Sahra Wagenknecht stellte ihr Buch ‚Reichtum ohne Gier‘ in bewegter Zeit in Frankfurt vor, Teil 3
Hubertus von Bramnitz
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Diese Frau ist ein Star, das merkt man der ganzen Atmosphäre an. Sie selbst ist aufmerksam und nutzt die Stichworte des Moderators – im Ernst, eigentlich braucht sie weder Stichwort noch Moderator, so sehr platzt es aus ihr spontan und gekonnt heraus.
Sie formuliert druckreif und gleichzeitig nicht abgehoben, sondern an den Fragen und Problemen orientiert. Das einzige, was negativ anzumerken wäre, ist eine alte Redesünde: auch dann noch weiterzusprechen, wenn man den Sachverhalt klar verdeutlicht hatte.
In der Diskussion, die im Artikel von Heinz Markert schon inhaltlich gewürdigt ist, kam sie ausgehend von der Kritik an den Eliten zu dem, warum sie auch dieses Buch schrieb: über eine wirklich andere Wirtschaft zu sprechen, denn sie nimmt Albert Einstein beim Wort, den sie als Motto ihrem Buch vorgeschaltet hat: „Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu belassen und gleichzeitig zu hoffen, daß sich etwas ändert.“ Interessant, daß sowohl ihr Vorwort wie auch ihre ersten Äußerungen zum Thema der Situation galten, daß es nie ein Zurück gäbe, eben auch keines zur sozialen Marktwirtschaft der 50er Jahre der BRD, sondern: nicht „zurück in die alte Zeit. Aber die Zukunft liegt im Neuen. Noch-nicht-Dagewesenen. Ideen dafür sind an ihrer Plausibilität und Überzeugungskraft zu messen, nicht daran, ob sie in Gänze schon einmal umgesetzt wurden.“
Sie spricht von unseren Wohlstandsinseln, davon, daß die USA die Welt und die Weltwirtschaft im Griff haben, aber die Europäer auch mitmischen und zwar nicht zugunsten der Völker. „Staatliche Ordnungen zerfallen. Das Kommando übernehmen Clanführer, Warlords und Terrormilizen. Angst, Chaos, Gräueltaten und willkürliche Morde sind das Ergebnis...Über 60 Millionen Menschen weltweit haben mittlerweile aufgrund solcher Konflikte ihre Heimat verloren und sind auf der Flucht. Ein Teil von ihnen schafft es nach Europa. Die Mehrheit vegetiert in Lagern und Zeltstädten in den Nachbarregionen der Länder, in denen sie einst zu Hause war..“
Nicht schlecht, die Ausgangssituation so knallhart an den Anfang des Buches zu setzen: „Die reichsten 1 Prozent der Weltbevölkerung besitzen inzwischen mehr als alle anderen auf der Erde lebenden Menschen zusammen. Allein 62 Multimilliardäre haben mehr Vermögen als die Hälfte der Menschheit.“.
Nein, das ist nur die Beschreibung der Ausgangssituation, auf Grund derer ihre Vorschläge kommen. Und zur Ausgangssituation gehören auch die Veränderungen in der Bundesrepublik Deutschland, wobei sie besonders auf die Schaffung der Neuen Mitte eingeht, die sie durch Gerhard Schröder, Joseph Fischer und auch Angela Merkel geschaffen sieht. Sie hinterfragt die Innovationskraft unserer Wirtschaft und macht Vorschläge zum NICHT-WEITER-SO, sondern ANDERS.
Beworben wird das neue Buch von Sahra Wagenknecht mit: »Es ist Zeit, sich vom Kapitalismus abzuwenden«, sagt Sahra Wagenknecht. Denn der Kapitalismus ist längst nicht mehr so innovativ, wie er sich gibt. Bei der Lösung der großen Zukunftsfragen - von einer klimaverträglichen Energiewende bis zu nachhaltiger Kreislaufproduktion - kommen wir seit Jahrzehnten kaum voran. Für die Mehrheit wird das Leben nicht besser, sondern härter.
Es ist Zeit für eine kreative, innovative Wirtschaft mit kleinteiligen Strukturen, mehr Wettbewerb und funktionierenden Märkten, statt eines Wirtschaftsfeudalismus, in dem Leistung immer weniger zählt, Herkunft und Erbe dagegen immer wichtiger werden.
Sahra Wagenknecht fordert
- eine andere Verfassung des Wirtschaftseigentums,
- die Demokratisierung des Zugangs zu Kapital und
- die Entflechtung riesiger Konzerne, deren Macht fairen Wettbewerb und Demokratie zerstört.
- Talent und echte Leistung zu belohnen und Gründer mit guten Ideen ungeachtet ihrer Herkunft zu fördern.
Mit ihrem Buch eröffnet Wagenknecht eine politische Diskussion über neue Eigentumsformen und die vergessenen Ideale der Aufklärung. Sie legt eine scharfsinnige Analyse der bestehenden Wirtschaftsordnung vor und zeigt Schritte in ein demokratisch gestaltetes Gemeinwesen, das niemandem mehr erlaubt, sich zulasten anderer zu bereichern. Sie spricht verständlich und nicht redundant.
Foto: © Annike Bald, Hugendubel
Info:
Sahra Wagenknecht, Reichtum ohne Gier. Wie wir uns vor dem Kapitalismus retten Campus Verlag
Auch als Hörbuch und E-book
Weltexpresso über die Veranstaltung und das Buch
https://www.weltexpresso.de/index.php/kulturbetrieb/8465-blueht-das-schicksal-der-usa-auch-europa