
Redaktion
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Das sollte man immer dazu schreiben, zum Max Beckmann Preis der Stadt am Main, daß er hier an der Städelschule Professor für Malerei war, sehr umworben mit vielen Schülern und eben auch Schülerinnen, von denen wir heute noch einige kennen, bzw. erst richtig kennenlernen, denn sie gehören zu denen, die den Nazis fast so verhaßt waren wie ihr Lehrer: Max Beckmann, der sofort nach der Machtübernahme seines Amtes enthoben wurde. Einfach seiner Malweise wegen. Das kann man sich heute kaum vorstellen, ist aber als historische Erfahrung auch in heutigen Zeiten wichtig. So eine Stimmung wie damals, konnte man ja bei der AfD-Fraktion im Bundestag nach dem Abstimmungssieg mit der CDU am 27. Januar ausmachen. Ausgerechnet am 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee. Manches ändert sich, manches bleibt.

Nachhaltigkeit beim Bauen nicht ohne Schönheit
Die Dezernentin für Kultur und Wissenschaft Ina Hartwig stellte die herausragende Rolle von Heringer in ihrem Fachgebiet heraus: „Ich freue mich sehr über unsere jüngste Beckmann-Preisträgerin Anna Heringer, die als erste Architektin überhaupt ausgezeichnet wird. Nachhaltigkeit ist für Heringer immer auch mit dem Aspekt der Schönheit verbunden. Dies trifft insbesondere für ihren Umgang mit dem Baustoff Lehm zu, der die Ästhetik der Gebäude unterstreicht, angefangen beim Entwurf bis hin zum fertigen Haus.“
Der Max-Beckmann-Preis ist einer der angesehensten Kulturpreise Deutschlands und würdigt herausragende Leistungen in den Bereichen Malerei, Grafik, Bildhauerei und Architektur.
Die Laudatorin Laura Weißmüller, 2024 mit dem Preis des BDA für Architekturkritik ausgezeichnet und Redakteurin im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung, verwies in ihrer Rede besonders auf Heringers Verdienst, Mensch und Umwelt ins Zentrum ihrer Architektur zu stellen: „Anna Heringer beweist, dass es geht: Architektur zu bauen, die gut für den Menschen ist und für die Natur. Ihr unermüdlicher Kampf für den Einsatz von Lehm leistet wichtige Pionierarbeit, ist Lehm doch nicht nur der älteste, sondern auch der nachhaltigste Baustoff der Welt – auf den Baustellen im Westen jedoch immer noch ein Exot. In ihrer Arbeit manifestiert sich Heringers außergewöhnlicher Mut: Mut, andere Architektur zu bauen als die, die der Kanon der Moderne seit Jahrzehnten vorgibt – und die heute unseren Planeten zu zerstören droht. Mut anders zu entwerfen, mit den Händen in Lehm nämlich und dem starken Vertrauen in das eigene Bauchgefühl. Aber auch Mut zu seinem eigenen Ziel zu stehen: Die Welt besser und schöner zu hinterlassen.“
„Sture Idealistin“ sieht Architektur als Aufruf zum Wandel
Anna Heringer dankte in ihrer Rede der Stadt Frankfurt und der Jury für ihren Mut, „eine herausfordernde Architektur auszuzeichnen. Herausfordernd deshalb, weil ich meine Architektur immer auch als Aufruf zum Wandel sehe. Ich bin eine sture Idealistin. An der Realität mag ich mich nicht orientieren. Das gibt mir nicht die nötige Kraft, um Dinge zum Positiven zu verändern. Deshalb fokussiere ich mich vehement auf die Aspekte in meinem Leben, die ich beeinflussen kann.“ Zum Ende ihrer Dankesrede stellte sie fest: „Nachhaltigkeit ist keine Frage von Ressourcen, technischer Innovation oder Geld. Es ist eine Haltung: eine ethische Haltung und eine Geisteshaltung. Und genau da müssen wir uns weiterentwickeln.“
Der mit 50.000 Euro dotierte Max-Beckmann-Preis erinnert an den Maler, Bildhauer, Grafiker und Autor Max Beckmann, einen der wichtigsten Künstler Frankfurts, der von 1925 bis 1933 als Lehrer an der Städelschule tätig war, bevor er 1933 ins Exil gehen musste. Er wird seit 1978 alle drei Jahre am 12. Februar, dem Geburtstag von Max Beckmann, verliehen.
Fotos.
Blick in den Kaisersaal während der Max-Beckmann-Preisverleihung im Frankfurter Römer, Copyright: Stadt Frankfurt am Main
©Andreas Varnhorn
Preisträgerin Anna Heringer (5.v.l.) mit Kulturdezernentin Ina Hartwig (3.v.l.) und Oberbürgermeister Mike Josef (4.v.l.)Stadt Frankfurt am Main, Foto: Alexander Paul Englert