Kunstherbst in Ost-Hessen Teil 3

Hanswerner Kruse

Schlüchtern/Hessen (WEltexpresso) - In einer Ausstellung präsentiert das Museum Modern Art (MMA) in Hünfeld seit Juli 2016 herausragende Künstlerinnen und Künstler der Region. Zur „Halbzeit“ am Wochenende wurde der Publikumspreis an Maler Nikolai Lagoida vergeben. Die drei Auszeichnungen des MMA gingen an Malerin Bat-Amagan Orsoo, Bildhauer Karl F. Hofeditz und Grafiker Norbert Grimm.

Auf der Galerie im alten Gaswerk hängen drei riesige Bilder der Malerin Bat-Amagan Orsoo (39), die derzeit durch Indien reist. Auf einem Gemälde sind zwei Frauen von seltsamen Schriftzeichen umgeben, auf dem zweiten sieht man nur noch Augen, das dritte ist fast völlig gelb übermalt. Die Arbeiten sind figürlich, abstrakt und symbolisch zugleich, viele Teile der Bilder sind verwischt oder mit farbigen Zeichen versehen (siehe Foto).


Eine Besucherin ist fassungslos, weil aus einem Auge zwei Tränen rinnen. Doch dieser vermeintliche Kitsch wird schnell aufgelöst, als Museumsleiter Günter Liebau die Tableaus erläutert. Die Künstlerin widme sich der Darstellung menschlicher Figuren in ihren kulturellen, religiösen und sozialen Zusammenhängen. Guatemala werde von Mafiabanden terrorisiert, Mörder ließen sich für jedes ihrer Opfer eine Träne tätowieren. Orsoo malt Bilder mit ersten Eindrücken nach ihren ausgedehnten Reisen, die sie später weiterbearbeitet.


Ihre Werke lassen genügend Raum für eigene Fantasien der Betrachter. Es scheint (ganz ohne Wertung!), als wollte die Jury mit ihrer Entscheidung für Orsoo dem Publikumspreis an Nikolai Lagoida (50) etwas „Modernes“ entgegensetzen. Der Maler wurde in Russland in altmeisterlichen Maltechniken ausgebildet. Nach künstlerischen Versuchen mit magischem Realismus und Abstraktionen kehrte er wieder zur traditionellen russischen Malerei zurück. „Aber das sind nicht nur Abbildungen“, meint er, „die Menschen in den Bildern haben ihre Geschichten.“ Die mehrschichtig aufgetragenen Malereien spiegelten seine Weltwahrnehmung, erläuterte Liebau, und seien von den ewigen Fragen des Lebens inspiriert.  


Bildhauer Karl F. Hofeditz (68) wurde für seine eigen-artigen bildhauerischen Werke ausgezeichnet, die Jury lobte die „fast sakrale archaische Ausdrucksstärke“ seiner Arbeiten. Von der Schmuckgestaltung hat sich der gelernte Goldschmied völlig entfernt. Seine oft großen, abstrakten und kraftvollen Objekte sind erstaunlich leicht, weil sie nicht aus Eisen gegossen oder geschweißt werden. Stattdessen fertigt sie der Künstler durch Erhitzen, Hämmern und Löten unterschiedlicher Metalle, handwerklich kommt hier noch der alte Goldschmied durch.


Grafiker Norbert Grimm (55) wusste nichts von seinem Glück und war vor der Vergabe des Sonderpreises nicht zu erreichen. Seine „beeindruckende Druckgrafik“ befremdete dann doch einige Besucher, denn die drei futuristisch und dynamisch anmutenden Gebilde wirkten recht unspektakulär. Die von ihm angestrebte „Be- und Entschleunigung einander bedingte Vorgänge“ überzeugte aber die Jury.

 

Hintergrund
Für die Ausstellung „Hünfeld + 100“ bewarben sich 161 Künstlerinnen und Künstler aus einem Umkreis von etwa 100 km (daher der Titel), 50 von ihnen wählte die Jury aus, ganz zufällig jeweils 25 Frauen und Männer. Angesichts des sehr hohen Niveaus der ausgestellten Exponate hat die Jury drei Auszeichnungen vergeben, die aus Einzelausstellungen im MMA und „einem Taschengeld“ (Liebau) bestehen. Der Träger des Publikumspreises bekommt ebenfalls eine Einzelausstellung. Die Publikumsentscheidung für ihn war sehr deutlich, von fast 600 abgegebenen Stimmen bekam er 139.


Foto: (c) Hanswerner Kruse

Info:
Die Ausstellung ist noch bis zum 22. Januar 2017 donnerstags bis sonntags von 15 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung geöffnet.

www.museum-modern-art.de
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