Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Diese Überschrift muß man gleich korrigieren. Denn zu Lebzeiten, als Frida Kahlo die berühmteste Künstlerin Mexikos war, und das nicht, weil sie mit dem nationalen Malerfrüsten Diego Rivera verheiratet war, sondern kraft ihrer Bilder und ihrer Person, die sie wie ein lebendiges Kunstwerk gestaltete, gab es natürlich immer wieder Ausstellungen von ihr und auch Kataloge. Das waren damals kleine Heftchen, meist ohne Bilder.
Und auch im ersten Buch, das je über Frida Kahlo erschien, sind die Fotos ihrer Bilder allesamt in Schwarzweiß, nur das Titelbild, das Gemälde mit den abgeschnittenen Haaren (unten als Poster), ist bunt. Das war damals so, weil die Buntdrucke im alten Druckverfahren viel zu teuer waren.
Also waren ebenso die Kataloge von Kunstausstellungen relativ bescheiden. Auch noch 1982. In diesem Jahr gab es die erste Ausstellung von Frida Kahlo in Europa. Die Whitechaple Art Gallery – die damals Nicholas Serota leitete, der ab 1988 die Tate Gemäldegalerie in London übernahm, auch die Tate Modern aufbaute - hatte sie mit der Fotografin Tina Modotti zusammengespannt; von London aus ging die Ausstellung noch 1982 nach Deutschland, dort nach Berlin ins Haus am Waldsee) sowie nach Hamburg und Hannover in die jeweiligen Kunstvereine.
Und um den deutschen Ausstellungskatalog (Titelbild) wurde der Verlag Neue Kritik aus Frankfurt gebeten. Dies ist völlig ungewöhnlich, weil ansonsten Kunstverlage diese herstellen. Der Frankfurter Verlag wurde aber gebeten, weil er das erste Buches über Frida Kahlo veröffentlicht hatte. Auf Seite 19 befindet sich im Katalog Kahlos Selbstbildnis von 1940, mit der Katze, dem Affen und der Dornenkrone um den Hals, das nun in der Ausstellung in der Schirn hängt und als das zentrale Ausstellungsplakat von der heutigen Berühmtheit der Malerin kündet, wie hier links oben zur Pressekonferenz zu sehen ist.
Im Ausstellungskatalog sind die gezeigten Gemälde schon farbig wiedergegeben und auf der Rückseite kommt Diego Rivera zu Wort, besser: zu Bild. Abgesehen davon, daß er damals als nationaler wie Weltkünstler der große Zampano war, kann man heute davon ausgehen, daß ihn seine Frau Frida Kahlo an Wiedererkennungswert in der Welt längst überholt hat. Abgebildet ist auf der Rückseite des Katalogs ein Ausschnitt aus dem Fresko, das er bis 1928 auf die Wände des Erziehungsministeriums gemalt hat und das deutlich sichtbar Frida Kahlo zeigt.
Und was macht sie? Dazu braucht man den gesamten Ausschnitt, der rechts nämlich Tina Modotti zeigt; beide verteilen Waffen an die Bevölkerung! Schließlich ging es in Mexiko immer noch um Beteiligung des Volkes an seiner eigenen Gegenwart und Geschichte, die über Wandbilder ins Herz und Hirn wirkten.
Warum der Hinweis auf die Modotti nicht ablenkt, sondern Fridas Kunstwillen erst recht deutlich macht, konnte man damals in den Ausstellungen erkennen. Beide Künstlerinnen wollten eine Revolution, gehörten der Kommunistischen Partei an. Die wunderschöne und kerngesunde Fotografin jedoch ging ganz nahe heran an die Dinge, die sie aufnahm, wie eine Schreibmaschinentastatur oder Gläser, bei den Aufnahmen von Menschen interessierten sie nur die arbeitende Bevölkerung, Kinder, alte Leute. Nie fotografierte sie sich selbst. Frida Kahlo aber trug in sich schon all das an Schmerz, Verfall und selbstbewußte Mexicanida, was sie dann auf ihren Bildern in melancholischer Lebenskraft ausdrückte. Da war keine weitere soziale Botschaft nötig, Sie mußte wirklich nur sich selbst malen, um die Schattenseiten des Lebens, aber auch die Vielfalt mexikanischer Volkskultur, die sie im übrigen damit dann bereicherte, darzustellen.
