Von Herders Bibliothek der Philosophie des Mittelalters kam die dritte Serie heraus, Teil 2/2

Heinz Markert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die Araber haben im Verlauf einer blühenden Epoche die antike wie auch die in östlichen Regionen beheimatete Bildung gesichert und deren Verbreitung ermöglicht. Das wurde zum Vorteil für das Europa der noch im Vorkeimen befindlichen Erkenntnis und Weisheit: durch jene auf aristotelischer Kategorienlehre und Methode basierenden Leistung scholastischer Gelehrter und Kirchenväter.

Ihr kluges, der menschlichen Erkenntnis dienendes Wirken und ihr Verdienst hinsichtlich einer immer allgemeiner werdenden Wissensverbreitung reicht bis in unsere Gegenwart.

 
Ein Angebot, Erkenntnis und Wissen vielleicht anders zu organisieren

Könnte ein Rekurs auf das alte Schrifttum - ein riesiges Konvolut - den Blick auf gegenwärtige Verhältnisse schärfen und ein geschulteres Reflektieren befördern? Könnte sich der Blick aufklaren und Möglichkeiten des Gelingens von Kultur begünstigen? Solche und ähnliche Überlegungen könnten Pate gestanden haben, als eine Gruppe Herausgeber sich zusammenfand, um eine mittlerweile erhebliche Anzahl an Schriftgut des Mittelalters herauszugeben. Allein aus bloßem Selbstzweck war ein Entschluss kaum zu vollziehen.

Die Edition weist hochkarätige Vertreter auf, unter etlichen auch Avicenna, aus Ispahan, philosophiegeschichtlich gehandelt als Dioskur zu Averroes in Spaniens Al Andalus. Sie lebten nicht in derselben Zeitspanne, aber ihre gemeinsam empfundene Pflicht war die Übermittlung der aristotelischen Philosophie durch Kommentare zu „dem Philosophen“, wie eine eingespielte Redewendung lautete. Avicenna war auch ‚der Medicus‘. So wurde er zum Protagonisten eines neueren Kolportagefilms. In der ersten Serie fand sich schon Wilhelm von Ockham, der für den Nominalismus/Realismusstreit, wie oben im Beispiel angedeutet, steht. Es ging um die Frage, was vorgängig sei, Begriffe von Dingen als erhabene ‚Universalien‘ oder nur die einzelnen Dinge und ihr schlichter Begriff. Gibt es neben dem einzelnen Stuhl auch die Stuhlheit, und zwar ganz real?! - das war ein brennendes Thema. Ockham bekam Schwierigkeiten an der Pariser Universität, da er lehrte, dass das Allgemeine nichts Reales als subjektives Sein sei, weder in der Seele, noch im Dinge.

Als dritter im Bunde für einen an dieser Stelle bloß anzudeutenden Einblick in die Edition wäre Thomas von Aquin anzuführen. Studierenden wird er zunächst bekannt durch die kleine Schrift ‚De ente et essentia‘ (Über das Sein und das Wesen), die nur einen begrenzten, wenn auch zentralen Ausschnitt aus seinen Kommentaren bietet. Thomas von Aquin ist in der dritten Tranche dreifach vertreten, ebenso Albertus Magnus. Weitere, höchst attraktive, Gelehrsamkeit wie Anregung verheißende Namen finden sich in der dritten Serie des Herder Verlags.

Die dritte Serie stand nun an und wurde in einer kleinen Runde auf dem Campus vorgestellt und im Gespräch andiskutiert. Beginnt man, eben erst eingetreten, in einem der drei Bände von Albertus Magnus zu schmökern, dann wird einem sogleich ein Beleg für die Klarheit und Erleuchtetheit einer ganz eigentümlichen Sprache gegeben. Sie ist klar wie die Bläue des Firmaments. Sie befördert die Schulung des Mitvollzugs, ohne dass der theologische Inhalt sogleich zum Mittelpunkt würde. Alle Schriften sind dazu angetan, die Bewegung des Gedankens zu schulen. Die Ausgaben dürfen als Einladung zum Lesen verstanden werden.

 

Foto: Avicenna © Avicenna Mausoleum and Museum, Hamadan

Info:

Die Bände sind standardmäßig zweisprachlich, in Deutsch und Latein. Band 31 ist dreisprachlich, lateinisch, hebräisch und aramäisch · ‚Herders Bibliothek der Philosophie des Mittelalters‘, 38 Bände bereits erschienen, 25 kommen ab März 2017 · Herausgeber:


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