Albrecht Wild im Studio der Kunststation
Hanswerner Kruse
Kleinsasasen/Rhön (Weltexpresso) – Parallel zu den zwei großen Winter-Ausstellungen zeigt der Künstler Albrecht Wild – unter dem Titel „Auf Einladung: Bierdeckel, eine Königin und Geishas“ – seine Arbeiten im Studio der Kunststation. Beim Betreten des Raumes erwartet man „irgendetwas Japanisches“, denn mit einem verrätselten Geisha-Bild wirbt das Kunsthaus für die Schau des Frankfurters.
Doch im Studio überwältigt einen sofort die „Kleinsassen-wall“ (Titel) mit 213 Objekten aus verfremdeten Bierdeckeln auf zwei Eckwänden. Hier präsentierte bereits die Fuldaer Künstlerin Anne Kalb vor einiger Zeit ihre bemalten Bierdeckel. Es überrascht immer wieder, wenn profane Alltagsdinge wie diese Pappuntersetzer – respektlos gegenüber der „großen Kunst“ – zu künstlerischen Objekten transformiert werden. Zunächst erkennt man jedoch kaum Bierdeckel, sondern die vielen Objekte erzeugen insgesamt ein Muster oder Geflecht. Die schiere Menge verschiebt die Wahrnehmung vom einzelnen Gebilde auf das serielle Prinzip (Foto links / Auszug).
Doch immer wieder schweift der Blick von der Gesamtkomposition ab zu ihren einzelnen Bestandteilen – jeweils einige gleiche Untersetzer wurden durch Schnitte, Anordnungen und Verschiebungen spielerisch neu zusammengesetzt. Mal verfremden sie die erkennbaren Ausgangsbilder, mal verschwindet die ursprüngliche Wirkung. Meist sind die Logos und Motive kaum noch erkennbar:

Wild spielt, experimentiert, verblüfft mit seinem Material, den bedruckten Untersetzern – aber nicht beliebig oder zufällig. Stattdessen entwirft er die Umgestaltungen vorab durch Skizzen und präzise Zeichnungen, die bereits selber Kunstwerke sein könnten – jedoch weder gezeigt noch verkauft werden. Bei Fuldaer Hochstift-Deckeln kann er sich ruhig mal verschnippeln, aber der Schneidekünstler sucht auch weltweit nach herausfordernden, eher seltenen Motiven.
Bierdeckel sind nicht einfach nur Untersetzer, sondern oft auch selbständige Bildträger. Das fiel Wild bei seinen zahlreichen Reisen vor allem in Japan auf. Klassische künstlerische Motive fand er hier auf Papierfilz, etwa Hokusais Wellen oder Geisha-Bilder. Sie inspirierten ihn zu seinen Umgestaltungen und tatsächlich präsentiert er auch zwei dieser Werkgruppen im Vorraum des Studios.
Im weitesten Sinne kann man seine Objekte als Collagen bezeichnen, fügen sie doch Materialien aus der Wirklichkeit in seine Arbeiten ein. Durch die weitere Gestaltung verwandeln sie sich in autonome Kunstwerke, die – so der Künstler – keine bestimmten Aussagen oder Botschaften vermitteln. Das gleiche gilt für zwei seiner großen „Plakate“ auf einer Wand im Studio, die ebenfalls zwischen Kunst und Gebrauch changieren, aber einen mächtigen Kontrapunkt zur „Kleinsassen-wall“ bilden. Deren Formate auf Leinwand sind wesentlich größer und die Bearbeitung, auch durch Malerei, ist aufwendiger: Logos, Schrift und Bildreste bleiben sichtbar –sie sind ebenfalls losgelöst von ihrer Funktion.
Insgesamt formt Wild aus Alltagsmaterialien autonome Gebilde, Figuren und Flächen. Sie kommentieren und erklären nichts, bleiben dennoch offen für Assoziationen. Wer sich darauf einlässt, muss nichts entschlüsseln – nur aktiv wahrnehmen.
Service:
Alle Ausstellung noch bis zum 22. Februar 2026.
Geöffnet Do. bis So und alle Feiertage von 13 – 17 Uhr
Kontakt und weitere Infos: Kunststation
Fotos:
© Hanswerner Kruse



