k max0MAX SLEVOGT – AUSSTELLUNG IN SAARBRÜCKEN, Teil 2/2

Wolfgang Mielke

Saarbrücken (Weltexpresso) - Besonders bleiben auch Slevogts Tierbilder in Erinnerung: Ein Tigergehege, vermutlich im Frankfurter Zoo (1901), das den Eindruck macht, Slevogt befinde sich selbst am Rande darin. Oder der Orang Utan, der von seinem Pfleger gehalten wird. Ein Mädchen, im roten Rock mit weißer Bluse, vor dem Käfig, in dem ein Löwe liegt. Eine Gruppe Reiter, im Wald, auf einen zureitend.

Insgesamt ist diese Slevogt-Ausstellung – auch wesentlich durch die Erweiterung durch die französischen Impressionisten – eine beachtliche, höchst sehenswerte Ausstellung! In einem Museum, das als Raumeindruck ebenfalls höchst wohltuend ist! Slevogt zu seinem 150. Geburtstag noch einmal stärker ins Bewußtsein gehoben zu haben, ist ein unschätzbarer Verdienst. Selbst wenn Slevogt auch im Rückblick auf diese sich um ihn drehende Ausstellung den Eindruck macht, ein Maler nicht ganz aus der ersten Reihe zu sein, sondern knapp hinter seinen und neben seinen Kollegen zu stehen, sie aber auch durch seine Kunst verbindend; und immerhin doch eine so große Kraft, dass es möglich war und berechtigt durchaus, um ihn eine so spannende Ausstellung zu gruppieren.

III.

Deshalb soll dieser Bericht mit ein paar kurzen Textbildern aus Émile Zolas (1840 – 1902) Roman "Nana" von 1880 enden, den literarischen Gegenstücken des malerischen Impressionismus. Édouard Manet hat ein Bild "Nana" gemalt, allerdings schon 1877. Da aber Zola seine Romanfigur Nana bereits in seinem Roman "Der Totschläger" – ebenfalls von 1877 – angelegt hatte, besteht hier möglicherweise ein Zusammenhang ...

"Unten in dem großen, mit Marmorplatten belegten Vestibül, wo die Billettkontrolle ihren Platz hatte, fing das Publikum langsam an sich einzustellen. Durch die drei geöffneten Türgitter hindurch sah man das hastige Leben auf den Boulevards, die in der schönen Aprilnacht flammten und wimmelten. Das Wagengerassel brach kurz ab, die Portieren schlossen sich geräuschlos, und in kleinen Gruppen traten Leute ein, erst vor der Kontrolle sich aufstellend, dann die doppelte Treppe im Hintergrunde aufsteigend, auf welcher die Damen, ihren Körper hin- und herwiegend, zögernd umherstanden."

"Auf dem Trottoir breitete die Lampenreihe, die in dem Karnies des Theatergebäudes entlang flammte, eine Fläche von lebhafter Helle, und darüber hinaus breitete sich die dichte Nacht des Boulevards mit winzigen Flämmchen, die in dem Dunkel der auf- und abwogenden Menge bald hier bald dort aufzitterten."


"Am andern Morgen schlief Nana noch um zehn Uhr. Sie bewohnte auf dem Boulevard Haußmann die zweite Etage eines großen neuen Hauses, dessen Eigentümer an ledige Damen vermietete, um seine Zimmer 'trocken wohnen' zu lassen. Ein reicher Handelsherr aus Moskau, welcher in der Absicht nach Paris gekommen war, eine Wintersaison dort zu verleben, hatte sie hier einquartiert, indem er auf ein Halbjahr den Mietzins pränumerando entrichtet hatte.

Die Wohnung, die viel zu geräumig für sie war, war niemals vollständig ausmöbliert gewesen, und ein prahlerischer Luxus, vergoldete Konsolen und Sessel fanden sich hier neben altem Trödelkram aus Rücklaufsgeschäften, Mahagoni-Nipptischchen, Zinkkandelabern, die ähnlich aussahen wie Florentiner Bronze usw. (...) Das Schlafgemach und das Toilettenzimmer waren die beiden einzigen Räume, deren Einrichtung von einem Tapezier des Stadtviertels besorgt worden war. Ein Lichtschimmer glitt unter einem Vorhang herein, man unterschied das Palisandermobiliar, die damastnen Vorhänge und Sitze, deren Muster große blaue Blumen auf grauem Fond zeigte. In der dumpfen Luft dieses schläfrig daliegenden Gemachs fuhr Nana jäh aus ihrem Schlummer auf: Sie schien erstaunt zu sein, den Platz neben sich leer zu finden, tastete mit der Hand nach dem Kopfende des Bettes und drückte an den Knopf eines dort angebrachten elektrischen Klingelzugs."

Fotos:
Max Slevogt Blühende Bäume in Neukastel, 1898 
© Stiftung Saarländischer Kulturbesitz