Was es mit den Bauern- und Wetterregeln auf sich hat, Teil 1
Sybilla von Suden
Hamburg (Weltexpresso) – Man glaubt es nicht und weiß es erst, wenn man es erlebt: wie Bauern- und Wetterregeln auch heute unser Leben bestimmen. Denn heute ist der 12. Mai, nach dem Heiligenkalender der Gedenktag des Heiligen Pankratius. Wer so heißt, hat heute Namenstag.
Wer sind die Eisheiligen
Dieser Herr Pankratius wurde um 290 in Phrygien geboren, was in der heutigen Türkei liegt, und starb als Märtyrer 304 in Rom. Aber er wurde gar kein ausgewachsener Herr, weil er noch ganz jung mit 14 Jahren vom römischen Kaiser erfaßt wurde, als er verfolgten Christen half, was 'Kopf ab' bedeutete, aber auch den anschließende Heiligenstatus bedeutete! Ihn erwischt die Anrede als Eisheiliger und Kalter Herr vom Datum her, aber gleichzeitig gilt er auch als Patron der Kinder und ebenso als Fürsprecher für die junge Saat und Blüte. Ein durchaus dialektischer Geselle also.
Aber kalt - und zwar so unangenehm naßkalt bis unter die Haut - war es schon gestern. Das war die Schuld des Mamertus, dessen Gedenktag der 11. Mai ist. Der war ein französischer Bischof, der um 400 in Vienne geboren und etwa 475 dort auch gestorben sein soll. Der hatte zwar viel Streit mit seinem Papst Hilarius, aber er mußte kein Märtyrer werden, sondern starb natürlich und wurde heilig gesprochen. Er war den Hirten besonders zugetan und auch der Feuerwehr. Wenn er gewußt hätte, welch Unbill sich heute mit seinem Namen schmückt.
Und morgen am 13. Mai kommt Herr Servatius vorbei, auch er ein kalter Gesell, aber auch ein echter Märtyrer und zugleich ein echter Bischof! Er soll der Sohn jüdischer Eltern aus Armenien gewesen sein, den ein Engel an die Hand nahm und von Jerusalem nach Tongeren – der ältesten Stadt des heutigen Belgiens, einst römisch - führte. Dieser Engel streifte ihm den Bischofsring über und übergab den Bischofsstab des Vorgängers , woraufhin er so manches Wunder tat. Das gefiel den Hunnen und anderen Feinden nicht, die ihn vertrieben, woraufhin er in Rom um Asyl bat. Seinen Tod, das Erschlagen durch einen Holzschuh, sah er aber voraus, weshalb er zum Sterben nach Maastricht wollte, was am 13. Mai 384 dann dort geschah. Daß ausgerechnet er, der Kalte Herr, Märtyrer und Bischof, der Patron für Frostschäden ist, ist nun gar der Dialektik dann doch zu viel.
Mit dem Servatius am 13. Mai ist dann für den Norden Schluß, sagen die Regeln und man kann sich auf den Sommer vorbereiten und endlich Sämereien in die Erde bringen und die empfindlichen Pflanzen auch. Wie gesagt, gilt dies aber nur für den Norden.Denn im Süden bleibt es nicht nur länger kalt, sondern fängt die Kälte auch später an, denn in den dortigen Wetterregeln kommt der Herrn Mamertus gar nicht vor. Als Eisheiligen kennen sie ihn nicht persönlich, höchstens als Bischof und Heiligen mit seinem Namenstag.
Im Süden geht’s eigentlich erst heute los. Pankratius führt die Gesellschaft an, zu dem sich nach dem Servatius auch noch der Bonifatius gesellt. Ja, wie Bonifatius, derjenige, der die Deutschen christianisierte, der Apostel der Deutschen, zu Hause in Fulda, spielt eine so üble Rolle? Aber nein, unser deutscher Bonifatius – natürlich war er wie die anderen Missionare aus Engeland gekommen – lebte erst 673 bis zum Jahr 755, wo er von den Friesen erschlagen wurde. Alle Eisheiligen entstammen aber dem 3. und 4. Jahrhundert, als der Heiligenkalender sich konstituierte.
Der gestrenge Eisheiligen-Bonifatius war erst ein junger Römer und wurde auf der Suche nach Reliquien christlicher Märtyrer in Sizilien selber einer. Wir sind mit ihm im am Anfang des vierten Jahrhunderts, kümmern uns aber um ihn jetzt nicht weiter, weil wieder einmal eine Frau das letzte Wort hat: Sophie.
Der Kältereigen im Süden schließt also mit Sophie ab. Mamsell Kalte Sophie hat einen berüchtigten Ruf. Allerdings nur im Süden, denn im Norden ist sie nur die aus dem Heiligenkalender, die in Rom geboren wurde und dort zwanzigjährig 304 starb.Wir sind in der Hochzeit der Christenverfolgung. Derzeit ist Diokletian dran und seine Schergen mordeten sie. Daß ausgerechnet sie zur Eisheiligen wurde, obwohl sie die Patronin gegen die Spätfröste und für das Wachstum der Feldfrüchte ist, gehört zu den Ungereimtheiten des Lebens. Und zu den Ungerechtigkeiten, daß man in Norddeutschland die Kalte Sophie gar nicht zur Kenntnis nimmt.
Warum es da Unterschiede von Nord nach Süd gibt. Ganz einfach. Das Wetter zieht von Nord nach Süd. Die Kälte also auch. Und deshalb ist sie, wenn sie im Süden mit der Sophie als Letzter ankommt, im Norden schon vorbei. Fortsetzung folgt.