Auf der Biennale von Venedig 2017, Teil 1
Hannah Wölfel & Hanswerner Kruse
Venedig (Weltexpresso) - Samstag war der feierliche Beginn der 57. Biennale. Der offene kanadische Pavillon besteht nun aus sprühenden Wasserfontänen. Vor drei Tagen lag dort zwischen vielen Zuschauern ein Mann und steckte seinen Kopf in ein Loch im Boden. Doch das war kein Performancekünstler, sondern ein Handwerker. Bei den Ägyptern schraubten Männer unermüdlich goldene Platten an ein Gestell und sogleich wieder ab. Wenig später tanzte daneben eine orientalische Schönheit, deren weites weißes Kleid mit Skelett-Puppen behängt war. Die letzten technischen Arbeiten überschnitten sich mit den Eröffnungen der Pavillons.
Pressevorschau nannte sich das tagelange Gewimmel im Giardini, dem riesigen venezianischen Park, in dem viele Nationen ihre festen Gebäude besitzen. Doch Tausende von VIPs, Galeristen, Künstlern und Politikern drängten sich zwischen den Presseleuten. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) eröffnete Mittwochnachmittag das Gesamtkunstwerk Anne Imhofs und plädiert für die Freiheit der Kunst.
Frühmorgens hatten wir die Pressekonferenz verpasst, doch die sei „ein Tsunami der Presse“ gewesen, erzählte uns eine Info-Frau. Nach der offiziellen Eröffnung bildete sich eine endlose Menschenschlange, um die Arbeit Imhofs zu erleben. Wir schauten uns dann lieber Werke in schlangenlosen Pavillons an, nutzten etwa Erwin Wurms (Österreich) One Minute Sculptures, die wir schon aus Berlin und Bangkok kannten. Oder steckten unsere Köpfe durch ein japanisches Objekt.
Der Andrang bei Imhof war am nächsten Morgen geringer, aber in dem von außen verglasten, wuchtigen nationalsozialistischen Gebäude konnte man fast nichts sehen. Mit etwa einhundert Zuschauern war das Haus völlig überfüllt, ab und zu sah man, zwischen der Phalanx der fotografierenden Smartphonehalter, verhuschte Gestalten sich zu dröhnenden oder schrillen Klängen bewegen. Das Werk symbolisiert unter anderem die Trennung der Teilnehmenden und Ausgeschlossenen. Aber wir und viele andere Besucher fühlten uns von den Ausgeschlossenen ausgeschlossen. Auch die für Imhofs Inszenierung so wichtigen Hunde hatten heute frei. Viele Besucher gingen empört, eine Frau murmelte, das seien „des Kaisers neue Kleider“. Wir sind etwas vorsichtig, werden uns in der nächsten Woche einige Stunden Zeit für ihren „Faust“ nehmen. Bis dahin lassen wir uns im Giardini und im Arsenali treiben, in dem es genug Aufregendes und nicht nur Gefälliges und Schönes zu entdecken gibt.
Mittlerweile haben die beiden Fuldaer Anne Imhof und Franz Erhard Walther Goldene Löwen bekommen. Darüber schreiben wir morgen mehr...
Foto: Franz Erhard Walther mit seinem Goldenen Löwen (c) hwk