LUTHER! 95 Schätze – 95 Menschen in Wittenberg, eine der drei Nationalen Sonderausstellungen, Teil 1

Claudia Schulmerich

Wittenberg (Weltexpresso) – Eigentlich hat man sich das denken können, daß es heuer überall herumluthert, denn seit 2012 ist die Ex-Landesbischöfin und Ex-Ratsvorsitzende der Evangelisch-Lutherischen Kirche (EKD) in Deutschland, die von uns gemochte Margot Käßmann, von dieser doch zur Botschafterin des Reformationsjubiläums 2017 erkoren worden.

 

Und hat gearbeitet und koordiniert. Wir könnten uns vorstellen, daß sie die Reformation als theologisches und kirchenpraktisches Ereignis stärker im Blick hatte, als das Heldengedenken an Martin Luther (1483 -1546) , wie sich derzeit die vielen vielen Ausstellungen zum Junker Jörg, dem aufrechten Deutschen, dem Frauenverächter, dem Papsthasser, der dem Volk aufs Maul schaute, dann doch generalisierend zusammenfassen lassen. So ist das in der modernen Welt. Daß sich Ideen über Menschen eher verkaufen lassen. Aber keine Bange, überall ist beim Luthergedenken auch ein Funken Kritik dabei und uns ging es sogar so, daß wir, je mehr wir über Luther erfuhren, er uns als Mensch und Mann immer unsympathischer wurde. Dabei ist das „und Mann“ wörtlich zu nehmen. Aber dazu später. Man lernt überall viel. Manches auch besser nicht. Manchmal muß man Gehörtes und Gelesenen beim Weiterstudieren korrigieren. Wie es uns mit LUDER erging.

 

Wir hatten in Wittenberg gehört, daß unter den 95 Thesen, die auf einmal doch wieder am 31. Oktober, dem Reformationstag, an der Türe der Schloßkirche zu Wittenberg angeschlagen worden sein sollen, der vormalige Martin LUDER erstmalmit LUTHER unterschrieben habe. Von dem liederlichen Kerl, der der Name LUDER suggeriert, hatten wir noch nie gehört und fanden die Koinzidenz, daß da einer mit dem Tage seines Eintritts in die Weltgeschichte auch noch seinen Namen anderes schreibt – auf Sächsisch klingt übrigens beides gleich! - , überaus bemerkenswert. Inzwischen wissen wir, daß dies schon fünf Jahre früher geschah und sogar wissenschaftliche Bücher darüber geschrieben wurden.

 

Aber das tut dem Ganzen keinen Abbruch, denn, wenn man alles in allem nimmt, dann ist das 500ste Reformationsjahr, das unter der Hand ein LUTHERJAHR wurde, schon deshalb wichtig, weil es das historische Bewußtsein schärft, woher wir kommen, was dazwischen passiert ist und wohin wir wollen oder auf gar keinen Fall wollen. Und da nimmt man auch die aufwendige Personalisierung von Martin Luther, dem Hexenhasser hin, der es richtig fand, bestimmte Frauen als Hexen zu verbrennen, was hier nur die Spitze des Eisbergs andeuten soll. Er war halt kein mildtätiger Jesus Christus, sondern der am Rande des Spätmittelalter stehende Mönch Martinus, mit seinen Stärken und Schwächen. Und hinzu kommt - mehr oder minder – der Zufall, daß hier Person und Zeit ein Amalgam eingingen, von denen weder die Zeitgenossen noch der betroffene Mann damals etwas ahnen konnten. Und allein diese internationale Bedeutung, die durch Martin Luther die Reformation gewann, ist ausschlaggebend für die Berechtigung jeder Ausstellung. Erst recht einer im AUGUSTEUM zu Wittenberg.

 

Dieser Ort ist deshalb so geschichtsträchtig, weil er für den zu den vier Bettelorden gehörenden Augustinerorden in Wittenberg zur Verfügung gestellt wurde. Dort also im ehemaligen Schwarzen Kloster lebten und arbeiteten zu Luthers Zeiten die Mönche des Ordens, die an der Universität Theologie studierten. Später, wohl ab 1524, hat der Kurfürst das infolge der Reformation verwaiste Kloster der Familie Martin Luthers bis zu dessen Tod und sogar darüber hinaus zum Wohnen überlassen. Ein prächtiges Anwesen und großzügig für den heutigen Anlaß restauriert, in dessen Refektorium die Pressekonferenz zur Ausstellung stattfand, in die die hochkarätig und fachkundig der Ministerpräsident des Landes,...der Vorsitzenden der Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt und einführten, deren Konsequenzen eindeutig waren: Wo, wenn nicht hier, wer, wenn nicht wir?

Fortsetzung folgt.


Foto: -Luther-Tesenanschlag-MLK--Photo-by-John-Tweedle--John-Tweedle-Foundation-All-Rights-Reserved (c) Ausstellung


Info: 
 
Jürgen Udolph: Martinus Luder – Eleutherius – Martin Luther: Warum änderte Martin Luther seinen Namen? Universitätsverlag Winter, Heidelberg, 2016,