Hanswerner Kruse
Fulda (Weltexpresso) - Zum Beginn des Rundgangs trifft man auf die „Vier Jahreszeiten“ der Holzbildhauerin Ines Britz. Mit ihrer Installation konfrontiert sie den Besucher direkt mit dem Ausstellungsthema „Farbe trifft Holz“: In drehbare Scheite hat sie, wie bei Holzschnitten, Gesichter eingekerbt und mit Acryl übergewalzt. So entstanden vier Porträts, die für die unterschiedlichen Jahreszeiten stehen.
Drumherum an den Wänden hängen riesige, farbkräftige Acrylbilder von Jan Döhrer (Foto links), die man sogleich als Landschaften interpretieren möchte. Doch warum sind sie an den Rändern so ausgefranst oder verwischt? Sind das reale Destruktionen der Gemälde durch Witterung und Verfall oder sind es künstlerische Gestaltungen? Verweisen die Werke auf den Klimawandel oder haben die Übermalungen eine rein ästhetische Funktion? Die irritierenden Gemälde sind keine Ratespiele, vielmehr spielen mit den Wahrnehmungen und Fantasien des Betrachters.
Andere Bilder des Künstlers sind zentimeterdick mit kräftigen Farben gespachtelt. Diese Farben greifen in den Raum, grapschen nach dem Besucher. Und natürlich kann man auf den Objekten wieder Landschaften sehen: die Natur, die sich ihre Welt zurückholt, mit loderndem Feuer, verbrennender Sonne oder geilem Grün.
Beim Weitergehen sind andere überraschende Arbeiten von Iris Britz zu sehen: In einer Holz- und Eiseninstallation scheinen sich zwei weiß übermalte Figuren zu trennen. Eine Frau schaut einem Mann nach, der gramgebeugt durch eine Tür getreten ist. Man will in die Figuren hineinspüren, ihre Haltungen nachahmen, ihre Erzählung verstehen. Rein formal setzen sich die strengen Linien der Eisenkonstruktion dahinter in den Fenstern und Heizkörpern fort. Ein hervorragender Ort - eigentlich ein Nicht-Ort - in dem „Hin und weg“ (Titel) passiert.
Die Werke in den hinteren zwei Räumen sind dem 2020 gestorbenen Künstler Ronald Johnson aus Franken gewidmet. Im ersten hängen wilde, scheinbar abstrahierte Kompositionen mit kräftigen Farben, in denen man jedoch (nicht nur als Mann) weibliche Figuren oder Formen erkennen kann. Auch sie sind oft lediglich nummeriert, ohne wegweisende Titel.
Im Kaminzimmer (Foto unten) nebenan hängt sogar ein großes Gemälde mit dem - nachspürbaren - Titel „Explosion“. Aus den Spiegeln der Stirnwand glänzen ein einige weiße Marmorskulpturen, sie sind viel strenger als seine exzessiven Gemälde gestaltet. Zwei Plastiken sind sogar aus Holz, die angedeutete „Black Lady“ und ein „Torso“. Er sei nicht nur ein „berserkerisch-leidenschaftlicher“ Künstler gewesen, meinte Laudator Gunter Schmidt bei der gut besuchten Vernissage, sondern auch ein stark reflektierender. Diese Spannweite spürt man deutlich in seinen ausgestellten Arbeiten.
Fazit: Ines Britz fasst ihre Holzbildhauerei erstaunlich weit und befreit ihre hölzernen Gebilde aus den Fängen des Materials und seiner Traditionen. Jan Döhrer tut gut daran, Titel zu vermeiden und seine Bilder konsequent selbst sprechen zu lassen und die Betrachter dadurch in Bewegung zu versetzen.
Fotos
© Hanswerner Kruse
Service:
„Farbe trifft Holz“ im Kunstverein Fulda noch bis 16. Juni 2024.
Die Ausstellerin Ines Britz gibt am 2. Juni den Kurs "Lavendeldruck", anschließend ab 15 Uhr ""Dialogischer Ausstellungsrundgang"
Öffnungszeiten und weitere Infos www.kunstverein-fulda.de