Hannah Wölfel
Hutten-Heiligenborn (weltexpresso) - Das KulturWerk aus Schlüchtern präsentiert sein jährliches, mittlerweile neuntes Land-Art-Festival in Hutten-Heiligenborn. Neben den vielen, mit künstlerischen Mitteln geschaffenen Kinderarbeiten, gibt es auf dem Parcours auch echte Kunstwerke. Mit einem Rundgang sollen exemplarisch einige der Arbeiten zwischen Wildnis und Zivilisation vorgestellt werden.
Nach den Produkten der Kids links und rechts des Weges vom Schwimmbad, fällt an der Abzweigung zum Bergrestaurant ein großes spiralförmiges Eisenobjekt ins Auge. Es wirkt irgendwie „schön“ aber konfrontiert die Natur mit einem rostenden Artefakt, das zunächst nichts weiter darstellt als ineinander verschlungene Windungen. Wer mag, kann darin vielleicht einen stilisierten Riesenvogel oder anderes erkennen. Doch Hannes Metz nennt sein Gebilde „Ekliptik“ - und meint damit die Darstellung der vermeintlichen Sonnenbahn um die Erde. Das die Natur provozierende Werk bildet ihre scheinbare Gesetzmäßigkeit eigentlich ab.
Wenn man um „Ekliptik“ herumgeht sieht man gegenüber, weit oben in einem Baum, ein silbrig glänzendes Ding aus Spiegelblech (Foto links). Es schwankt im Wind und zeigt dadurch, je nach Einfall des Lichts, diverse Abbilder der Umgebung: Äste, Wolken, Himmel. Auch diese Arbeit ist naturwidrig und gehört nicht hier her – und dennoch, sie spiegelt, ja vervielfacht die Natur und hebt die Fremdheit wieder auf. „Lichteinfall“ nennt Gerwin von Monkiewitsch dieses Werk, in dem er, wie immer in den letzten Jahren, mit der Widerschein der Gegend am Heiligenborn spielt.
Beide Kunstwerke brauchen die Natur, beziehen sich direkt auf sie an diesem Ort und so wird die Landschaft an der Wegscheide zur Mitspielerin der Kunstschaffenden. Etwas weiter, vor dem Bergrestaurant findet man Spuren vergangener Aktionen: alte Spiegelobjekte von Monkiewitsch, riesige verwitterte Wackelsteine von Volker Hess, verblichene Bemalungen: die Schöpfung holt sich ihren Raum zurück. Im dunklen Wäldchen gegenüber dem Feriendorf riecht es modrig, die typischen Huttener Basaltsteine sind völlig bemoost, auch hier gibt es einige verrottete Arbeiten aus vergangenen Jahren. Im hohlen Baum, in dem jahrelang die Schaufensterpuppe „Daphne“ wohnte bis sie gestohlen wurde, hat Lars Tae-Zun Kempel nun eine noch größere, düstere Figur installiert. Dieses Bildwerk heißt „Die Schwester“, sie ist fast völlig verhüllt, wirkt wie mit dem Baum verschmolzen oder von ihm gefangen (Foto links).
Ein Stück zur Straße hin, zum Licht, meint man in einen Zaubergarten zu geraten. Objekte wie Schlangen oder fette Schlingpflanzen hängen von den Bäumen, man darf durch sie hindurchgehen, das ist faszinierend und unheimlich zugleich. Eigentlich sind es nur mit Steinen beschwerte Strumpfhosen, die organische fremde Wesen suggerieren. „Pensilis“ hat Nicole Jänes ihre Installation genannt, das lateinische Wort meint „baumelnd“ oder „hängend“. Ach, wenn doch mal ein ganzer Wald hier oben so gestaltet werden würde...
Auch diese Arbeiten schmiegen sich zwischen die düsteren Bäume und stark bereiften Huttener Basaltsteine. Ein morscher alter Baum erhielt ein stabilisierendes Gerüst von goldgelben Baustangen. „Aufschrei“ heißt diese Skulptur, die eine große Spannung zwischen Landschaft und künstlichem Alu-Gerüst schafft, aber wohl auch Waldsterben, Klimawandel und den brutalen Umgang mit der Natur - ohne aufdringliche Eindeutigkeit - anprangert (Foto links).
Hier im Kunsthain und an weiteren Orten, gibt es zusätzliche Arbeiten von Kunstschaffenden zu entdecken. Sie alle wollen keine Galeriewerke produzieren sondern die Natur erfahrbar machen. Das Erleben wird durch wechselndes Licht, unterschiedliche Witterung und die Tageszeit beeinflusst.
Zur Übersicht bekommt man den kostenlosen Flyer beim Bergrestaurant, dem eigentlichen Beginn des Rundgangs.
Fotos:
Hanswerner Kruse