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Zeitgenössische Kunst aus Kenia Teil 1

Hanswerner Kruse

Kleinsassen/Rhön (Weltexpresso) - In zwei großen Hallen präsentiert die Kunststation zeitgenössische künstlerische Arbeiten aus Kenia, die alle verkäuflich sind. 13 Kunstschaffende bewegen sich in „Grenzräumen zwischen Tradition und Moderne“ (Titel), nutzen afrikanische Elemente und hinterfragen kritisch westliche Einflüsse.

 

Ein kleines schwarzes Mädchen, in viel zu weiten High Heels, hebt skeptisch ein Brett an, welches verkündet: „I can’t.“ Doch im Hintergrund widersprechen auf eine Mauer gekritzelte Kinder: „Yes, you can!“ Berechtigte Träume, „Valid Dreams“, heißt das emblematische Materialbild von Murrel Alouch. Ästhetisch engagiert sich die Künstlerin für die Stärkung von Frauen und deren Rollenwandel. Sie ist nicht die Einzige. Die überraschend vielen Künstlerinnen dieser Schau befassen sich – neben anderen Themen – mit weiblicher Identität in ihrer patriarchalischen Gesellschaft.

Nadia Wamunya ist gehörlos und malt vom Bildhintergrund isolierte, meist fragmentierte Frauen mit tänzerischen Bewegungen. In ihren dynamischen Arbeiten demonstriert sie, dass unvollkommen erscheinende Körper sich frei und sicher bewegen können (Foto links) . Sie möchte Mädchen in ihrem Selbstwertgefühl stärken. Dagegen changiert die international bekannte Künstlerin Tabitha wa Thuku zwischen expressiver Gestaltung und magischem Realismus, zeigt in ihren zarten, poetischen Bildern auch Frauen in Bewegung.

Radikal zersetzt Anne Mwiti künstlerisch die schweigsame Rolle der Kenianerinnen und die von ihnen geforderte klischeehafte Körperlichkeit. Eine Frau in gestoppter, unbändiger Bewegung scheint bersten zu wollen; noch ist sie gefangen – wird aber gleich ihren Rahmen sprengen. „Nun habe sie ihre Stille gefunden“ ist der sarkastische Titel des Werkes (Foto unten).



Kenia 1246Doch die Künstlerin kämpft nicht nur gegen soziale Dressur, sondern setzt sich auch mit den Ursprüngen ost-afrikanischer Kunst auseinander: „Lange Zeit glaubte man, dass es in Afrika keine Malereien in nennenswertem Umfang gibt, vor allem, weil man sie auf der Haut der Menschen, an Hauswänden und Felsen fand, die allesamt keine Sammlerstücke waren“ (Mwiti). Ihre großen abstrakten Schwarz-Weiß-Gemälde wurden von Körperbildern der Maasai inspiriert, die sie bewahren und individuell weiterentwickeln will.

Es ist die Verbindung von subjektiven und kollektiven Themen, die die Kunstschaffenden in ihren Arbeiten leisten. Traditionelle Bildwerke, Masken und Skulpturen waren ja immer in Überlieferungen und Rituale eingebettet. Kunst existierte nicht an sich oder als Ausdruck individueller Befindlichkeit.




Im letzten Jahr bot die Biennale in Venedig vielen Kreativen aus dem „globalen Süden“ ein Forum für Objekte unterschiedlicher Qualität. Daran knüpft auch die Kunststation an, zeigt keine exotische oder folkloristische Schau, sondern moderne ost-afrikanische Kunst von hoher künstlerischer Qualität sowie radikaler Kritik an sozialen und kulturellen Prozessen. Die Bandbreite der Kunstschaffenden reicht von wenigen Autodidakten bis zu international Studierten. Etliche Künstlerinnen wurden von ihren Familien gefördert.

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Von vielen wird der kenianische Alltag thematisch aufgegriffen, einige der Künstlerinnen und auch Männer zeigen – im jeweils eigenen Stil – arbeitende Frauen. Tabuisierte Themen wie Sexarbeit oder Homosexualität werden leider nur in zwei Bildern angedeutet, obwohl es radikalere künstlerische Auseinandersetzungen mit diesem Thema gibt. Doch die Wandbilder wurden durch die polnische EAAE-Galerie ausgesucht und zur Verfügung gestellt. Dadurch fehlt wohl auch dokumentarisches Material über experimentelle Installationen oder Straßen-Performances kenianischer Kunstschaffender.

Interessant sind Leezie Kiambis heitere „Porträts“ im Stil zwischen Pop-Art und Comicstrips (Foto links). Ihre mal fröhlich, mal griesgrämig dreinblickenden Gestalten mit dicken Lippen sollen diejenigen trösten, die vom Leben gebrochen wurden. Sie will ausdrücken, was mit Worten nicht zu fassen ist. Jedoch bestehen gerade ihre poetischen Titel aus Worten wie: „Ich trage ein Biest, einen Engel und einen Verrückten in mir.“



Die Ausstellung ist bis zum 2. März donnerstags bis sonntags von 13 - 17 Uhr geöffnet

Veranstaltung

Parallel zur Winterausstellung wird am 11. Januar um 17 Uhr ein zusätzlicher Info-Raum zu sozialen Projekten in Kenia eröffnet, die dort von Vereinen und Initiativen aus dem Fuldaer Raum realisiert werden.

Die kenianische Sängerin Joy Wendo, die bei der Vernissage im Dezember mit ihrer Musik begeisterte, tritt erneut auf. Jan Wloka vom Verein WBT/Kerzell stellt mit einer Beamerpräsentation das Straßenkinderprojekt in Kenia vor. Eine Kenianerin aus Fulda verwöhnt die Gäste mit einem kenianischen Catering.

Der Eintritt ist frei, doch Spenden für die Projekte sind erwünscht.

Fotos:
© Hanswerner Kruse