Weitbrecht 7518Hannelore Weitbrecht in der Kunststation

Hanswerner Kruse

Kleinsassen/Rhön (Weltexpresso) – In der zweiten der drei aktuellen Herbstausstellungen in der Kunststation präsentiert Hannelore Weitbrecht ihre sinnlichen Objekte. Staunend betrachtet man feine Gebilde aus Pergament, Draht und Naturfunden, die wie eigenartige Traumwesen wirken oder bizarre Gestalten aus erdachten Landschaften. 

Pustet man einige an, scheinen sie sogar zu atmen.  Die Arbeiten verwirren die Sinne – man fragt sich, ist das nun Kunst oder Natur? Aber die Künstlerin fertigt keine Nachbildungen der Pflanzenwelt, sondern erschafft sich ihren eigenen Kosmos. Sie greift Wachstumsprozesse auf – daher heißen und zeigen ihre kleinen zarten Skulpturen „Wachsen“, „Aufbruch“ oder „Aufzucht“.


Über diese und ähnliche kleinformatigen Werke hinaus entfaltet ihr Oeuvre in der Kunststation eine bemerkenswerte Vielfalt. In einer Halle errichtete sie einen größeren Garten: Papierobjekte und Zweige formen eine Wand aus „Blüten“, am Boden liegen „Blätterwirbel“ oder wachsen „Blütenstämme“, so die Titel. Die „Keime“ bilden eine zentrale Installation aus knolligen Körpern. Sie verdichten sich zur Mitte, daraus wachsen unterschiedlich hohe Triebe.
Auch sie entstehen aus denselben Materialien und Techniken.



weitbrecht 7382In einer anderen Halle wirken ihre sechs großen Doppelschalen und acht Gartengeräte wie schwere Holzobjekte (Foto rechts). Doch allesamt sind diese Plastiken – insgesamt tituliert als „Ernte“ – ebenfalls leichte Skulpturen aus Papier, Draht und Farbe. Papier ist der Grundstoff fast aller ihrer Werke, gefaltet, verknittert, geknüllt wird es zum erstaunlichen Rohstoff. Die Künstlerin verwandle Papier in Seherlebnisse, so ein Kollege.

Besonders in ihren 16 „Kleingärten“ integriert die Künstlerin neben dem Papier eine Vielzahl von echten Naturmaterialien – Samenschoten, Kerne, Zweige – zu ästhetischen Verschmelzungen. In dieser Gartenkolonie aus kleineren, jeweils gleichgroßen Bildkästen verknüpft sie das Natürliche und das Kulturelle auf faszinierende Weise. 

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Einer der Höhepunkte ihrer Ausstellung ist die eigenartige Wand „Pflanzenversuchsfeld“ (Foto links) Hier kombiniert Weitbrecht ebenfalls Papier mit organischen Stoffen, ergänzt sie durch Textil oder Farbe mit Eitempera. Die grafisch streng angeordneten Objekte wirken wie exotischer Schmuck oder Kultgegenstände.

Über die unmittelbare Faszination ihrer mannigfachen Arbeiten hinaus verweisen Weitbrechts Kunstwerke auf den Wechsel der Jahreszeiten, das Werden und Vergehen und die Eingriffe des Menschen in die Schöpfung. Die Kunststation schreibt dazu in der Einladung: „In ihrer Arbeitsweise reflektiert die Künstlerin oft das Tun des Menschen, seinen Einfluss auf die Gestaltung der Erde durch Säen und Ernten, aber auch seinen Drang zu sammeln, zu sortieren, zu bündeln, zu lagern und ein naturwissenschaftliches Ordnungssystem aufzubauen.“ 

In der gesamten Ausstellung Weitbrechts hängen zahlreiche Malereien und Zeichnungen von Helmut Gutbrod. Seine Arbeiten zeigen strenge oder spielerische Strukturen, parallel zu den naturhaften Kompositionen der Künstlerin. Die beiden stellten bislang noch nie gemeinsam aus, doch ihre Werke korrespondieren so stark, dass die Kunststation sie zusammen zeigt. Über diese dritte Herbstausstellung werden wir noch berichten.

Fotos:
© Hanswerner Kruse

Service:
Weitere Infos
„Natur / Struktur“ von Hannelore Weitbrecht noch bis zum 23.November 2025

Öffnungszeiten der Kunststation Kleinsassen
Di. – So. von 13 – 18 Uhr, ab November (Winterzeit) Do. – So. von 13 – 17 Uhr