Auch das Karikaturmuseum Krems trauert um den österreichischen Karikaturisten
Anna von Stillmark
(Wien (Weltexpresso) - Der österreichische Karikaturist Manfred Deix ist am 25. Juni 2016 im Alter von 67 Jahren gestorben. Wie seine Frau Marietta Deix mitteilte, erlag er einer langen, schweren Krankheit. Manfred Deix feierte erst am 22. Februar 2016 seinen 67. Geburtstag.
Der Publizist Henryk M. Broder meinte über den Karikaturisten Manfred Deix: „Er ist der Stift, mit dem Karl Kraus gezeichnet hätte.“
Warum uns die Nachricht aus Krems erreichte, hat damit zu tun, daß Ausstellungen von und über Manfred Deix zu den Höhepunkten des Ausstellungsbetriebes zählen und er mit dafür gesrogt hat, daß es das Museum überhaupt gibt. Übrigens waren auch seine Ausstellung in Frankfurt im caricatura museum hochgerühmt und vielbesucht. Der Redaktion von Weltexpresso lag er als Katzenfan besonders am Herzen, denn die drei Redaktionskatzen, die in Weltexpresso seit langem eine eigene Rubrik verlangen, weinen, klagen und jammern derart, daßalle anderen mittun.
Die Arbeiten von Manfred Deix sind längst Kunstwerke, Klassiker der österreichischen Karikatur und stilbildend für viele Kollegen. Die Bedeutung seiner schonungslosen Cartoons gehen weit über die Landesgrenzen hinaus und waren unermüdlich in seiner Kritik an gesellschaftlichen Zwängen. Das Enfant terrible der heimischen Zeichnerszene analysierte mit spitzer Feder die Untiefen der österreichischen Seele, seine dargestellten Charaktere haben als „Deixfiguren“ an sprichwörtlicher Bedeutung gewonnen und wurden sogar im Duden begrifflich aufgenommen.
Manfred Deix war maßgeblich an der Gründung des Karikaturmuseum Krems, dem einzigen Museum für Bildsatire und kritischer Grafik in Österreich, beteiligt, wo er bis heute mit einer Dauerpräsentation früherer und aktueller Arbeiten vertreten ist.
In seiner Rede zur Ausstellung „Für immer Deix!“ meinte der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll: „Manfred Deix versteht es, den Menschen einen Spiegel vorzuhalten. Einen Spiegel, der vieles zeigt, was wir in Wahrheit als Normalsterbliche im Alltag gar nicht merken und gar nicht sehen.“
Seit 1988 ist Manfred Deix Träger des Nestroy Ringes der Stadt Wien, 2005 wurde ihm das goldene Verdienstzeichen der Stadt Wien überreicht. Das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich wurde Deix 2009 verliehen. 2012 erhielt er den Österreichischen Kabarettpreis (Kategorie Sonderpreis).
Manfred Deix‘ Zeichnungen wurden in Magazinen wie u.a. profil, Trend, Economy, News, Stern, Der Spiegel, Pardon, Titanic und im Playboy veröffentlicht. Nach „Cartoons“, dem ersten Deix-Sammelband aus dem Jahre 1980 folgten viele weitere Publikationen, darunter „Der dicke Deix“, „Der goldene Deix“ „Dichter Deix“, „Der heilige Deix“ und „Für immer Deix!“ (2012), zuletzt erschienen 2015 Neue Zeichnungen sowie sein achtzehntes Buch Tierwelt. Katzen & Co.
Gottfried Gusenbauer, Direktor des Karikaturmuseum Krems, zum Werk des politischen Zeichners: „Manfred Deix war einer der großen Künstler Österreichs. Es gab und gibt viele Tabus und unangenehme Wahrheiten, die man nicht ansprechen durfte oder konnte, hier hat uns Deix mit seinen Bildern die Augen geöffnet.“
Die MitarbeiterInnen des Karikaturmuseum Krems sind über den Tod von Manfred Deix tief betroffen und trauern um ihn. Mit ihm verliert die österreichische Karikatur- und Zeichnerszene einen der kritischsten und einflussreichsten Künstler unserer Zeit.
