BlickWechsel 9856„Blickwechsel“ - Ein Gang durch einen Teil der neuen Ausstellung in der Kunststation


Hanswerner Kruse

Kleinsassen/Rhön (Weltexpresso) - Sechs Künstlerinnen und Künstler aus Syrien, Irak, Iran, Palästina und Israel stellen derzeit in der Kunststation aus. In ihren Heimatländern haben sie das künstlerische Handwerk gelernt, doch mittlerweile leben und arbeiten sie alle in Deutschland. 

In ihren Werken mischen sich westliche und vorderasiatische Themen, ein „Blickwechsel“ mit verschiedenen Ausdrucksformen. 

Eine arabische Frau liegt in einem Video auf einer Sänfte (Bild oben). Ist sie tot? Zieht an der Aufgebahrten mit wechselnden Bildern ihr Leben vorbei? Oder träumt sie nur? Sie knetet sich Teig ins Gesicht. Kleine Mädchen singen auf arabisch das Alphabet der Wörter Mama und Papa, später waschen sie weiße Kleider, die Reinheit bedeuten. Männer zerkleinern Fleisch mit dem Fleischwolf. Lange jammert ein steinaltes Klageweib vor der Aufgebahrten. Irgendwann richtet sich die Frau auf, übrigens die Künstlerin selbst. Sie tritt ans vergitterte Fenster, verlässt dann durch die offene Tür die verfallene Hütte und löst sich im Sonnenlicht - der Freiheit? - auf. 

BlickWechsel 0898Diese Videoarbeit „A Feminine Name“ der in Israel geborenen Palästinenserin Nasru Abu Baker thematisiert ihre Lage als arabische Frau, aber auch ihre Zerrissenheit zwischen palästinensischer und israelischer Identität. Der herausfordernd verrätselte Film ist keine plakative Anklage, sondern ein ästhetischer Versuch, diese Konflikte sinnlich zu erfassen und darzustellen. Außerdem präsentiert sie dreidimensionale Wandbilder, Collagen aus harten und weichen Materialien (Foto links).


Der „Blickwechsel“ ist nicht unumstritten, zwei weitere Kunstschaffende aus dem arabischen Raum hatten ihre Beteiligung zugesagt und waren für die Ausstellung eingeplant. Jedoch forderten sie den Ausschluss der israelischen Künstlerin Sharon Paz. Obwohl deren Lebensmittelpunkt Berlin ist und sich ihre einzige Arbeit, ein großformatiger Kurzfilm „Open/Close“ (Foto unten), kritisch dem Thema Grenzen und Kontrollen widmet, dem ewigen Streitthema zwischen Israelis und Palästinensern. 

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Monika Ebertowski, die Leiterin der Station lehnte das antisemitische Ansinnen der Zwei ab und verzichtete auf deren Arbeiten: „Denn die Kunststation ist ein Ort der Toleranz!“ Eine mutige Entscheidung, denn israelische Kunstschaffende werden derzeit weltweit immer stärker - aber öffentlich kaum bemerkt - von Museen und Galerien ausgegrenzt. Selbst wenn sie Regierungsgegner sind oder sich offen gegen die israelische Besatzungspolitik aussprechen. Die Boykottaufrufe der einflussreichen antisemitischen Organisation BDS (so eine Einschätzung des Deutschen Bundestages) zeigen leider Erfolge. Deren judenfeindliche Politik ist Teil des Konzepts „Globaler Süden“, in dem der Staat Israel als Fremdkörper von weißen Kolonisten im Nahen Osten gilt, kein Existenzrecht besitzt und verschwinden muss.

Die dritte Frau in diesem Teil der Ausstellung ist die Iranerin Mojgan Razzaghi, die am 15. Januar ab 14 Uhr ihre Arbeiten (Foto unten) erläutern und über die Situation im Iran berichten wird. Die Arbeiten der drei Künstlerinnen fügen sich gut zusammen, ihre Trennung von den Männern in einem anderen Teil der Ausstellung ist eine rein kuratorische Entscheidung. Über Razzaghi und die Künstler werden wir noch berichten.

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Info:
Ausstellung "Blickwechsel" noch bis 26. Februar 2023
Öffnungszeiten Donnerstag bis Sonntag 13 - 17 Uhr, Silvester geschlossen.
Zur Kunststation

Fotos:
©  Hanswerner Kruse 
Arbeiten von Nasru Abu Baker und Mojgan Razzaghi / Filmbilder von Sharon Paz und  Nasru Abu Baker