theisen OB LandratMartina Theisen stellt im Sozial- und Arbeitsgericht aus

Hanswerner Kruse

Fulda (Weltexpresso) - Der reißerische Titel soll das Erstaunen über den ungewöhnlichen Ausstellungsort der Fuldaer Künstlerin andeuten: In den modernen Räumen des Sozial- und Arbeitsgerichts zeigt die Illustratorin und Grafikerin nämlich humorvolle Karikaturen und Aktzeichnungen.

 

Gleich zu Beginn ihrer Ausstellung werden die Besucher von einer großen, stark abstrahierten nackten „Diva“ empfangen. Beim Weitergehen treffen sie auf Porträtkarikaturen von mehr oder weniger bekannten Menschen. Da sieht man leicht verschrobene Ansichten von Winston Churchill bis Grace Jones, oder neben Landrat Bernd Woide auch den – bereits verkauften - Fuldaer Oberbürgermeister Heiko Wingenfeld (Foto oben mit Martina Theisen). Karikaturen übertreiben, heben meist sichtbare Besonderheiten der Abgebildeten hervor. Theisen erarbeitet diese schrillen Merkmale behutsam, fast liebevoll in ihren Werken heraus. Selbst Kardinal Woelki wird nicht als Monster, sondern (auch) als ein zerrissener Mensch karikiert. 

Die Künstlerin nutzt für ihre Arbeiten eine Vielfalt an Techniken, sie präsentiert Zeichnungen, Lithografien und Monotypien. Der Ausstellungstitel: „Menschen und andere Leute“ spiegelt ihr Interesse und Herz für die Vielfalt der menschlichen Individuen mit all ihren Eigenarten, Unvollkommenheiten und Schrullen. Und dies immer mit den Augen der Humoristin.

Das zeigen auch ihre nackigen kleinen Weiberskulpturen Helga, Gisela und Renate aus Keramik, oder die vielfältigen Akte, meist weiblich, die zurückhaltend und keinesfalls obszön dargestellt werden. Die entblößte Frau S. mit ihrer Federboa ist kokett, doch sie provoziert das Gericht damit nicht. 

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Die ausgestellten Arbeiten gehören zum Oeuvre der Künstlerin, die Werke sind nicht ausdrücklich für die – nennen wir sie mal so - Galerieräume des Vereins „Kunst und Justiz“ gestaltet. Doch vor Richterinnen und Richtern zu stehen, heißt ja, sich entblößen zu müssen: Die wirklichen Einkünfte oder Beziehungen zu einem Partner müssen vor dem Sozialgericht offenbart werden. Oder beim Arbeitsgericht könnte man sich einen mächtigen, aber ungerechten Chef oder einen sich als „Wutbürger“ gerierenden Mitarbeiter mal nackt vorstellen. Künstlerische Karikaturen greifen bestimmte Aspekte von Ereignissen heraus, auch vor der Justiz werden alltägliche oder ausgewählte Begebenheiten aufgebläht, vertieft und in die Zange genommen. Deshalb passen alle die Kunstwerke so gut in diese Amtsräume.

Theisens Karikaturen sind per se mehr oder weniger verfremdet, aber auch ihre grafischen Werke, Zeichnungen und Keramiken changieren zwischen Abstraktion und Darstellung der Wirklichkeit, sind häufig aber auch recht realistisch. 

Bis zum Künstlerinnen-Gespräch am 10. Dezember in den Räumen der Justiz will Theisen noch die komplett vergoldete Bundesregierung auf Bierdeckeln darstellen: Eine ironisch künstlerische Gestaltung der einst von Friedrich Merz popularisierten Idee, Steuererklärungen auf einem Bierdeckel ausrechnen zu können.

Service
Die Ausstellung ist bereits eröffnet und geht noch bis 15. Februar 2024.
Sie ist frei zugänglich Mo. – Do. von 9 - 16 Uhr, Fr. - 14 Uhr. 
Künstlerinnen-Gespräch am 10. Dezember 2023 16-18 Uhr 

Fotos:
privat