Foto: Manfred Deix © Guenter S. Kargl
Gottfried Helnwein zum Tod von Manfred Deix
Der Künstler Gottfried Helnwein, ein jahrzehntelanger Weggefährte von Manfred Deix, trauert ebenfalls um seinen Freund:
Manfred Deix, der größte satirische Zeichner dieses Jahrhunderts ist nicht mehr.
Wenn Michelangelo sagte, die größte Kunst sei „nichts als ein Schatten der göttlichen Perfektion“, dann hat Deix mit seiner Kunst den unerbittlichen Gegenbeweis angetreten: Er zeigte uns, dass das Werk des Schöpfers nur so strotzt von Fehlern, Peinlichkeiten und Schnitzern. Gott sei Dank, muss man sagen, denn bei einem perfektionistischen Gott hätten wir wenig zu lachen, und es war Deix, der uns zu der bedeutenden philosophischen Erkenntnis verholfen hat, dass die Schöpfung lächerlich und Gott der größte Humorist ist.
Manfred war ein großer Bewunderer Muhammad Ali’s und ich glaube, dass es in seinem Sinne war diese Welt gemeinsam mit ihm zu verlassen.
So seltsam es klingen mag – diese beiden hatten etwas gemeinsam: sie waren Jahrhunderterscheinungen, die die Welt grundlegend verändern sollten – der eine die Welt des Boxsports, der andere die Welt der satirischen Zeichnung. Beide zeigten dem staunenden Erdkreis Kunststücke, die man bis dahin für völlig unmöglich gehalten hatte. Und beide flatterten wie die Schmetterlinge und stachen wie die Bienen.
Ich kann mir eine Welt ohne Manfred Deix, mit dem ich mein ganzes Leben lang verbunden war, nicht vorstellen.
Ich werde ihn unendlich vermissen.
In meinem Herzen wird er immer weiter flattern und stechen.
Gottfried Helnwein
Biografie Manfred Deix
1949 Manfred Deix wird in Sankt Pölten, Niederösterreich, geboren
1960 Erste wöchentliche Comicstripserie in der Niederösterreichischen Kirchenzeitung
1965 Eintritt in die Höhere Graphische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt, Wien, gemeinsam mit Josef Bramer, Gottfried Helnwein und Bernhard Paul
1968 Beginn des Studiums an der Akademie der bildenden Künste, Wien
1972 Erste Veröffentlichungen in den Magazinen Profil, Trend, Economy
1978 Titelblätter und Zeichnungen für die Periodika Stern, Der Spiegel, Pardon, Tempo, Titanic, Playboy, Die Zeit
1980 Erstes Buch: Cartoons von Manfred Deix (Trend, Wien)
1983 Zweites Buch: Cartoons de Luxe (Orac, Wien)
1984 Heirat mit Marietta in Las Vegas; erster persönlicher Kontakt mit den Beach Boys in Los Angeles
1985 Erstes TV-Porträt: Manfred Deix, für die ORF-Serie Ohne Maulkorb; ORF-TV-Porträt The Beach Boys mit Manfred Deix; drittes Buch: Deix. Satiren aus Wien (hg. v. Hans Traxler; Zweitausendeins, Hamburg)
1986 Ausstellung in der Galerie am Chamissoplatz, Berlin; viertes Buch: Mein Tagebuch (Jugend & Volk, Wien)
1987 Gestaltung eines Plakates für Brechts Arturo Ui am Wiener Burgtheater; TV-Film Küss’ die Hand, Österreich – Manfred Deix und seine Bilder (Regie: Peter Hajek; ORF, ZDF, SRG, 3sat; 45 Minuten)
1988 Verleihung des Nestroy-Ringes der Stadt Wien; Ausstellung im Palais Palffy, Wien
1989 Fünftes Buch: Augenschmaus (Diogenes, Zürich; mit einem Vorwort von Billy Wilder)
