Michael Imhof feiert in seinem eigenen Verlag Bildnisse von Frauen, 1/2
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Frauen in der Kunst? Hatten wir das nicht gerade? Ja und Nein. Wir hatten Frauen, die die Welt bewegten, Damenwahl, Sturm-Frauen, Bauhaus-Frauen, Himmlische Frauen, Renoir und seine Frauen, Frauen mit Stil, Frauen mit Geschmack, Fantastische Frauen, Die Entdeckung der Frauen in der Renaissance, Frauen, die schreiben, Frauen, die lesen, Malweiber und natürlich Frauen in der Oper, wo sie fast immer sterben. Und in der Kunst?
Ohne Frauen wäre Kunst nicht vorstellbar. Das sagen wir! Wir denken dabei an Nofretete, denken, noch viel stärker, uns ihren erotischen Reiz vorstellend: an die Skulpturen der griechischen Archaik, die wirklich einen, durch einen durchsichtigen Schleier fast nackt darbietenden Frauenkörper schöner erscheinen lassen als jede Natur...nein, wir werden jetzt nicht die Kunst- und Kulturepochen durchgehen, die immer Frauen in ihren vielfachen Funktionen abbilden von der Verführerin bis zur nährenden Mutter und für die Verherrlichung Gottes im Mittel- und Spätmittelalter, wo unsere Art der Gemälde an der Wand erst entstanden, mußte Maria her, um das Weibliche zu repräsentieren und auch hier in vielen Funktionen: in der mädchenhaften Magd, die durch den Heiligen Geist befruchtet wird, als Gebärende und junge Mutter, als Klagende und Weinende unterm Kreuz und bei der Grablegung, unter den Jüngern zu Pfingsten und schließlich inmitten der Evangelisten beim Marientod. Tot eben.
Das waren unsere Gedanken, bevor wir diesen Band aufschlugen, weil wir das immer gerne tun, uns schon vorher Gedanken zu machen, was uns erwartet, weil dann das Aufschlagen der Seiten noch viel spannender wird. Und dann haben wir gelesen und die zugehörigen Bilder betrachtet : DER MALER UND SEIN MODELL mit vielen Untertiteln, ANTIKE GÖTTINNEN, FRAUEN IN DER BIBEL, FRAUEN FÜR DIE GESCHICHTSBÜCHER....und waren mit allem einverstanden, auch der Rubrizierung, machten uns Notizen, stellten Fragen, fanden Antworten, schließlich ist das etwas anderes, ob man ein Buch aus Spaß, aus Interesse, aus Pflicht oder sonstwas liest oder eben als Rezensentin, wo unter Umständen alles zusammenkommt, aber immer das Wissen um ein Auskunftgebenmüssen, wie man das denn fand, was man da ansieht, gedanken- und gefühlverschärfend hinzutritt, waren also von allem mehr als angetan, klappten das 274 Seiten starke schön rotgrundige Buch zu – und finden auf der Rückseite schon kurz zusammengefaßt die Einschätzung, die wir beim Mitschreiben auf vielen Seiten formulierten. Das ist also auch ein Buch über Bilder von Frauen, wo uns Autor Michael Imhof die Lesart gleich mitliefert.
Mehr kann man als Leserin nicht verlangen, wenn unser eigenes Resümee hier schon zum Schluß auf der Rückseite des schönen Bandes steht: „Das Buch dokumentiert so die Kulturgeschichte der Frau anhand attraktiver Gemälde und Skulpturen, die die Schönheit und die Klugheit der Frauen einfangen.“ So was läßt man sich gerne sagen, um so lieber, da es stimmt!
Von Vorne: Eigentlich hätte sich der Autor gleich eine hundertteilige Serie vornehmen müssen, um den Anspruch von FRAUEN IN DER KUNST gerecht zu werden. Da Frauen nur die Hälfte des Himmels beanspruchen, kann man konstatieren, daß Frauen in der Kunst in der Gunst der Künstler und der Gunst der Auftraggeber und Käufer immer schon überrepräsentiert waren. Warum? Da müssen Sie nur den Band durchblättern. So viel Vielfalt bieten Männer einfach nicht. Was weniger mit der Natur, sondern der Kultur zu tun hat, die das Weibliche und das Männliche definiert. Frauen durften da immer schon viel mehr sein, vieles verkörpern, was vielleicht damit zu tun hat, daß sie auch im realen Leben sehr viel häufiger als Männer in vielen Funktionen tätig sind, wozu das Gebären sicher ein Schlüssel ist. Aber das wollen wir jetzt nicht vertiefen, sondern bei der Kunst bleiben, für die wir als erstes feststellen: Es handelt sich überwiegend um Gemälde und immer wieder auch Kleinskulpturen. Der Untertitel lautet „von Nofretete bis Marilyn Monroe“. Erstere finden Sie unter Geschichtsbildern und Letztere? Da müssen wir die FRAUEN IN DER KUNST gleich noch mal durchblättern.
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Info:
Michael Imhof, Frauen in der Kunst von Nofretete bis Marilyn Monroe, Michael Imhof Verlag 2021
22,7 × 29 cm, 272 Seiten, 271 Farb- und 4 SW-Abbildungen,
ISBN978 3 7319 0827 2