kunststation 2021 40Die Kunststation Kleinsassen in Zeiten der Corona
 
Hanswerner Kruse

Kleinsassen/Rhön (weltexpresso) - Im Dezember wurden zwar die Winterausstellungen der Kunststation eröffnet, mussten aber bald wegen des Lockdowns wieder schließen. Doch die emsige Leiterin Monika Ebertowski und ihr Team ließen sich einiges einfallen, um Kunstinteressierte dennoch mit zeitgenössischen Werken zu erfreuen.
Videoclips zu aktuellen Ausstellungen gab es bereits früher, doch nun werden virtuelle Rundgänge durch jede Ausstellung mit Kommentaren der Kuratorin Dr. Elisabeth Heil oder von Kunstschaffenden auf der Webseite veröffentlicht.

Der Maler Siegfried Räth präsentiert in seiner Schau „Geführt verbunden“ eigenartige und sehr unterschiedliche Bildwelten von abstrakten Gemälden bis zu figurativen Wimmelbildern. Man muss sie nicht „verstehen“, sondern kann sie wie Träume auf sich wirken lassen. Räth malt intuitiv und assoziativ ohne Vorzeichnen auf die Leinwand. Seine Arbeiten sind komplexe verrätselte Erzählungen, keine in sich geschlossenen, realistische Arbeiten. „Sie sind ein Spiegelbild des Lebens mit seinen Widersprüchen und Ungereimtheiten“, meint Dr. Heil im Video.

Ralf Klement zeigt mit „Element 13“ eine sorgsam angeordnete Installation von Töpfen, Kannen und Wannen mit Gebrauchsspuren aus Aluminium, die viele individuelle Erinnerungen bei Betrachtern wecken. Diese riesige monochrome Installation konfrontiert er mit groben, leicht schrulligen Holzskulpturen, etwa einer Ratte die zwischen absperrenden Pylonen ein Schlagloch repariert. Oder mit großformatigen tachistischen Malereien: „Das Leben ist ein Wagnis, nicht nur schlecht, nicht nur heiter“, interpretiert Dr. Heil sie im Film, „und doch überstrahlen die Gemälde mit vielschichtigen flirrenden Farbaufträgen alle trüben Gedanken.“

In seiner „Verortung“ überrascht Ambech mit experimentierfreudigen Arbeiten. Er zeigt mehrfach belichtete, nicht nachbearbeitete Fotografien mit spinnennetzartigen Welten oder vielfach verfremdeten Bäumen. Auf anderen Bildern sieht man durch eine bewegte Kamera geschaffene, gleichsam vom Künstler choreografierte Leuchtspuren. Oder er lädt dazu ein, kurzzeitig Teil einer großen multimedialen Lichtinstallation zu werden.

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„Die Ausstellungen sollen nach dem Lockdown noch einmal zugänglich werden“, meint Ebertowski, „vielleicht müssen wir die folgenden Schauen verschieben. Je nachdem was passiert, haben wir unterschiedliche Pläne für die Zeit danach!“

Die technisch und ästhetisch hervorragenden Videoclips von Dr. Arnulf Müller machen Lust auf die - wieder spannungsvoll kuratierten - Ausstellungen. Die vom Fotografen genutzte Drohne erlaubte reale Kamerafahrten über die Werke, die Filmszenen wirken dadurch weicher und interessanter als durch unsägliche Zooms. Nach der Wiedereröffnung kann man die Clips auch auf dem Smartphone aufrufen, um sich führen zu lassen.

Weitere Innovationen sind die Aufwertung des Skulpturengartens und die Ausweitung der Artothek. Ein neuer Flyer beschreibt die Bedeutung und Datierung der Plastiken vor der Tür. Sie spiegeln die Geschichte der Kunststation und können auch erkundet werden, wenn das Haus geschlossen ist. „Wir machen keinen Kaffee to go“, meint Ebertowski, „aber aus der Artothek gibt es Kunst to go.“ Denn neu angekaufte, auf der Webseite gezeigte Arbeiten können nach telefonischer Absprache ausgeliehen, ja sogar geliefert werden. Für die Zukunft wünscht sich die Leiterin noch größere Kommunikation mit dem Publikum, etwa durch einen Blog oder Aktionen zwischen den Werken.

Studioausstellung „Coronaalphabet“
Bevor Corona-Diktatur zum Unwort des Jahres gewählt wurde, beschäftigten sich bereits Kunstschaffende mit dem Projekt „Coronaalphabet“. Viele ihrer Arbeiten sind im Studio der Kunststation ausgestellt und werden auch in einem Clip auf der Webseite kommentiert. Die Initiatorin Reinhild Gerum lud ein, das Alphabet zu gestalten: „Ein wunderbares Thema in Zeiten der Krise. Es gibt eine Struktur vor, gibt Halt und bietet Kontinuität.“

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Info:
www.kunststation-kleinsassen.de

Foto:
(c) Hanswerner Kruse
Oben: Ebertowski vor einem Bild von Siegfried Räth
Mitte: Ebertowski in der Lichtinstallation von Ambech
Unten: Leporello von Reinhild Gerum