1990 Ausstellung im Stadtmuseum Heilbronn; Entwurf der Masken für die Oper Kehraus um St. Stephan von Ernst Krenek, Wiener Staatsoper
1991 Ausstellung im Wilhelm-Busch-Museum Hannover; Ausstellung im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe; Ausstellung im Stadtmuseum Ludwigshafen; sechstes Buch: Der Männer-Report (Diogenes, Zürich; mit einem Vorwort von Thomas Gottschalk)
1992 Deix-Porträt in der englischen BBC-TV-Serie Schofield’s Europe
1993 Siebentes Buch: Küss’ die Hand; Taschenbuch: Geisterfahrer (beide Diogenes, Zürich)
1994 CD-ROM The Best of Manfred Deix, Volume 1
1995 Achtes Buch: Deix am Sonntag (Diogenes, Zürich); Goldene Schallplatte für die CD Musik aus Ameriga (Manfred Deix und die Good Vibrations Band; Arcade); ab diesem Jahr wöchentliche Cartoons für das Magazin News
1998 Neuntes Buch: Das neue Deixbuch (Libro, Wien)
1999 Gestaltung von 14 Bildern auf 1600 m2 Fassadenfläche des Grazer Rathauses; live on stage mit den Beach Boys (3 Songs) beim Wiener Donauinselfest
2000 Ausstellung „Good Vibrations“, Kunsthaus Wien; Kulturpreis 2000 der Stadt Klosterneuburg
2001 Erstes Treffen mit Zeichnergott Robert Crumb in Krems; Eröffnung des Karikaturmuseum Krems (Die Welt des Manfred Deix)
2002 Zehntes Buch: Illustrierte Gedichte (Zweitausendeins, Frankfurt am Main)
2003 Ausstellung „Die Welt des Manfred Deix II“, Karikaturmuseum Krems, mit Ausstellungskatalog; Ausstellung „Die Welt des Manfred Deix“, Kunsthaus Köflach
2004 Ausstellung „Die Welt des Manfred Deix“, Museum für Komische Kunst – Caricatura im Historischen Museum in Frankfurt am Main; elftes Buch: Der dicke Deix. Arbeiten von 1998 bis 2004 (Carl Ueberreuter, Wien)
2005 Verleihung des Goldenen Verdienstzeichens des Landes Wien
2006 Ausstellung und interaktive CD-ROM „Deix in the City“, Karikaturmuseum Krems, mit Ausstellungskatalog; zwölftes Buch: Der Dichter Deix. Gedichte, Bilder und Privates (Carl Ueberreuter, Wien)
2007 Dreizehntes Buch: Arnold Schwarzenegger. Die nackte Wahrheit (Carl Ueberreuter, Wien); Ausstellung „Deix in the City“, Wilhelm-Busch-Museum Hannover; vierzehntes Buch: Das große News & Deix Jubiläumsbuch (Carl Ueberreuter, Wien)
2008 Ausstellung „Deix in the City“, Ludwig Galerie Schloss Oberhausen
2009 Verleihung des Berufstitels „Professor“; Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich; fünfzehntes Buch: Der goldene Deix (Carl Ueberreuter, Wien); Ausstellung „Das ist Deix“, Karikaturmuseum Krems, bis 2012, mit Ausstellungskatalog
2012 Ausstellung „Für immer Deix!“, Karikaturmuseum Krems, mit Ausstellungskatalog zu den Arbeiten aus der Sammlung des Landes Niederösterreich
2013 Sechzehntes Buch: Der heilige Deix (ECOWIN Verlag, Salzburg)
2014 Aktualisierung der Dauerpräsentation „Für immer Deix!“, Karikaturmuseum Krems
2015 Siebzehntes Buch: Neue Zeichnungen ( Carl Ueberreuter, Wien); Achtzehntes Buch: Tierwelt – Katzen & Co.( Carl Ueberreuter, Wien)
2016 Aktualisierung der Dauerpräsentation „Für immer Deix!“, Karikaturmuseum Krems
www.karikaturmuseum.at