Vernissage Strassenkünstler 01 Leo Kissling Vorstand Denkbar Peter MennePhotographien von Peter Menne in der Frankfurter Denkbar 

Oliver Kalldewey

Frankfurt am Main (Weltexresso) - Die «Denkbar» in Frankfurt zeigt die Serie „Künstler, Straßenkünstler“ von Peter Menne: Photographien von Straßenmusikern und Akrobaten bei ihrer Arbeit. Zur Vernissage am Donnerstag war das Kulturzentrum bis auf den letzten Platz gefüllt; das Publikum lobte die Bilder und dankte dem Künstler für seine einführenden Worte mit langem Applaus.

Insbesondere die Photographie „Der Junge und der Denker: Philosophie in der Fußgängerzone“ spiegelt geradezu den Anspruch des Denkbar-Vereins als Ort der Begegnung mit bewegenden Ideen. Das Bild zeigt einen weißgeschminkten Pantomimen, der als „lebende Skulptur“ in römisch-griechischer Toga einen kleinen Jungen sehr verwundert: dass die Buchlektüre von der Bibliothek in die Fußgängerzone wanderte, irritiert den Jungen offensichtlich. Weitere Bilder zeigen Akkordeonspieler, Saxophonisten oder Multi-Instrumentalisten in der Fußgängerzone oder einsam auf Brücken spielend. Neun Bilder hängen an den Wänden der Denkbar und weitere siebzehn Photographien aus europäischen Städten finden sich in einer Mappe auf dem Flügel.

Leo Kissling, frisch gewählter neuer Vorstand der Denkbar, begrüßte den Künstler, der anschließend erzählte, wie er zu der Motivserie gekommen ist, die er schon seit langem stets erweitert: auf seinen Reisen seien die Straßenkünstler die stets willkommenen Überraschungen. „Wenn ich eine Tour nach Frankreich, Italien oder Polen plane, suche ich mir natürlich ein paar Schlösser oder Sehenswürdigkeiten heraus, zu denen ich hinfahre: das ist der geplante Teil des Programms“, so Peter Menne. „Wenn ich dann nachmittags durch eine Stadt laufe, dann sind Straßenkünstler die ungeplante Überraschung: die stets willkommene Abwechslung!“ Menne bezeichnete sie als eine Form der Entschleunigung: im Trubel einmal stehenbleiben, hinschauen oder zuhören. Wobei er die Situation von Straßenmusikern oder -akrobaten keineswegs verklären will: „Manche erinnern mich an die Geschichte vom Clown, der selbst niemals lachte: sie sorgen für unser Vergnügen − aber manchen steht die Trauer ins Gesicht geschrieben“, wobei der Photograph auf zwei Bilder aus Frankfurt weist: einen Akkordeonspieler auf dem Holbein-Steg vor dem Städel: „er spielte ganz allein vor sich hin − während sich gleichzeitig Schlangen vor der Kasse zum Städel-Museum bildeten. Oder die Musikerin, die zwischen Main und Römer traurig in die leere Runde blickt“.

Es gelte also, so Menne, die Künstler nicht wie im Biedermeier romantisch zu verklären, wie es Carl Spitzweg mit seinem Poeten (in der Dachkammer auf Kissen gebettet) tat. Ihm ist es wichtig, die vielschichtige Wirklichkeit zur Kenntnis zu nehmen: auf der einen Seite die oft prekäre soziale Situation − auf der anderen Seite aber auch nicht nur die Begeisterung, die bei einem Publikum geweckt werden kann, sondern auch die überschäumende Lebensfreude der Akrobaten, wie sie beispielsweise auf den Photographien der Frankfurter „Sommerwerft“ deutlich sichtbar werde.

Die Ausstellung zeigt tatsächlich beides: den einsamen Saxophonspieler auf der Berliner Friedrichsbrücke oder in Breslau eingezwängt zwischen Geldautomat und Mülleimer − doch ohne Zuhörer. Unübersehbar wird der soziale Kontrast auf dem mit „Lebenskünstler“ betitelten Bild von einem Bettler, den Menne auf einer Brüsseler Prachtstraße ablichtete: der sitzt auf einer umgedrehten Getränkekiste − während krawattetragende Banker mit ihrem Handy am Ohr auf regennasser Strasse vorbeieilen. Direkt daneben die Lebensfreude, die der „Sommerwerft“-Klempner bei seinem feuchtfröhlichen Versuch ausstrahlt, den Springbrunnen mit seinen Händen abzudichten…

Lebhafte Gespräche mit dem Publikum schlossen sich an; die Denkbar lud zum Sekt ein − so dass die Ausstellungseröffnung sich bis weit in die Nacht hinein zog. Mennes Ausstellung „Künstler, Straßenkünstler“ ist noch bis zum 15. Juni zu sehen. Der Eintritt ist frei. Die „Denkbar“ öffnet mittwochs, freitags und samstags ab 18 Uhr.

Foto:
Titel 
Leo Kissling (neuer Vorstand der Denkbar) und Peter Menne bei der Eröffung
Text
Im Gespräch: Leo Kissling (Vorstand der Denkbar) und Klaus Söhnel (Vorstand der Jazz-Initiative Frankfurt) und Peter Menne
Ein Besucher beim Durchblättern der Mappe
Alter und neuer Vorstand der Denkbar auf der Vernissage: Fiona Kania und Doris Lerche.
alle Fotos ©Dennis Merbach

Info:
Denkbar, Frankfurt: Spohrstr. 46 a (Nähe Nibelungenplatz, gegenüber der Fachhochschule), http://denkbar-ffm.de/ + http://denkbar-ffm.de/?p=22796