Bildschirmfoto 2025 04 05 um 03.08.25Photoausstellung von Peter Menne im Frankfurter Kunstverein Familie Montez

Oliver Kalldewey

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Vor zehn Jahren eröffnete die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Neubau. Passend zum Jubiläum stellt der Frankfurter Kunstverein Familie Montez die Bilderserie „Hoch hinaus! Die EZB verändert ihr Viertel“ des Photographen Peter Menne aus. Die bestens besuchte Vernissage wurde vom Jazz-Trio „Bunka“ musikalisch begleitet. Der Ausstellungskatalog ist im Alibri-Verlag erschienen.

Bildschirmfoto 2025 04 05 um 03.10.26Die dreißig Photographien von Peter Menne füllen zwei Räume des Kunstvereins Familie Montez. Im Gespräch mit Laudator Thomas Dürbeck erläuterte der Offenbacher Künstler sein Konzept: im ersten Raum zeigt er den Wandel von der (noch intakten) Großmarkthalle über das Anwachsen des Neubaus bis zum fertigen Bank-Doppelturm. Im zweiten Raum blickt er auf die Veränderungen im Viertel − dass sich mit dem Zuzug der EZB vom Frankfurter „Schmuddelkind“ zur gehoben-luxuriösen Adresse gewandelt hat.

Thomas Dürbeck stellte den vielfältig engagierten Künstler vor und zitierte den literaturwissenschaftlichen Themenschwerpunkt von Peter Menne: „Vorurteil und Fehlwahrnehmung“. Womit Menne seine Arbeiten insbesondere zu R.W. Fassbinders Skandaldrama „Der Müll, die Stadt und der Tod“ überschreibt, passe als Titel auch − so Dürbeck − auf die Bilder der EZB, denn die wirke auf den Photos oft so nah, als ob man die Glasfassade direkt anfassen könne. Tatsächlich ist sie aber wie ein Hochsicherheitstrakt abgesperrt. Mit Blick für die passende Perspektive, dem Griff zum Teleobjektiv im richtigen Moment bringe der Künstler dem Betrachter das Gebäude nahe.

Ob sich das „hoch hinaus!“ im Ausstellungstitel auf den Bau oder die Institution beziehe, fragte Dürbeck den Photographen. „Beides − bzw. eigentlich alles drei“, antwortete Menne: er habe gleichermaßen den Neubau im Sinn, der sein Viertel überragt wie auch die Institution „EZB“, die als Zentralbank Frankfurts Stellung als Finanzplatz festige − und nicht zuletzt die Mieten und Bodenpreise, die mit der Gentrifizierung des Viertels jetzt in die Höhe schössen. Menne erinnerte daran, dass Frankfurt sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg zum Bankenplatz entwickelte: sowohl Deutsche Bank als auch Dresdner Bank (2009 von der Commerzbank übernommen) verlegten ihren Hauptsitz erst 1957 von Berlin nach Frankfurt. Als die EZB 1998 gegründet wurde, gab es bedeutendere Finanzplätze in Europa wie London (damals noch der EU zugehörig) oder Paris − insofern war die Standortwahl „Frankfurt“ eine klare Stärkung für den vergleichsweise jungen und europaweit kleinen Finanzplatz.

Dürbeck und Menne tauschten sich über das Viertel „Ostend“ aus. Der Laudator Dürbeck ist hier aufgewachsen; Mennes Photographien vom Schrottplatz erinnerten ihn an den Lärm, den die Schrottpresse verursachte. Denn immer wenn vergessen wurde, den Tank des kleinzupressenden Autos vorher zu leeren, knallte es lauter als beim Silvesterfeuerwerk, so Dürbeck. Mit Blick auf die Bilder vom stadtbekannten Bordell „Sudfass“ meinte Menne verschmitzt, das „Wohnen auf Zeit“ sei geblieben − doch die Wohndauer habe sich deutlich verlängert vom „Stundenhotel“ zu „Business Apartments“ für bis zu sechs Monate.

Manche Bilder zeigen unwiederbringlich vergangenes wie z.B. der Blick vom Mainufer durch das nackte Betongerippe der Großmarktthalle hindurch auf die Wohnbebauung der Sonnemannstraße auf der gegenüberliegenden Seite. „Maximale Transparenz“ ist das Werk betitelt. „Eine Metapher für die Transparenz, die man sich bei so manchem Finanzmarktprodukt wünschen würde“, so der Photograph.

Das Jazz-Trio „Bunka“ mit Clemens Wind am Piano, Gerrit Hauptmann am Bass und Marcus Kraus am Schlagzeug unterhielt das Publikum mit Jazz-Standards so lebendig, dass es vom „Montez“-Vorsitzenden Mirek Macke direkt für ein Konzert im Juni verpflichtet wurde.

Fotos: 
alle©privat
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Montez Menne mit BesuchernEZB 03.jpg
 
Info:
Die Ausstellung läuft noch bis zum 27. April 2025. Der Kunstverein Familie Montez sitzt in Frankfurt in der Honsellbrücke: unter der Straße in den Betonbögen der Brücke, jedoch mit direktem Blick auf die nur wenige hundert Meter entfernte EZB. Im monatlichen Wechsel stellen dort moderne Künstler aus, darunter viele Städel-Absolventen. Geöffnet ist dienstags bis sonntags von 13 bis 18 Uhr, der Eintritt ist frei.

Zur Ausstellung veröffentlichte der Alibri-Verlag den Katalog unter dem gleichen Titel „Hoch hinaus! Die Europäische Zentralbank verändert ihr Viertel“, 40 Seiten, erhältlich für 12 Euro im Buchhandel oder direkt beim Verlag: https://www.alibri.de/Shop/Produktdetail/ProductID/2735