Neue Ausstellung im KUNSTZENTRUM HALLE 14 in Leipzig vom 27. April bis 4. August
Katharina Klein
Leipzig (Weltexpresso) - Wer sie nicht kennt: die Spinnerei, der weiß nicht, was er bisher Ausstellung Anlässlich des Rundgangs der Spinnerei am 27. und 28. April 2019 eröffnet das Leipziger Kunstzentrum HALLE 14 die neue Ausstellung »Vergessene Aufklärung. Unbekannte Geschichten über den Islam in der zeitgenössischen Kunst.« Dieses internationale Ausstellungs- und Kooperationsprojekt präsentiert 16 Kunstschaffende von Marokko bis Indonesien, darunter namhafte Künstler wie Imran Qureshi oder Adel Abidin, die sich mit den aufklärerischen Aspekten islamischer Kulturen, Geschichte und Wissenschaften beschäftigen.
Obwohl die westliche Moderne im kaum zu unterschätzenden Maße von den wissenschaftlichen Errungenschaften der aristotelisch-rationalistischen Denkströmung des Islams profitierte, erscheinen Islam und Aufklärung aus westlicher Sicht gegenwärtig als größtmöglicher Widerspruch. Dabei war die Basis vormoderner muslimischer Gesellschaften eine »Kultur der Ambiguität« (Thomas Bauer), die es erlaubte, orientalische, persische und indische Einflüsse zu verbinden. Das Rechtsdenken ermöglichte es, mehrere Lösungen und Rechtsprinzipien parallel nebeneinander stehen zu lassen. Korankommentatoren und Philosophen konnten eine Vielzahl von Interpretationen und Argumenten präsentieren, ohne eine zu bevorzugen. Auch gesellschaftlich standen mehrere, facettenreichere Rollenbilder zur Verfügung: »Es war eine Gesellschaft, in der es keinen Mainstream, sondern vor allem Nischen gab.« (Frank Griffel).
Welche Bedeutung hat das reichhaltige islamische Erbe für Künstler*innen aus islamisch geprägten Ländern? Wie verbinden sich Spiritualität wie z.B. die des Sufismus mit aktuellen ästhetischen, gesellschaftlichen und sozialen Fragestellungen? Wie wehren sich junge Kunstschaffende gegen Despotismus und Kriegsrhetorik sowie gegen stereotype Rollenbilder von Geschlecht, Herkunft und Glauben?
Das Leipziger Kooperationsprojekt mit der ägyptischen Kunstinitiative Out of the Circle hinterfragt die mediale Sichtweise auf den Islam, beleuchtet die Verflechtung von Aufklärung mit islamischer Kultur und Wissenschaft und betont die historischen Verbindungen europäischer und islamischer Gesellschaften.
Der in Tunesien geborene und in Frankreich lebende Künstler Haythem Zakaria zeigt die Arbeit »Dhikr«, eine Installation bestehend aus herkömmlichen Handzählern, mit denen er am Musée d‘Òrsay die Besucher zählt. Jeder Zähler stellt einen der 99 Namen Gottes dar, der in zahlenmystischer Tradition in Ziffern übersetzt wurde. Die iranische Künstlerin Azadeh Akhlaghi re-inszeniert in der Fotoserie »By an Eye-Witness« politische Morde bekannter iranischer Persönlichkeiten. Anhand dieser großformatigen Fotografien wirft sie die Frage auf, wie sich der Iran ohne diese Todesfälle entwickelt hätte.
Zur Eröffnung, am Samstag, den 27. April 2019, wird die »+99 Live Sound Performance« von Yara Mekawei in der HALLE 14 zu erleben sein. Die Kairoer Künstlerin erzeugt neue Klangbilder aus Tonaufnahmen islamischer und sufistischer Kulturen gemischt mit Klängen und Geräuschen der Gegenwart. Der Residenzkünstler Islam Shabana arbeitet bereits seit Februar 2019 in Leipzig und wird ebenfalls mit einer Arbeit in der Ausstellung vertreten sein sowie zur Eröffnung ein Lecture-Reading zum Besten geben. Der Medienkünstler arbeitet vor allem im Bereich digitaler Medien und beschäftigt sich mit Fragen der Alchemie, der Neurowissenschaften und sufistischen Strömungen im Islam.
Das Kunstvermittlungsprogramm der HALLE 14 lädt Jung und Alt in der Ausstellung dazu ein mit dem Girih-Muster, einer geometrischen Form aus der islamischen Kunst und Mathematik zu experimentieren.
Zum Rundgang der Spinnerei werden neben der HALLE die Spinnereigalerien und die Werkschau neue Ausstellungen präsentieren. Darüber hinaus haben zahlreiche Künstlerinnen und Künstler auf dem Gelände ihre Ateliertüren an diesem Wochenende geöffnet.
Foto:
»Vergessene Aufklärungen« (2019)
Imran Qureshi, Rise and Fall, 2017, Videoprojektion, 18 min, Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, London, Paris, Salzburg
»Vergessene Aufklärungen«(2019)
Azadeh Akhlaghi, Tehran – Mirzadeh Eshghi, 3 July 1924, 2012, Digitalprint auf Fotopapier
Info:
Titel: »Vergessene Aufklärungen. Unbekannte Geschichten über den Islam in der zeitgenössischen Kunst 27. April bis 4. August 2019
Künstler*innen: Adel Abidin, Azadeh Akhlaghi, Sarah Al-Abdali, Feriel Bendjama, Manaf Halbouni, Abdellah M. Hassak, Zarah Hussain, Soukaina Joual, Yara Mekawei, Mehreen Murtaza,
Eko Nugroho, Erkan Özgen, Imran Qureshi, Anahita Razmi, Haythem Zakaria
Artist in Residence: Islam Shabana
Kuratoren: Michael Arzt (HALLE 14, Leipzig) & Elham Khattab (Out of the Circle, Kairo)
Eröffnung: Samstag, 27. April 2019, 15 Uhr zum Frühjahrsrundgang der Spinnerei mit einem Grußwort von Esra Küçük (Geschäftsführerin Allianz Kulturstiftung) und einer anschließenden Performance von Yara Mekawei
Dauer: 27. April bis 4. August 2019
Öffnungszeiten allgemein: Dienstag bis Sonntag, 11 bis 18 Uhr
Eintritt: 4 € / ermäßigt 2 € (Mittwoch freier Eintritt)
Öffnungszeiten Rundgang: Samstag, 27. April 2019, 11 bis 20 Uhr & Sonntag, 28. April 2019, 11 bis 18 Uhr
Ort: HALLE 14 - Zentrum für zeitgenössische Kunst
Adresse: Leipziger Baumwollspinnerei, Spinnereistraße 7, 04179 Leipzig