Hanswerner Kruse
Kleinsassen/Rhön (Weltexpresso) - Den meisten Platz in der Kunststation nehmen derzeit ausgeliehene Werke der Kunstsammlung der Bundesrepublik in der „Zusammenschau“ (Titel) mit ausgewählten Arbeiten der Kleinsassener Artothek ein.
Trotz der großen Namen hinter den Leihgaben, wie Beuys oder Imhof, sind die Objekte in den zwei Hallen qualitativ kaum zu unterscheiden. Denn die Station kaufte nach bisherigen Ausstellungen auch Stücke von bekannten internationalen Kunstschaffenden für ihre Artothek.Zunächst wirkt die Schau fröhlich und verspielt, gleich im Eingangsbereich steigen kindliche Skulpturen aus Ikea-Tüten auf. Der Künstlerin Flaka Haliti ist aufgefallen, dass sich Kinderzeichnungen überall auf der Welt ähneln. Ihre Draht-Skulpturen basieren auf Zeichnungen von Kids der Elfenbeinküste, sie hätten aber auch in Europa entstehen können. „Europa - immer Ärger mit der Sogenannten“ heißt die wilde farbenfrohe abstrakte Komposition Daniel Richters gleich daneben. Das Bild weist wohl darauf hin, welch unterschiedliche Kulturen in Europa miteinander auskommen müssen. Es korrespondiert mit Jimmie Durhams riesigem Stierkopf aus Leder und anderen Materialien, der an Europas Stier erinnert. Asta Grötings „Affentanz“ besteht aus gestalteten Lederjacken, die wie Affen auf allen Vieren im Kreis marschieren. Nicht zufällig steht dahinter die Skulptur „Die Äffin, die den Verkehr regelt“ (Foto links) von Volker März, der Affen für die besseren Menschen hält.
Man staunt in der „Zusammenschau“ wie die teilweise extrem unterschiedlichen Arbeiten sich verstehen und miteinander kommunizieren können: Sie sind kein wahlloses Sammelsurium sondern das bewusste Ergebnis der Kuratierung! Nicht alles ist fröhlich, viele Objekte thematisieren auch Flucht, Vertreibung und Elend, jedoch nicht auf larmoyante Art. Über einen „Teppich“ geometrisch angeordneter, gebrauchter Patronen von Thomas Judisch, schwebt die traurige Frau („Situation“) von Bernd Baldus. Im Bild von R.A. Penck findet sich die Struktur der ausgelegten Munition wieder (Foto links). Bei ihrer Führung machte Kuratorin Dr. Elisabeth Heil deutlich, wie und warum sich die einzelnen Stücke letztlich zu diesem großartigen Gesamtkunstwerk der Vielfalt fügen. Immer setzt sich ein stilistisches oder inhaltliches Merkmal im nächsten Objekt fort - oder schafft einen bewussten Bruch.
Die große Halle wird beherrscht durch die Skulpturengruppe von Jonathan Meese, dem exzentrischen Shooting Star der internationalen Kunstszene. In der „Theaterpersiflage“ (Heil) über sein Siegfried-Projekt, dekonstruiert er ironisch und spielerisch die dramatische Sage. „Selbstironie gehört dazu“, meint die Kuratorin.
Für die „Zusammenschau“ gibt es einen kostenlosen ausführlichen Wegweiser mit ihren Kurztexten zu allen Werken.
In der dritten Halle zeigt Henning Schwarz in seiner Ausstellung „plug in“ außergewöhnliche Steinarbeiten. Schwarze Steinobjekte wurden von ihm zerschlagen, aufgebrochen, angebohrt - und entwickeln nun ein düsteres Eigenleben. Ihre einstigen Funktionen als Grabsteine sind nicht mehr erkennbar, doch vielleicht bewahren die recycelten Stücke immer noch traurige Geschichten.
Das Gegenteil davon sind große Steinplatten, in denen Schwarz besondere Merkmale - etwa einen von ihm darin gesehenen riesigen blauen Daumen - herausarbeitete. Viele solcher Platten, immer mit hervorgehobenen grafischen Strukturen, fügte er vor Ort in der Kunststation - als „plug in“ - zusammen. Der „Papillon“ oder „Ikarus“ wirken leichter als massive Steinskulpturen in dieser Größe. Doch es sind echte, im Raum wirkende Skulpturen, die man von allen Seiten betrachten kann.
Wem das alles zu avantgardistisch ist, kann sich in der Studioausstellung an den grafischen Editionen Armin Mueller-Stahls erfreuen und sie sogar zu erschwinglichen Preisen kaufen (darüber wird noch berichtet).
Zum Teil 1
Foto:
Hanswerner Kruse
Info:
„Zusammenschau“ und „plug in“ bis zum 28. August
„Frieden, Freiheit, Fliegen“ bis zum 22. Juli.
Öffnungszeiten Dienstag bis Samstag 13 - 18 Uhr, Sonn- und Feiertage 11 - 18 Uhr