Räth 6469Siegfried Räth derzeit leider nur auf Video

Hanswerner Kruse

Kleinsassen/Rhön (weltexpresso) - Es sind (fast) alles eigenartig verrätselte Arbeiten, die Siegfried Räth in seiner Ausstellung „Geführt verbunden“ in der Kunststation präsentiert. Von ihnen geht jedoch eine immense Faszination aus, die Bilder ziehen die Leute geradezu in sich hinein. Es ist, als würde man nun durch einen Film mit wechselnden Bildern laufen, die aber eine Erzählung verweigern.
Die gezeigten Werke haben keinen zu entziffernden Sinn, vermitteln vor allem keine Botschaften an das Publikum: Die dunkle Silhouette eines Schweins ist mit fetter, roter Farbe nachgemalt. Eine Figur scheint vom Himmel zu stürzen. Aus dem Weltall betrachtet ein Hirschkopf diese irdischen Mühen („Patronat“). Rot-gelbe Flammen lodern empor, menschliche Figuren scheinen darin auf. Auf dem Boden kriecht eine Person mit Drachenmaul („Herd“). Der grau-silberne Schattenriss eines Engels steht zwischen Schubladen. Ein Bienenkorb, darüber schwebt ein Mann. Die ganze Szene betrachtet ein Hund. Kleine im Gemälde verstreute Bilder geben Rätsel auf („Umzug“).

Räth wird von einer Idee, einer Beobachtung inspiriert und beginnt zu malen - etwa die silbergraue, eigentlich kitschige Engelfigur im „Umzug“. Dann folgt er in seinem im Gestaltungsprozess intuitiv seinen spontanen Assoziationen und Einfällen. Der Engel kommt aus einer Lade, weitere Kisten folgen. Dazu gesellt sich der leere Bienenkorb, darüber der eigenartige schwebende Mann. Dann scheinen Erinnerungen, Träume und Fantasien auf: der überaus schwere Kinderpullover des Malers hängt auf der Leine, schwarze Arme greifen unter einer 70er-Jahre Lampe ins Leben. Es sind „Umzüge“ durch das Leben, zwischen den Welten und den Zeiten.

Der in Fulda geborene und in Mainz studierte Künstler beherrscht perfekt sein malerisches Handwerk. Jedoch auf seinen Bildern verzichtet er auf realistische Wiedergaben, meidet wie beim Engel im „Umzug“ weitere detaillierte oder präzise Gestaltungen. Der Engel sei unantastbar, meint Räth dazu im Gespräch in der Kunststation, der blieb so. Seine Perspektiven, Größenverhältnisse, Anordnungen der Menschen und Dinge sind (wörtlich:) ver-rückt und kreieren eine eigene Welt - die dennoch der unseren ähnelt!

Räths entrückte Schöpfungen sind formal in sich geschlossen, die Bilder stimmen, auch wenn sie ganz bewusst keinem traditionellen gestalterischen Korsett unterworfen wurden. Die Titel gibt er seinen Arbeiten erst sehr spät. Man tut gut daran in die Bilder des Künstlers einfach nur einzutauchen und sie auf sich wirken zu lassen. Denn darin sollen keine Geheimnisse aufgedeckt werden, man kann stattdessen den intuitiven Malwegen des Malers mit eigenen Intuitionen folgen. Das erfordert keinen kriminalistischen Spürsinn, sondern erlaubt eigene Fantasien und persönliche Assoziationen.

„Es gibt nicht die eine, wahre, richtige Lesart dieser Bilder, vielleicht noch nicht einmal für den Künstler selbst“, schreibt Kuratorin Dr. Elisabeth Heil in dem kleinen Katalog der Kunststation zur Ausstellung.

Foto:
Siegfried Räth erläutert dem Autor sein Bild "Umzug"

Infos:
Die Kunststation ist leider ab sofort wieder geschlossen, doch ein Video auf der Webseite führt durch diese und weitere Ausstellungen. Nach der Wiedereröffnung ist die Frühjahrsschau noch bis zum 16. Mai zu sehen.
www.kunstation-kleinsassen.de