Alexander Eisenach inszeniert „Der kalte Hauch des Geldes“ in Frankfurt, Teil 1/2

Klaus Philipp Mertens

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - „Es war einmal im Westen. Es war einmal im Western... Als der Todfeind des Menschen noch der Mensch war. Und nicht das Kapital.“


So beginnt ein bemerkenswertes Theaterstück, das am 11. November 2016 in den Kammerspielen des Schauspiels Frankfurt Premiere hatte. Sein Autor und Regisseur ist Alexander Eisenach, dem der diesjährige „Kurt-Hübner-Regiepreises“ der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste in Bensheim für exakt dieses Stück verliehen wurde. Der Preis wird im Zusammenhang mit dem Gertrud-Eysoldt-Ring vergeben. Letzteren erhielt die Schauspielerin Jana Schulz (derzeit vom Schauspielhaus Bochum engagiert, ab Sommer 2017 - einem Insidergerücht zufolge - möglicherweise vom Schauspiel Frankfurt, das dann unter der Intendanz von Anselm Weber stehen wird, der derzeit noch das Schauspielhaus Bochum leitet).

Doch zurück zum Western, zur Ideologie des freien Westens, zum Kapital(ismus). Bevor ich die Aufführung besuchte, habe ich zur Einstimmung ein altes Romanheft aus der Serie „Billy Jenkins“ gelesen (die Jüngeren unter uns können sich vielleicht noch an die Groschenhefte erinnern). Es trägt den Titel „König der Cowboys“ und erschien im Jahr 1949 als Heft 7 dieser Reihe. Und ich las:

„Kennt ihr sie, die gebräunten, wetterharten Gesellen mit ihren breitkrempigen Hüten, den bunten Hemden, den ebenso bunten, im Winde flatternden Halstüchern, mit ihren Lederwesten und ledernen Beinschützern, mit dem riesigen Colt und dem schweren Bowiemesser an der Seite? Kennt ihr sie?
Der Cowboy wird leben, solange Viehherden über die Prärie ziehen, solange diese Viehherden bewacht, getränkt, gebrändet, enthornt, nach den Bahnstationen getrieben und verladen werden müssen. Das alles kann nur der Cowboy, dessen Lebensaufgabe darin besteht, zu reiten, reiten, reiten...“.

Wer die Eigentümer der Herden sind und was sie mit ihrem Reichtum anstellen, wird nicht erwähnt. Ein Cowboy wird sich nie eine Herde leisten können. Sein Leben folgt einer anderen Bestimmung. Doch wer bestimmt es? Wer lässt ihn ewig reiten?

Und um die Erinnerungen abzurunden, habe ich mir noch Ausschnitte aus alten Western-Filmen angesehen, in denen Randolph Scott, Sterling Hayden, Joel McCrea und John Wayne die Hauptrollen spielten. Auch darin trat mir der Geist der USA entgegen, ein Geist, der sich - wenn alle Hemmungen fallen - in Donald Trump offenbart.

Das Bühnenbild in den Frankfurter Kammerspielen setzte meine Stimmung fort. Ein richtiger Saloon mit großem Tresen, im Hintergrund ein Spiegel, umrahmt von einem Regal, voll mit Flaschen und Gläsern. Links zwei Tische, daneben die typische Pendeltür. Und die Tapete ließ erahnen, dass dieses Etablissement offenbar auch dem Glücksspiel und der Prostitution diente. Als Westernfreund kann man sich heimisch fühlen.

In der ersten Szene erzählt Marisol, Besitzerin des Saloons und dargestellt von Verena Bukal, die Geschichte von Frank William Bessie. Der war einst in den Westen geritten, immer weiter bis er im Nichts ankam. Dann hatte er angehalten, hatte sein Ohr an den öden Boden gelegt und geahnt, dass hier eine Goldader verlaufen würde. So entstand die Siedlung El Plata, exakt dort, wo nun der Saloon steht. Doch nach acht turbulenten Jahren, während denen Männer dem Gold nachjagten, sich Krankheiten einhandelten oder sich gegenseitig umbrachten, weil der Todfeind des Menschen eben der Mensch war, war es auch mit Bessie zu Ende gegangen.
Die meisten Goldminen sind nun versiegt, das Land ist überwiegend wertlos geworden und sie, Marisol, hatte einen Teil davon erworben. Bei ihr tobt nun das Leben, Whisky und Bier sprudeln in die Kehlen der Durstigen, die sich nicht entmutigen lassen bei ihrer Suche nach Gold, und auch das Geschäft mit dem Sex floriert. Die meisten der verbliebenen Goldminen gehören nun Bill Benjamin Baxter (Christian Kuchenbuch), dem ungekrönten König von El Plata. Seine Vertrauten sind Sheriff James Logan (Christoph Pütthoff), dem ein Transportunternehmen gehört, und Sneaky Sam (Lukas Rüppel), ein ehemaliger Kopfgeldjäger und nunmehr Berufsspieler. Denn das Glücksspiel ist in diesem Landstrich, der noch nicht zur Union gehört, gestattet. Fortsetzung folgt



Foto: (c) Birgit Hupfeld. Schauspiel Frankfurt

Info:

Der kalte Hauch des Geldes
von Alexander Eisenach
Regie: Alexander Eisenach, Bühne: Daniel Wollenzin, Kostüme: Julia Wassner, Video und Live-Kamera: Oliver Rossol, Komposition und Live-Musik: Bernhard Karakoulakis, Dramaturgie: Henrieke Beuthner.
Mit: Sina Martens, Verena Bukal, Christian Kuchenbuch, Christoph Pütthoff, Lukas Rüppel.
Dauer: 2 Stunden 15 Minuten, eine Pause

Die nächsten Vorstellungen:
11. Dezember, 23. Dezember, 31. Dezember, 7. Januar 2017, 8. Januar 2017, 25. Januar 2017, 26. Januar 2017.