Aber ist es nicht erstaunlich, daß das erste Buch und auch der erste Kunstkatalog hier in Frankfurt vom Verlag Neue Kritik publiziert wurden. Und daß das in Frankfurt keiner mehr weiß. Natürlich einige schon. Aber nicht die, die jetzt die Ausstellung machen. Das ist kein Vorwurf, sondern zeigt, wie am Anfang dargelegt, daß 40 Jahre eine lange Zeit sind, in der viel Wissen verloren geht, das hoffentlich wieder aufflammt. Im Falle von Frida Kahlo war es so. Seit ihrer Renaissance Anfang der 80er Jahre ist sie jedes Jahr bekannter geworden. Dazu haben nicht nur die Filme, auch die Literatur über sie beigetragen. Ein Ausschnitt anbei. auf der linken Seite.
Was hätte sie dazu gesagt, wüßte sie, daß es Bücher über ihren Kleiderschrank gibt, über ihre herrlichen indogenen Blusen und Röcke oder ihre Küche, wo die Naturkräuter und Gewürze sich die Hand geben. Und, wo auch immer wieder ihr Gipskorsett gezeigt wird, das sie nach dem Ablegen bemalte und über ihr Bett hängte.
Im Nachhinein erstaunlich, wenn man ohne den Hype der Gegenwart, schon 1980 und die folgenden Jahre so hingerissen von ihren Werken und ihrer Lebensart war. Die folgenden Drucke, auch aufgezogenen Leinwände, sind alle in den Jahren ab 1983 in Mexiko erworben worden und hängen im Treppenhaus: Links ist das Bild, in dem sie mit ihrem Diego abrechnet. Denn sie hatte ihn rechtzeitig gewarnt, sie würde bei seinem nächsten Seitensprung ihre Haare abschneiden. Und was macht er? Schläft mit ihrer Schwester Christina, malt noch ein Bild von ihr (rechts) und bekommt mit den Bild auf der Linken die Quittung. Noch dazu öffentlich. Beides. Die Untreue und die Rache.
Mit dem Bild links, den beiden Fridas nimmt sie Bezug auf ihre europäische Herkunft, rechts ihr mexikanisches Dasein. Beide Fridas sind durch einen Blutkreislauf verbunden. Muß man zum mit Pfeilen gehetzten und verwundeten Wild noch etwas sagen? Die fantastische Frida zeigt sich in ihren Porträts, im Halbakt mit den Tieren, Pflanzen, Schmuck, aber sie traut sich auch, ihr Gesicht als Spiegel ihrer Seele abzubilden. Sie hat Diego im Sinn, ihre drittes Gesicht. Sind das nicht wirklich eindrucksvolle Gemälde, die sie völlig originär schuf. Kein Mensch hatte zuvor das Innerste so nach außen gekehrt und dann auch noch gemalt.
Fotos:
© Redaktion
Info:
Ist Ihnen das aufgefallen, was uns eine Leserin schrieb und auch wir als so selbstverständlich erachten, daß wir davon gar kein Aufhebens machen wollten? WELTEXPRESSO hat in seiner DNA, in seinem Personalausweis sozusagen, als das unser Logo der Zeitung: die Köpfe in der Titelleiste fungieren, schon vor über 10 Jahren FRIDA KAHLO mit in die, unsere Weltsicht bestimmenden Köpfe eingereiht. Im Ausschnitt sieht man unter ihr rechts Sigmund Freud, links Friedrich Schiller: Freiheit, Sturm und Drang und das Unbewußte, keine schlechte Umgebung für Frida Kahlo.
Erstes Buch über und erster Ausstellungskatalog von Frida Kahlo
Raquel Tibol, Frida Kahlo, Verlag Neue Kritik, Frankfurt (Main) 1980
Frida Kahlo und Tina Modotti, o.Hrsg, Vorbemerkung Nicholas Serota, Frankfurt (Main) 1982
Katalog
Zur Ausstellung gibt es einen Katalog, den wir noch ausführlich darstellen wollen, weil auch wir ihn zur Vorstellung einiger bisher hierzulande nicht bekannten Künstlerinnen zur Information brauchen. Nicht zu vergessen die Abbildungen, die einen sofort die Ausstellung selber wieder vor Augen führen.
