Heinz Markert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Von dem durch moderne Technik und Herangehensweise erweiterten Kunstbegriff und der Schriftkunst mal abgesehen. Die Antike verfügte schon über eine gewisse Fotografie, wie inzwischen bekannt wurde. Gegenständlichkeit, Tiefenstruktur, das Eigene der Kunst - Vordergrund, Hintergrund, Mittelgrund. So macht es sich menschliches Sehen und Erwarten anfänglich zurecht.
Gekommen waren zur Eröffnung der Künstler Peter Menne, vornehmlich durch Fotografien des anderen Blicks auf kolossale Dinge hervorgetreten, die Malerin Wiltrud Mohilo, die Bildebenen mit regional leuchtender Lichtquellen-Metaphysik hinterlegt, am natürlichen Objekt oder expressiv-konstruktivisch, der Künstler Florian Piel, mit Skulpturen aus Edelhölzern und dem Maßstab: Körper.
Der Blick auf Ungetüme
Nach einem Diktum Schopenhauers ist die Natur schön zu sehn aber schrecklich zu sein. Das Schreckliche setzt sich insofern notwendigerweise in der Welt der Künstlichkeiten, wie den Bausünden und Auffahrunfällen, fort. Wir existieren anscheinend unter dem Diktat einer dauernden Mimesis der Furchtbarkeiten. Bislang war für Peter Menne eher die Künstlichkeit der Zivilisation vielerorten im Vorblick, wenn er z. B. mit der Kamera ein in oberirdischen Abbaugebieten schrecklich Vorgehendes bannte. Wir berichteten darüber.
Mit einer vielleicht für ihn nicht ganz neuen Wendung hat er sich das Vor- und Nachmenschliche vorgenommen, das, was vorher schon war oder nach uns ist, aber nur wenn der Intellekt nicht anders kann als sich diesen Sichtbarkeiten auszusetzen und zu stellen. Ansonsten kommt es eh wie es kommen muss. Die Fotografien zeigen zwar immer noch menschlich verantwortete Missgeburten wie die ordinär hochragenden Schornsteine von Kraftwerken oder grotesk in die Landschaft gesetzte Hochspannungsleitungsmasten, die alle Natur um sie herum erschlagen. Gegen diese wird in der Zeit der bekämpften Windkraftwerke keine Front gemacht. Neu für uns war diesmal, dass die Natur, die gezwungenermaßen den Rahmen für die menschlichen Fehlleistungen abgibt, keinerlei Trost und Geborgenheit spendet, sondern dem menschlichen Auge gegenüber sich in einer Drohgebärde befindet. Und zwar auf jeder der ausgestellten Fotografien.
Das ruft die Erinnerung an einen Ausspruch von Aristoteles zurück: Die Natur ist dämonisch, nicht göttlich. Eben das aber führt dazu, dass diese Fotografien sich über das Übliche des Genres erheben und souverän werden wie ein Tafelbild. Das heißt: zur Kunst werden, die lange Zeit Wände transzendieren können, um den kommenden Geschlechtern wenigstens ein kurzes Genügen durch das Welt-Auge der Kunst - sub specie aeternitatis – zu bereiten. Zum Schock wird das letzte Bild in der Reihe mit den steil aufsteigenden Absperrungen am Berge, die gegen Muren (Abrutsche) sichern sollen. Dieses Foto ist ein Menetekel kommenden Endes, entgegen aller ausgefuchsten menschlichen Verhinderungskunst.
Die Erhebung des Lichtpunktes zum Aufblitzen des Anderen
Die Arbeiten von Wiltrud Mohilo ankern in den Erden, die Wald-, Strauch- und Reet-Motive. Aber sie haben eine Lichtzone, in der etwas aufblinkt. Im expressionistisch-abstrakten Tafelbild tritt es teilflächig hervor, indem das dafür eingestellte Licht der Umgebung ein Brennpunktartiges (einen Hotspot) zum Leuchten bringt. Dieses Glimmen hinter dem Gewirre findet sich einmal auch bei Peter Menne. Die ungegenständliche Arbeit, wie eingeführt, der Künstlerin gehört in den Innenraum der häuslichen Intimität, mit der Anweisung: Grelles-Licht-löschen. Die Künstlerin changiert zwischen naturalistisch und abstrakt. Spaziergänge werden zur Möglichkeit flüchtige Eindrücke in die Form der Kunst überzuführen. Das abstrakte Bild hat, abgesehen vom Aufblinken, den Zug von Flächigkeit angenommen, es markiert das ungegenständliche Ende der Kunst, was ein zu Sehendes angeht.
Zwischen Torso und Kompaktheit (Innigkeit)
Die Skulpturen von Florian Piel machen körperliche Ausdrucksformen, Haltungen, Lebenszustände, Verformungen zum Sinnenerlebnis, eingeschlossen, dass es eine ausgestellte große Nähe zum einzigen Körper drängt.
‚Die Liebenden‘, ‚Füreinander‘ ‚Weiblicher Torso‘, ‚Schwarzer Mönch‘, ‚Zyklus des Lebens‘. Auch sind auf Metallstäben Körper zueinander geordnet. Sie wurden zu Residuen (4 Alter). Die Materialien sind vorzugsweise Kirschholz, Buche, Speckstein. Ab 2004 nahm die Abstraktion zu, damit bekam Figürliches mehr Raum für Ideen. Auch eine eventuelle Fragilität wird dadurch sichtbarer.
Fotos:
Bilder des Ausstellung
© Heinz Markert
Info:
Kunstverein Offenbach e. V. Aliceplatz 11, KOMM-Center, 1. Stock, 63065 Offenbach, www.kunstverein-offenbach.de / fb. Kunstverein Offenbach Tel: 0157 777 636 44, 0157 33 66 20 29.
Die Schau läuft bis zum 30. Januar.