Deutsch-türkisches Kabarett vom Feinsten. ?enay Duzcu lustvolles Doppelleben zum Frauentag
Hanswerner Kruse
Schlüchtern (Weltexpresso) - Mittlerweile ist es Tradition geworden, dass in Schlüchtern der Internationale Frauentag mit weiblichem Kabarett gefeiert wird. Diesmal, mit einigen Tagen Verspätung, zeigte die deutsch-türkische Komikerin ?enay Duzcu „Ich bleib’ dann mal da.“
Die Kabarettistin kommt mehrfach auf die Bühne, bis ihr der Beifall euphorisch genug ist. Dann übt sie mit dem überwiegend weiblichen Publikum „Merhaba!“ zu rufen und macht mit ihrem Smartphone Selfies. Sie spricht Besucherinnen an, „Wo kommt ihr her?“ und wundert sich: „In Bayern sagen selbst Atheisten ‚Grüß Gott’.“ Man fragt sich, wann denn nun endlich die Show anfängt, aber sie ist längst mittendrin. Şenay ist nicht die bollernde Spaßmacherin aus Marzahn, sondern lässt eher feinsinnige Spitzen gegen Deutsche und Türken los.
Ihr Vater habe sie in die Hauptschule geschickt, damit sie ordentlich Türkisch lerne, später dann in eine Nonnenschule, „weil die Ordensfrauen dort wie meine Mutter aussahen.“ Ob sie denn kein Kopftuch trage, werde sie häufig gefragt, rasch bindet sie ihre langen schwarzen Haare unter dem Kinn zusammen: „Mein Öko-Kopftuch“, meint sie. Daraus entsteht im Schlabbermantel mit Bauchtanz und Raute eine Merkel-Persiflage. Die schätze sie übrigens sehr, „wir Türken lieben sie.“ Wieder im hautengen roten Kleid zeigt Şenay lustvoll einen erotischen Bauchtanz, den türkische Frauen heimlich beim Bodenwischen und Wäschewaschen zelebrierten.
Deutsche Frauen sagen, „mein Hintern ist zu dick“, Türkische dagegen „mein Hintern ist schön.“ Nun ja, sie als Deutsch-Türkin sage: „Mein Hintern ist schön dick!“ Im Gegensatz zur Kabarettistin des letzten Jahres, deren schmuddelige Witze hier im Internet nicht zitierbar waren, kann Şenay etwas vulgär sein und dennoch zitiert werden: „Meine Freundin hat sich größere Brüste auf Kredit machen lassen, die linke gehört ihr, die rechte der Sparkasse.“ Oder sie verrät: „Klar haben türkische Frauen Sex. Vor der Ehe!“
Immer wieder spricht sie über Unterschiede zwischen Türken, die einfach leidenschaftlicher seien, und Deutschen. Sie gelte ja schon als „manisch-depressiv“, wenn sie sich über ein Geschenk freue. Auch das ADHS sei so eine deutsche Erfindung, 80 % aller Türkinnen müssten diese Krankheit haben. „Wie gut, dass es zu meiner Zeit noch kein Ritalin gab. Sonst wäre ich heute beamtet und würde die AfD wählen...“ Dafür sei sie aber Legasthenikern, das Wort käme aus dem Griechischen: „Mein Vater war sauer, dass ich eine griechische Krankheit habe, Ihr wisst ja, Türken und Griechen mögen sich nicht. Aber der NSA hat wenigstens aufgegeben, meine Mails zu lesen.“ Übrigens verwechsle sie auch noch Wörter, etwa Auflauf und Einlauf.
Auf diese Art unterhält sie zwei Stunden lang das Publikum, fasziniert es mit immer neuen Assoziationen und bringt mit ihren Gags alle zum Lachen: Ihre Tante koche so fett, nach einem Essen bei Ihr benötige sie drei Monate keinen Labello mehr. Oder ihre dicken Tanten und Nichten wollten jetzt mehr joggen gehen. „Macht das bloß nicht“, habe sie ihnen dringend geraten, „die halten Euch sonst für Flüchtlinge!“
Şenay Duzcus ironischer Blick auf die zwei verschiedenen Kulturen ist weder larmoyant noch denunzierend. „Brauchen wir denn noch mehr Feinde?“, fragt sie und beteuert, „Wir haben doch die Bahn als gemeinsamen Feind“. Allerdings gebe es in Anatolien keine Fahrpläne sondern lediglich Wahrsager.
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Lustvoll präsentiert Şenay Duzcu das Putzen als erotischen Frauentanz © Hanswerner Kruse
Video: https://www.youtube.com/watch?v=efOm8RzWpHo