Am 20. Juni 2016 steht der Schriftsteller Thomas Bernhard im Fokus der Frankfurter Bürger-Universität

Felicitas Schubert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Man glaubt immer nicht, wenn man nachliest, daß Thomas Bernhard schon 27 Jahre tot ist, so lebendig ist er in unserem Bewußtsein. Aber er starb wirklich schon am 12. Februar 1989 und das Theater im Burgtheater um sein Stück HELDENPLATZ, das war schon 1988 - und sehr viel weiter ist Österreich mit der Aufarbeitung seiner braunen Vergangenheit auch nicht gekommen, wie die jüngsten Wahlen zeigten.

Aber jetzt geht es nur um Thomas Bernhard. Am vorletzten Abend der Biografienreihe „Wer wir wurden, wer wir sind“ im Sommersemester 2016 werden die Lebensstationen des österreichischen Schriftstellers beleuchtet. Mit seinen Romanen und Theaterstücken hatte er weit über sein Heimatland hinaus in Debatten über das kollektive Selbstverständnis und das Erbe des Nationalsozialismus eingegriffen. Und zudem einen Sprachsound kreiert, der so eigen ist und einen wie auf der Leimspur in seine Sprachgehäuse hineinzieht.
 

Zu seinen bedeutendsten Werken zählen Bernhards fünf autobiografische Werke „Die Ursache“, „Der Keller“, „Der Atem“, „Die Kälte“ und „Ein Kind“, die er Ende der 1970er bis Anfang der 1980er Jahre schrieb. Darin arbeitet der Autor seine schwierige Kindheit und Jugend auf. Als uneheliches Kind wuchs er bei seinen Großeltern auf. In Wikipedia heißt es ausführlicher: "Thomas Bernhards Vater war der (wie auch der Großvater) aus Henndorf am Wallersee stammende Bauernsohn und Tischler Alois Zuckerstätter. Thomas Bernhard lernte ihn nie kennen. Zuckerstätter wurde, obwohl er die Vaterschaft bestritt, vom Jugendamt als Vater festgestellt; er weigerte sich, Alimente zu zahlen, war bei Nachforschungen oft unsteten Aufenthalts und heiratete später in Deutschland. Seine Tochter Hilda überlebte ihren Halbbruder, erfuhr aber erst kurz vor dessen Tod von seiner Existenz.

Vom Tod seines leiblichen Vaters, der am 2. November 1940 in Berlin durch eine Gasvergiftung starb, wobei man Suizid vermutete, erfuhr Bernhard nichts Genaues: Er vermutete, dass sein Vater mit 43 Jahren in Frankfurt an der Oder umgekommen sei, und erzählte, er habe in der Familie den Vornamen Alois nie aussprechen dürfen. Seine Mutter hat unter der äußerlichen Ähnlichkeit des Kindes mit seinem Vater gelitten und angeblich die einzige Fotografie, die Bernhard von Zuckerstätter besessen haben soll, vernichtet. Die Mutter starb, als Bernhard 19 Jahre alt war.

 

In einem Gespräch mit Soziologe Tilman Allert stellt Oliver Reese, Theaterregisseur und Intendant des Schauspiel Frankfurt, Gedanken zum komplexen Verhältnis von Werk und Person zur Diskussion und geht dabei der Frage nach, in welchen Ausdrucksformen die schriftstellerischen Arbeiten Thomas Bernhards auf der Bühne darstellbar sein können. Erst vor zwei Jahren inszenierte Reese die fünfbändige Biografienreihe des Autors auf der Schauspielbühne.
 

Zu diesem Abend bringt Reese außerdem einen seiner Schauspieler, Peter Schröder, mit, der unter anderem aus „Auslöschung“, Bernhards letztem großen Prosawerk, vortragen wird. Es ist ein Erinnerungsbericht des Protagonisten Franz-Josef Murau an seine Jugendzeit.
 

Die Veranstaltung ist Teil der Reihe „Wie wir wurden, wer wir sind“, die von Prof. Tilman Allert, Soziologe an der Goethe-Universität, kuratiert wird. Die Hauptreihe der Frankfurter Bürger-Universität im Sommersemester stellt an insgesamt sechs Abenden Lebensläufe berühmter Protagonisten deutscher Sozial- und Kulturgeschichte vor.

 

Foto: Thomas Bernhard

Info:

„Der Theatermacher“ – Thomas Bernhard
Referent: Oliver Reese
Zeit: Montag, 20. Juni 2016, 19.30 Uhr
Ort: Zentralbibliothek der Stadtbücherei, Hasengasse 4, 60311 Frankfurt
 

Der Eintritt ist frei.

Weitere Informationen finden Sie unter: www.buerger.uni-frankfurt.de