Neue Ausstellung im Unteren Belvedere Wien, Teil 1
Anna von Stillmark
Wien (Weltexpresso) – Wer Wien kennt, kennt die Ringstraße und weiß doch nicht, wie es dazu kam. Die Errichtung der Wiener Ringstraße im 19. Jahrhundert, die mehr als ein fünfzig Jahre dauerte, gilt als städteplanerische Meisterleistung. Im Boom der Gründerzeit des 19. Jahrhunderts entstand entlang dieses schönsten Boulevards der Welt eine Fülle von Palais und öffentlichen Prunkbauten.
Vor 150 Jahren, am 1. Mai 1865, eröffnete Kaiser Franz Joseph die Ringstraße offiziell. Anlässlich dieses Jubiläums widmet das Belvedere die Ausstellung
Klimt und die Ringstraße
vom 3. Juli bis zum 11. Oktober 2015
jenen charismatischen Ringstraßenmalern, die ihre Zeit maßgeblich geprägt haben. Der inhaltliche Bogen spannt sich vom Ouvre des Künstlerfürsten Hans Makart bis zum Triumph des jungen Malerkollektivs der Künstler Compagnie rund um Gustav Klimt. Die Schau führt den Besuchern den glanzvollen Lebensstil der Ringstraßenära vor Augen.
Neben sinnlich -erzählerischen Einzelwerken werden erstmals auch wenig bekannte
Arbeiten des jungen Klimt gezeigt.
Die Wiener Ringstraße ist als eines der prägenden und markantesten architektonischen
Ensembles der Stadt essenzieller Bestandteil des Weltkulturerbes Historisches Zentrum von Wien. Sie war im ausgehenden 19. Jahrhundert Ausdruck des Anspruchs Wiens, das alleinige Zentrum der Donaumonarchie zu sein. Zugleich dokumentierte sie diese als
politische Großmacht auf dem europäischen Kontinent. Die Bebauung begann in den 1860er Jahren und war erst bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs weitgehend abgeschlossen. Mit ihr zeigte sich Wien als neues, dynamisch-repräsentatives
Wirtschafts- und Handelszentrum.
„Die Wiener Ringstraße ist auch heute noch ein Synonym für den Glanz der Gründerzeit, den Fortschrittsglauben des 19. Jahrhunderts und den Anspruch der Stadt, Kapitale einer
europäischen Großmacht zu sein. Die Ringstraße war somit zum Gradmesser des
gesellschaftlichen Ansehens geworden und Manifestation der Modernisierungsbestrebungen der K.-u.-k.- Monarchie. Nach dem Vorbild der Pariser Stadterneuerung unter dem Präfekten Georges-Eugène Haussmann schuf man ein neues,
repräsentatives Zentrum, das sowohl die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als auch das künstlerische und kulturelle Potenzial Wiens aller Welt vor Augen führen sollte“, so Agnes Husslein -Arco, Direktorin des Belvedere.
Die Ringstraße als Abbild der Modernisierungsbestrebungen der Donaumonarchie
vermittelt auch architektonisch den Übergang von der mittelalterlichen Bürgerstadt zu einer modernen, industriell geprägten Metropole. „Die Architektur der bürgerlichen Palais der Ringstraße mit ihren prachtvollen Inneneinrichtungen zeugt vom gestiegenen Selbstbewusstsein und der wirtschaftlichen Macht des Bürgertums. Dies vermitteln auch die vom Bürgertum getragenen Projekte Musikverein und Künstlerhaus oder die Denkmäler für Kulturschaffende, erläutert der Kurator der Ausstellung Alfred Weidinger.
„Gleichwohl demonstrierte das Kaiserhaus mit den Gebäuden für das Naturhistorische und das Kunsthistorische Museum seinen kulturellen Führungsanspruch. Damit einher ging eine Systematisierung der Sammlungen des Kaiserhauses, die dadurch ein neues Verhältnis zur Kunst und ein neues wissenschaftliches Verständnis von Kunst dokumentieren. Aus den ehemaligen Schätzen und Wunderkammern wurden zunehmend systematisch-wissenschaftlich geordnete Sammlungen. Insofern lassen sich die bürgerlichen Sammlungen auch als Emanzipation von den angestrebten Universalsammlungen des Kaiserhauses interpretieren, ergänzt Kurator Alexander Klee.
Fortsetzung folgt.
Foto:
Gustav Klimt hat die Gebäude der Ringstraße mit vielen Gemälden ausgemalt. Hier der Entwurf zu DIE MUSIK.