Jaime 2099Jaime Sicilia in der Kunststation

Hanswerner Kruse / Hannah Wölfel

Kleinsassen (Rhön) - Derzeit präsentiert die Kunststation drei Frühjahrsausstellungen, eine davon mit Arbeiten des spanischen Malers Jaime Sicilia unter dem Titel „Licht – Raum – Dimension“. Im großen Saal begegnet man kraftvollen Farbkompositionen: grünen, gelb-goldenen, türkisfarbenen – bis hin zu rein goldenen Öl- oder Acrylbildern auf unterschiedlichem Malgrund. Auf den ersten Blick wirken sie wie malerische Landschaften oder dramatische Naturereignisse.

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Aber Sicilia arbeitet nicht nach der Natur, schafft keine Nachahmungen und abstrahiert auch nicht die vorgefundene Realität. Als Abbilder der Wirklichkeit sind seine Werke zu konstruiert, zu symmetrisch – diese Künstlichkeit irritiert, lädt jedoch zum längeren Betrachten ein.

Der kleine Saal nebenan ist ausschließlich mit überwiegend krassroten Bildkompositionen ausgefüllt. Trotz des Lichteinfalls durch zwei schmale Fenster und der strahlend weißen Wände erscheint der Raum wie eine dunkelrote Grotte. Diese traumartige Atmosphäre zieht sofort in den Bann.

Im Gespräch erzählen der Künstler und sein Berliner Galerist von magischen Momenten in der Natur, in denen Menschen gleichsam eins werden mit ihrer Umgebung. Solche Erfahrungen, so Sicilia, versucht er in seinen Arbeiten festzuhalten – damit sie von den Betrachtenden nachempfunden werden können. Man vermisst in seinen Ausstellungsräumen beinahe Meditationskissen, auf denen man länger verweilen und mit den dargestellten Sehnsuchtsorten verschmelzen könnte. Ebenfalls die romantische Trauer über das Verlorene, über einst erlebte, nun verschwundene Augenblicke, ist durch seine Werke spürbar.

Einige dieser Ölbilder nennt der Maler auf Latein „Et in Arcadia ego“, sinngemäß etwas nostalgisch: „Auch ich war in Arkadien“. Bereits in der Antike, später besonders in der Renaissance, galt das griechische Arkadien als Sinnbild eines einfachen, naturverbundenen Lebens. Bis heute steht es für eine utopische Welt des Friedens und der schlichten Schönheit – ein Ort, den wir jedoch hinter uns lassen mussten: „Er ist nunmehr ein Ort der Erinnerung und der Sehnsucht, umweht von Melancholie“, sagte Kuratorin Dr. Elisabeth Heil bei der Vernissage. „Alles hat seine Zeit, jedes Erlebnis. Arkadien – und auch die Schönheit – sind vergänglich. Auch das sollten wir wahrnehmen, bedenken und uns achtsamer verhalten.“

Jaime jpg 2121Eine zweite, sehr viel kleinere Werkgruppe gibt sich den „Amapolas“ hin, den flüchtigen Blüten des Mohns. Diese Blumen lassen sich bekanntlich kaum in Vasen aufbewahren – meist siechen sie im Moment des Pflückens dahin. Der Künstler hat sie gesammelt, getrocknet und gepresst, dann abfotografiert und auf leicht reliefartiges Papier gedruckt. So sind 50 gerahmte, ähnliche, aber im Detail sehr unterschiedliche Mohnblumenbilder im gleichen Format 30 × 22 cm entstanden.

Gemeinsam mit einer Literaturkennerin ordnete Sicilia jedem Blatt eine Schriftstellerin zu. Isabelle Allende scheint zu fliegen, Sylvia Plath wirkt gedrückt, Jane Austen flattert durch die Welt.

Auf den Rückseiten finden sich kurze Informationen zu den jeweiligen Autorinnen. In der Kunststation wurden diese Objekte zum ersten Mal als Gesamtwerk gezeigt, es ist auch eine Ode an die Verschiedenheit im Gleichen. Die wunderbare Sammlung, deren Einzelblätter käuflich zu erwerben
sind, widmete der Künstler dem Weltfrauentag – dem Tag vor seiner Vernissage.

Fotos:
Hanswerner Kruse

Service:
„Licht – Raum – Dimension“ und weitere Ausstellungen noch bis zum 1. Juni 2025.
Öffnungszeiten der Kunststation Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen von 13 - 18 Uhr

www.kunststation-kleinsassen.de