Rückkehr ... als Medienberater - Teil 3/3

Klaus Jürgen Schmidt

Nienburg/Weser (Weltexpresso) – Im Mai und Juni 2005 hatte ich an der Königlichen Universität von Phnom Penh für einige Wochen als „Senior-Experte“ mit Medienstudenten zu erörtern, ob und wie in Kampuchea lokaler Rundfunk eingeführt werden könnte. Es traf sich, daß ich genau 25 Jahren zuvor mit dem Freund und Kollegen Michael Geyer hier war.

Am Rande meines Lehrauftrages stellte ich mir die Frage: Würde ich bei meinen Studenten Interesse am Schicksal von Menschen wecken können, die vor 25 Jahren mit einem Bambusfloss heimkehrten in diese Stadt, von den “killing fields” Pol Pots?

Ich bummle am hohen Ufer des Tonle Sap entlang. Ein Elefant mit Reiter kommt mir entgegen – Touristen-Attraktion. Schick ist die Promenade geworden, doch hinter‘m Deich liegen noch immer kleine Boote mit Dächern aus Palmenblättern – Erinnerung an das Floss der Zehn da unten vor 25 Jahren. Und ich sitze hier mit meinen Erinnerungen an den Freund Michael, der mir half, das Bambusheim der Zehn als „Floss für Europa“ nach Bremen zu schaffen.





Die meisten jungen Leute auf der Bummelmeile haben in den letzten zehn Jahren gelernt, Englisch zu sprechen, sie waren noch nicht einmal geboren, als das Floß da unten lag. Und die paar Älteren hier? Sie können noch das Französisch aus der Zeit vor Pol Pot, aber die Fotos von den Floß-Menschen helfen mir bei ihnen nicht weiter.






Drei meiner Studenten kommen abends ins Hotel, um sich das Video anzusehen. Der Kommentartext wird übersetzt von einem Mann, der sein Deutsch noch in der DDR gelernt hat. Mom Saroeun arbeitet im Büro der Konrad Adenauer Stiftung in Phnom Penh. Jetzt fasst er den Inhalt des Films in der Khmer-Sprache zusammen.

 
 


Und die Studenten bereiten sich mit Notizen vor, um am nächsten Morgen ihren Kommilitonen die Bilder zu erklären, die im multimedialen Übungsraum mit einem Video-Beamer auf die Leinwand projiziert werden
Ich erfahre aus der neuen Übersetzung, daß die Zehn vom Floss Überlebende von vier, nicht von drei Familien waren. Die Studenten haben das Original-Khmer verstanden, das noch unter der deutschen Synchronisation zu hören ist.



Kim Molyda und Bunlea haben die Initiative übernommen.
Aber wird es ihnen möglich sein, jemanden von damals in dieser Stadt wiederzufinden?
Ich gebe Kim Bilder, die vielleicht zur Identifizierung helfen können. Ein paar werden später im Fernsehen gezeigt. Aber die kambodschanischen Medien scheinen nicht wirklich interessiert an solchen Nachforschungen. Kim gelingt es nicht, eine Kopie des Filmes beim Fernsehen unterzubringen.
 
 

Die Konrad Adenauer Stiftung hat am Ende meiner Mission einen nationalen Workshop in einem Luxushotel der Hauptstadt organisiert. Dabei treffe ich auch Kambodschas Informationsminister Khieu Kanharith. Dem erzähle ich in einer Teepause von den Erlebnissen vor 25 Jahren, und als ich den Mann erwähne, der damals half, eine Wohnung für die Floßleute zu finden, klickt es bei ihm: Chum Bun Rong? ... Das war ein Schulfreund von mir, sagt der Minister, heute sei er Chef des Kambodschanischen Sozialfonds.



Und am nächsten Morgen hat ihn der Minister zu mir ins Hotel geschickt. ...
Schon damals, als er den Floßleuten kurzfristig zu einer Wohnung verhalf, habe er mit Misstrauen bei den Behörden kämpfen müssen, sagt Chum Bun Rong. ... Das sei jetzt noch schlimmer geworden, weil der regierungs- und parteiunabhängige Sozialfonds Hunderten von Dorfgemeinschaften unbürokratisch ausländische Finanzhilfen für Straßen- und Brückenbau, für Krankenstationen, oder für Schulen vermittelt habe.

Chum Bun Rong verabschiedet sich mit einem Lächeln, tatsächlich ist er verbittert, weil Misstrauen und Korruption im eigenen Umfeld jetzt fremden Mächten freies Spiel lasse, die Entwicklung seines Landes nach ihrem Gutdünken zu lenken.

Und ich bleibe zurück mit einer Erinnerung an den Freund Michael, der dabei war, als Chum Bun Rong seine ersten Erfahrungen mit Ausländern machte – damals vor 25 Jahren.