schwarz1 1050007...Jahre nach der Flucht (2)

Clas Röhl & Hanswerner Kruse

Frankfurt/Schlüchtern (Weltexpresso) - Aiyana D. ist eine 29-jährige Krankenschwester aus Äthiopien, die einige Jahre in Schlüchtern lebte, mittlerweile aber in Maintal wohnt und in der Frankfurter Altenpflege arbeitet. Jetzt wurde ihr Asylantrag abgelehnt.
Bereits in Schlüchtern besuchte die junge Frau   Deutschkurse und bemüht sich seitdem um ihre Anerkennung als Asylsuchende. In der Heimat engagierte sich Aiyana politisch für mehr Demokratie und Menschenrechte. Daraufhin wurde sie verhaftet und im Gefängnis in Addis Abeba drangsaliert und misshandelt (über Details spricht sie verständlicherweise nicht). Sie floh nach Deutschland, aber hier wird ihre Ausbildung als Krankenschwester nicht anerkannt. Bei der überstürzten Flucht konnte sie keine schriftlichen Nachweise über ihre Ausbildung und Berufstätigkeit mitnehmen; Papiere lassen sich nicht nachträglich besorgen.

Vor gut drei Jahren zog sie nach Maintal und arbeitet seitdem in Frankfurt in der privaten ambulanten Altenpflege. Sie ist dort beliebt und erfolgreich, wird aber aufgrund ihrer fehlenden Unterlagen sehr schlecht bezahlt. Keine Institution ist bereit, sie ohne die erforderlichen Nachweise als Krankenschwester oder Altenpflegerin anzustellen. Auch eine Ausbildung ist ihr dadurch verwehrt. Dennoch ist sie zufrieden, freut sich, dass sie ihr eigenes Geld verdient, niemandem zur Last fällt und „den Deutschen etwas zurückgeben kann“, wie sie sagt.

Vor kurzer Zeit wurde ihr Asylantrag in Frankfurt abgelehnt, weil sie eine - als unerbittlich bekannte - Richterin nicht von ihrer brutalen Verfolgung in Äthiopien überzeugen konnte. Die Juristin zeigte keinerlei Interesse daran, wie wichtig Aiyana derzeit in der Altenpflege ist.

Fragen an Clas Röhl:
Der Deutsch-Schwede Clas Röhl (67) unterstützt uns mit Informationen aus seiner Arbeit und kommentiert die angesprochenen allgemeinen Probleme der asylsuchenden Menschen.

Einige Geflüchtete wollen nicht mit uns sprechen?
Bei Aiyana ist die Ablehnung ganz frisch, sie weiß nicht wie es weitergeht und sagt: „Ich habe Angst. Das mit dem Asyl verstehe ich nicht so, es ist so kompliziert, ich will doch nur eine gute Arbeit hier tun!“ Sie hatte ernsthafte politische Gründe für ihre Flucht und fürchtet sich wieder ins Gefängnis zu kommen. Sie sorgt sich, jetzt abgeschoben zu werden, darum wollte sie nicht mit ihrem Bild und Namen in die Zeitung kommen.

Wird sie abgeschoben?
Eher nicht, ihr wird wohl weiterhin eine „Aufenthaltsgestattung“ erteilt, was jedoch ein unsicherer Status ist. In Gesprächen mit Asylsuchenden fällt auf, dass eine offenbar nicht unbegründete Furcht vor „Spitzeln“ aus der Heimat besteht, die Erkenntnisse über Landsleute an Behörden zuhause weiterleiten.

Aiyana wird hier gebraucht und geschätzt, gerade Altenpflegerinnen werden doch gesucht?
Das ist ein skandalöser Widerspruch. Als Gesellschaft möchten wir, dass mehr Menschen Pflegeberufe ergreifen, eine Richterin jedoch verwehrt ihr ein Aufenthaltsrecht, das es ihr erlaubt, ohne Sorgen ihrem Beruf nachzugehen.

Foto:
Montage Hanswerner Kruse

Info:
Zu "Jahre nach der Flucht" Teil 1 (Die Stadt ist meine Heimat geworden)