Abstraktion und Wirklichkeit

Kleinsassen / Rhön (Weltexpresso) -  Zwei großformatige, räumlich versetzte Gemälde von Sonja Kuprat veranschaulichen beim Verlassen ihrer Ausstellung „Wolkenränder“, noch einmal exemplarisch den künstlerischen Spielraum der Malerin:

Hoch lodert auf der älteren, hinteren Arbeit orange-rote Ölfarbe empor, auf dem neueren, vorderen dunklen Samtbild sind in der Tiefe allenfalls blaue organische Gebilde zu erkennen.

Im hinteren expressiven Werk Nr. 443 (von 2019) kann man eine unwirkliche Landschaft auf der Leinwand erahnen. Die Horizontlinie teilt das Objekt, davor und darüber scheint eine Feuersbrunst zu wüten oder glühende Lava zu fließen. Oben ist noch etwas blauer Himmel zu erkennen. Doch wir sehen kein reales Territorium oder die Wiedergabe einer Katastrophe - aber wir können ausgedrückte dramatischen Gefühle nachvollziehen und selber spüren.

Wesentlich ruhiger wirkt das vordere Werk Nr. 524 (von 2022) auf den Betrachter: Bildträger ist erstaunlicherweise tiefschwarzer Samt, der von Kuprat mit dunkelblauer Ölfarbe bemalt wurde. Biomorphe Formen erinnern an eigenartige Wesen, die wie von selbst aus dem Malgrund auftauchen. Je nach dem Standort des Betrachters wechselt – durch unterschiedlichen Lichteinfall - die Wirkung der Darstellung.

Die Künstlerin entwickelte diese fast abstrakten Samtbilder im letzten Jahr durch eine neue spezielle Technik und präsentiert sie erstmalig in ihrer Ausstellung. Durch den samtigen Grund bekommt die Malerei eine enorme Tiefe, die Farbe eine intensive Leuchtkraft. Kuprat nummeriert lediglich alle ihre Arbeiten durch und legt deshalb - ohne Titel - keine Spuren für die Interpretation ihrer Werke. Dadurch wirft sie den Betrachter auf sich selbst, seine Assoziationen und Fantasien zurück...

Foto:
© Hanswerner Kruse: Gemälde Nr. 542 (links) und Nr. 443 

Service:
„Wolkenränder“ gemeinsam mit den anderen Frühjahrs-Ausstellungen noch bis zum 4. Juni 2023
Geöffnet dienstags bis sonntags, sowie an Feiertagen, von 13 bis 18 Uhr