist das derzeit aktuelle Gesangbuch erschienen. Die Vorbereitung dazu haben 17 Jahre benötigt. Für die neue Version sind lediglich zehn Jahre veranschlagt und Hasselhoff urteilt: „Zielvorstellung ist für die, die in der Kirche sind und die, die Gottesdienste gestalten etwas zu bieten, das ihnen in ihrem Alltag hilft. Wir haben nicht die Illusion, dass die Menschen wegen dieses Buches in die Kirche kommen. Wir sind der Meinung, dass Musik in der Kirche Menschen begeistern kann, und dafür wollen wir ein gutes Hilfsmittel zur Verfügung stellen.“
Für Kord Michaelis, Landeskirchenmusikdirektor der badischen Landeskirche ist das ein komplexer und spannender Prozess, „weil es nicht einfach darum geht die Lieder des jetzigen Gesangbuches durchzuschauen und ein paar neue hinzuzufügen.“ Neben Klassik und Pop gibt es mittlerweile unterschiedlichste Milieus in der Kirche. „Es muss eine unglaubliche Anzahl von Liedern gesichtet werden“, so Michaelis, der von einer Größenordnung von rund 10.000 Liedern spricht. „Wir sind ein einer anderen Situation als vor 35 Jahren, als das heute gültige Gesangbuch gemacht wurde, weil wir nicht mehr nur für ein Buch denken, sondern weil es auf jeden Fall ein großes digitales Gesangbuch geben soll.“
Aktuell sind die ersten 535 Lieder in den deutschen evangelischen Gesangbüchern immer dieselben, das ist der sogenannte Stammteil. Für die Landeskirchen, die sich darüber hinaus einen Regionalteil geleistet haben, kommen noch einmal 150 Lieder aus der Region hinzu. Nach Aussage von Peter Ammer gibt auch noch Ergänzungs-Liederbücher, die Lieder aufgenommen haben, die erst nach 1990 entstanden sind.
Für das neue Gesangbuch geht es nun zunächst darum, 500 Lieder für den Stammteil zu suchen, erst dann beurteilen die Regionalteilausschüsse, was künftig in ihren Regionalteil kommen soll. Ammer, der aufgrund der weniger werdenden Mittel in den Landeskirchen künftig Zusammenschlüsse prognostiziert, um gemeinsame Regionalteile zu haben, sagt:
„Das wird in Baden und Württemberg der Fall sein und vielleicht schließt sich dann auch noch als drittes Land Österreich an.“ Für Matthias Krampe, Landeskantor der evangelischen Kirche in Österreich ist es „großartig, dass wir an diesem Prozess und länderübergreifenden Großprojekt teilhaben dürfen“. Für ihn ist der Besuch in Bad Herrenalb willkommen, denn als Kirchenmusiker und Orgelsachverständiger der evangelischen Kirche in Österreich war er bereits fünf Mal bei den Sommerkonzerten von „Klassik im Kloster“ zu Gast und begeisterte mit seinen eigens für die „Königin der Instrumente“ transkribierten Werke von Liszt, Verdi und Wagner, sowie Strauss, Händel und Grieg an der historischen Walcker-Orgel. Krampe beurteilt die Zusammenarbeit als bedeutend, „weil wir als kleine evangelische Kirche in Österreich niemals im Stande wären einen solchen Prozess für uns selbst durchzuführen.“
Fotos:
Das neue Gesangbuch
In Bad Herrenalb arbeiten Vertreter der evangelischen Landeskirchen vereint am neuen Konzept des Gesangbuches.
v.l.n.r.
Peter Ammer – ev. Bezirkskantor in Nagold und Kirchenmusikdirektor in Nagold sowie Vorsitzender im Bundesverband der ev. Kirchenmusiker in Deutschland
Oberkirchenrätin Susanne Hasselhoff – EKD Prozessleiterin neues Gebetbuch
Landeskirchenmusikdirektor der badischen Landeskirche, Kord Michaelis, betont die Komplexität und den spannenden Charakter dieses Prozesses.
©Zoller