Fantastische Frauen. Surreale Welten von Meret Oppenheim bis Frida Kahlo, herausgegeben von Ingrid Pfeiffer. Mit einem Vorwort von Phillip Demandt, Schirn...,
Hirmer Verlag, ISBN 978-3-7774-3413-1
Zum besseren Verständnis dieses Artikels sind sinnvollerweise zu lesen:
https://weltexpresso.de/index.php/kunst/18396-frida-kahlo-erst-volksheldin-dann-total-vergessen-heute-kult
https://weltexpresso.de/index.php/kunst/18397-aus-dem-volksvermoegen-schoepfen-und-es-bereichern
Im Nachhinein erstaunlich, wenn man ohne den Hype der Gegenwart, schon 1980 und die folgenden Jahre so hingerissen von ihren Werken und ihrer Lebensart war. Die folgenden Drucke, auch aufgezogenen Leinwände, sind alle in den Jahren ab 1983 in Mexiko erworben worden und hängen im Treppenhaus: Links ist das Bild, in dem sie mit ihrem Diego abrechnet. Denn sie hatte ihn rechtzeitig gewarnt, sie würde bei seinem nächsten Seitensprung ihre Haare abschneiden. Und was macht er? Schläft mit ihrer Schwester Christina, malt noch ein Bild von ihr (rechts) und bekommt mit den Bild auf der Linken die Quittung. Noch dazu öffentlich. Beides. Die Untreue und die Rache.
Mit dem Bild links, den beiden Fridas nimmt sie Bezug auf ihre europäische Herkunft, rechts ihr mexikanisches Dasein. Beide Fridas sind durch einen Blutkreislauf verbunden. Muß man zum mit Pfeilen gehetzten und verwundeten Wild noch etwas sagen? Die fantastische Frida zeigt sich in ihren Porträts, im Halbakt mit den Tieren, Pflanzen, Schmuck, aber sie traut sich auch, ihr Gesicht als Spiegel ihrer Seele abzubilden. Sie hat Diego im Sinn, ihre drittes Gesicht. Sind das nicht wirklich eindrucksvolle Gemälde, die sie völlig originär schuf. Kein Mensch hatte zuvor das Innerste so nach außen gekehrt und dann auch noch gemalt.
Fotos:
© Redaktion
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Ist Ihnen das aufgefallen, was uns eine Leserin schrieb und auch wir als so selbstverständlich erachten, daß wir davon gar kein Aufhebens machen wollten? WELTEXPRESSO hat in seiner DNA, in seinem Personalausweis sozusagen, als das unser Logo der Zeitung: die Köpfe in der Titelleiste fungieren, schon vor über 10 Jahren FRIDA KAHLO mit in die, unsere Weltsicht bestimmenden Köpfe eingereiht. Im Ausschnitt sieht man unter ihr rechts Sigmund Freud, links Friedrich Schiller: Freiheit, Sturm und Drang und das Unbewußte, keine schlechte Umgebung für Frida Kahlo.
Erstes Buch über und erster Ausstellungskatalog von Frida Kahlo
Raquel Tibol, Frida Kahlo, Verlag Neue Kritik, Frankfurt (Main) 1980
Frida Kahlo und Tina Modotti, o.Hrsg, Vorbemerkung Nicholas Serota, Frankfurt (Main) 1982
Katalog
Zur Ausstellung gibt es einen Katalog, den wir noch ausführlich darstellen wollen, weil auch wir ihn zur Vorstellung einiger bisher hierzulande nicht bekannten Künstlerinnen zur Information brauchen. Nicht zu vergessen die Abbildungen, die einen sofort die Ausstellung selber wieder vor Augen führen.
Fantastische Frauen. Surreale Welten von Meret Oppenheim bis Frida Kahlo, herausgegeben von Ingrid Pfeiffer. Mit einem Vorwort von Phillip Demandt, Schirn...,
Hirmer Verlag, ISBN 978-3-7774-3413-1
Zum besseren Verständnis dieses Artikels sind sinnvollerweise zu lesen:
https://weltexpresso.de/index.php/kunst/18396-frida-kahlo-erst-volksheldin-dann-total-vergessen-heute-kult
https://weltexpresso.de/index.php/kunst/18397-aus-dem-volksvermoegen-schoepfen-und-es-bereichern