Der Frankfurter Ignatz Bubis-Preis 2016 geht an Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Der Name und die Person Ignatz Bubis behält in Frankfurt einen besonderen Klang. Daß die Stadt einen solchen Preis eingerichtet hatte, hat auch mit den so unterschiedlichen Facetten der Persönlichkeit von Ignatz Bubis zu tun, dessen Name im Frankfurt der Sechziger/Siebziger Jahre insbesondere im Frankfurter Westend keinen guten Klang hatte, angesichts der damaligen Betonpolitik, also dem Abreißen herrlicher Bürgerhäuser zugunsten von gesichtslosen Versicherungs- und Bankhochhäusern.

Wie sehr hatte sich das geändert, aber auch wie sehr hatte sich Ignatz Bubis geändert, als er der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Frankfurts wurde und dann von hier aus sogar eindrucksvoll der Jüdischen Gemeinde Deutschlands vorstand und auf allen Ebenen eine besondere Figur machte. Natürlich bleibt für Frankfurter die Schlacht um die Aufführung des Fassbinderstückes DIE STADT, DER MÜLL UND DER TOD in besonderer Erinnerung, wo angeführt von Ignatz Bubis am 31. Oktober 1985 die Aufführung am Frankfurter Schauspiel von Protestierenden nicht stattfinden konnte. In der Sache waren wir konträrer Meinung, für uns war und ist das Fassbinderstück nicht antisemitisch, sondern hat eine antikapitalistische Zielrichtung und auf keinen Fall eine gegen Juden gerichtete, aber nach der Geschichte Deutschlands und dem Hochhalten der Meinungsfreiheit, mochte doch keiner in Frankfurt sehr lautstark gegen jüdischen Protest wiederum protestieren - und schon gar nicht die vor der Bühne im Schauspielhaus Protestierenden, angeführt von Ignatz Bubis, mit Polizeigewalt wegtransportieren, wie es ansonsten geschehen wäre.  Zu wichtig schien eben - wenngleich bei anderer Einschätzung - die Tatsache, daß jüdische Mitbewohner in Frankfurt nicht nur reden, sondern auch handeln.

Mein Gott, waren das bewegende Zeiten. Und warum einem Ignatz Bubis dann ans Herz wuchs, hat mit den für mich tragischen Ereignissen in der Frankfurter Paulskirche zu tun, wo am 11. Oktober 1998 Martin Walser den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt und eine Rede zur deutschen Geschichte hielt, die an mehreren Stellen mißverständlich schien. Insbesondere an denen, wo leicht aus dem Gedanken an Auschwitz als Synonym für die Ermordunge der deutschen und andere Juden durch Deutsche dies als moralische Keule gebrandmarkt wurde. Man muß sich wirklich die Worte genau anschauen, auf jeden Fall hatte Bubis als einziger nicht in den Jubel der 1200 Gäste zur Friedenspreisrede eingestimmt, sondern sie als geistige Brandstiftung bezeichnet, woraus dann ein öffentlicher Konflikt wurde, der für mich deshalb unglücklich in Erinnerung ist, weil hier Bubis und Walser zu Antipoden wurden, was sie - auch in der Sache der Judenverfolgung - überhaupt nicht waren, bzw. sind. Denn auch für Martin Walser bleibt diese Auseinandersetzung einde der großen Wunden seines Lebens.

Das nun zum historischen Hintergrund des Preises, der als Bürgerpreis geschaffen wurde. Mit der Verleihung des Ignatz Bubis-Preises für Verständigung ehrt die Stadt Frankfurt am Main also das Lebenswerk und die Persönlichkeit von Ignatz Bubis. Die Verleihung ist darüber hinaus Ausdruck der Verpflichtung Frankfurts, für die von ihm verkörperten Werte einzutreten. Die Verleihung ist mit einem Geldpreis von 50.000 Euro verbunden.

 

Der Ignatz Bubis-Preis 2016 wird an Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier verliehen. Das hat der Magistrat der Stadt Frankfurt auf Vorschlag einer Kommission beschlossen, gab Oberbürgermeister Peter Feldmann am 9. Dezember bekannt.

„Es ist eine hervorragende Wahl“, sagte Feldmann. „Steinmeier trägt mit seinem Einsatz für Menschenrechte, Freiheit und Gerechtigkeit und seinem vorbildlichen Wirken für die internationale Völkerverständigung zu einer friedlicheren Welt bei. Damit führt er das Streben von Ignatz Bubis hin zum Aufbau einer weltoffenen, toleranten Staatengemeinschaft fort.“

„Frank-Walter Steinmeier ist ein aufrichtiger, glaubwürdiger und besonnener Politiker, der alle Voraussetzungen mitbringt, ein herausragender Bundespräsident zu werden", begrüßt der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Professor Salomon Korn die Entscheidung.

Die Überreichung des Ignatz Bubis-Preises findet am 10. Januar, also noch vor der beabsichtigten Wahl des Preisträgers zum Bundespräsidenten,  in der Paulskirche statt. Laudator wird der Bundestagsabgeordnete und ehemalige Frankfurter Kämmerer Tom Koenigs sein, der 2005 als Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe ins Auswärtige Amt wechselte und zuletzt Beauftragter für die Unterstützung des Friedensprozesses in Kolumbien war.

 

Foto: (c) frank-walter-steinmeier.de