Zur 37. Kunstwoche Kleinsassen in der Rhön


Hanswerner Kruse

Schlüchtern (Weltexpresso) - Lange vor der offiziellen Eröffnung der 37. Kunstwoche Kleinsassen sind die Stände der Künstler und Kunsthandwerker aufgebaut. Viele Besucher strömen bereits Sonntagfrüh in das Malerdorf, unterhalten sich mit den Ausstellern und kaufen ihre Werke.

Farbenfrohe florale Bilder oder abstrakte Kompositionen, organische Holzobjekte oder blecherne Gartenplastiken, putzige Sammlerbären oder grenzwertige Hundekissen - und natürlich jede Menge großartige Goldschmiede- und Keramikarbeiten unterschiedlicher Provenienz: Zwischen Rhöner Bratwurst und Blasmusik ist nicht nur reichlich Raum für qualitativ sehr unterschiedliche Arbeiten, die jeden Geschmack bedienen. Es lassen sich auf dem Markt außerdem überraschende Objekte entdecken, etwa betonte Maserungen flacher Holzscheiben, die dadurch wie grafische Strukturen oder Gesichter wirken. Der direkte Kontakt und die Gespräche mit den Kreativen gehören sowieso zum Kunstfestival. „Wo soll ich denn sonst Urlaub machen als hier?“, meint scherzend eine Goldschmiedin aus Eschwege, die immer wieder gerne im Malerdorf ausstellt.


Auf der Biebertalstraße findet fröhliches Marktreiben statt, jedoch haben die Dorfbewohner auch wie immer Scheunen, Ställe und Garagen ausgeräumt, die Künstler als rustikale provisorische Galerien nutzen. Auf der „Kunstwiese“ werden als Masken zusammengeschweißte Schaufeln, Stahlkugeln auf langen Stangen und zahlreiche weitere Metallobjekte präsentiert. Eine Mode-Designerin zeigt eigenartige Leinwand-Drucke von Tanzenden, die sie mit Nähten betont: „Ich zeichne mit der Nähmaschine“, erklärt sie. Viele Kunsthandwerker warten nicht nur auf Kundschaft, sondern führen täglich kreative Techniken vor und erläutern sie. Überall wird gehämmert, gepinselt, gezeichnet, gedrechselt und geschnitzt.


In diesem Jahr scheinen die Kleinsassener stärker als sonst mit dem Festival verwoben zu sein. Etliche haben behelfsmäßige Raststätten aufgebaut und bieten „Milse-Burger“ oder Käsespätzle an. Auch die Kunststation ist nach vielen Jahren endlich wieder ein wichtiger Teil der Kunstwoche geworden. Hier kocht ein Künstler „Wüstenmocca“, doch statt aus dem Kaffeesatz zu lesen, fertigt er für die Besucher Bilder aus dem Satz, des von ihnen getrunkenen Moccas. Auf dem Bergweg zur Ausstellungshalle hängte ein Künstler Schlüssel an Bäume, die man vorübergehend als „Schlüssel zum Glück“ ausleihen darf. Die Aussteller kommen nicht nur aus der näheren Umgebung, sondern aus ganz Deutschland, einige sogar aus dem Ausland.


Während die örtliche Blaskapelle munter ihre Weisen schmettert, schreitet zeitlupenhaft eine blaue Gestalt durch die Menge und setzt sich neben den Bach an einen roten Tisch. Die unbekannte Akteurin lässt das  „Blue Girl“ des US-amerikanischen Malers und Filmregisseurs Tim Burtons („Alice im Wunderland“) lebendig werden. Das Rahmenprogramm der Kunstwoche bietet auch zahlreiche Aktionen und Theater für unterschiedliche Ansprüche (Programm im Internet).

 
Zur offiziellen Eröffnung des Festivals um die Mittagszeit ist allerlei lokale Prominenz gekommen und begrüßt - als Vertretung für den Ferien machenden Bürgermeister oder Landrat - die Besucher. Walter Mendla-Jacobi, Vorsitzender des Kunstvereins, erinnert an die lange Tradition des Ortes als Malerdorf seit Mitte des 19. Jahrhunderts und freut sich über die intensive Zusammenarbeit der Kulturschaffenden mit der Bevölkerung: „Das ist wirklich eine ‚soziale Skulptur’ die hier entsteht“, zitiert er den Künstler Josef Beuys.


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Das von einer unbekannten Akteurin lebendig gemachte Bild Tim Burtons „Blue Girl“ oder Kunst aus Kaffeesatz (c) Hanswerner Kruse

 

Info:
Die Kunstwoche 2016 ist noch bis zum 21. August 2016, täglich von 11-18 Uhr geöffnet.
www.malerdorf-kleinsassen.de