Hermann Rebmann an der Nagold Foto ZollerFischereiwart in Bad Liebenzell

Sabine Zoller

Bad Liebenzell (Weltexpresso) - Seit einem viertel Jahrhundert wacht Hermann Rebmann sorgsam als ehrenamtlicher Fischereiwart über das fließende Gewässer an der Stadt Bad Liebenzell, das sich mittlerweile zum Mekka der Fliegenfischer entwickelt hat. Rebmann, selbst leidenschaftlicher Verfechter des eleganten Angelstils, der für viele zur Königsdisziplin des Fischens zählt, ist dafür jährlich über 500 Stunden an der Nagold im Einsatz.

Seit knapp 50 Jahren fischt Rebmann mit der Fliegenrute und zählt seit 2000 zu den ausgewiesenen Fliegenfischer-Spezialisten die weltweit die anspruchsvolle Prüfung der Federation of Fly Fishers (FFF) – zu deutsch, der Vereinigung der Fliegenfischer, absolviert haben und als Lehrer tätig sind. Lediglich in zwölf europäischen Staaten gibt es solche Ausbilder, die zudem in allen wichtigen Bereichen der Fliegenfischerei bis hin zum Gewässerschutz aktiv sind. „Grundwasser ist ein wesentliches Element des Naturhaushaltes und für Bad Liebenzell eine der wichtigsten Trinkwasserressourcen“, so Rebmann, der in den Sommermonaten auf seinen täglichen Rundgängen an der Nagold akribisch darauf achtet, dass der Fluß in seiner natürlichen Beschaffenheit erhalten und von Verunreinigungen frei bleibt. Dabei richtet sich sein Hauptaugenmerk zudem auf den Erhalt der ufernahen Lebensräume, wovon Fisch und viele andere Tier- und Pflanzenarten profitieren.


Eintagsfliegen treffen sich zum Hochzeitstanz

Insbesondere im August ist höchste Aufmerksamkeit gefordert, denn dann schlüpfen in der Dämmerung millionenfach die sogenannten „Augustfliegen“. Ein Naturschauspiel, das Rebmann mit dem bärenstarken Spektakel von Lachsen vergleicht, die Grizzlybären fast zur selben Zeit in Alaska aus den Flüssen fischen. „Im Schwarzwald sind die Fliegen das Festmahl für die Forellen, die aus purer Jagdlust aus der Nagold springen“, so Rebmann, der 1997 an der schnell fließenden Nagold die „Oligoneuriella rhenana“ wiederentdeckte. „Das ist die Eintagsfliege, die einst am Rhein massenhaft zu finden war“, so der Fachmann der darüber berichtet, dass diese Fliege seit den 1970-er Jahren als ausgestorben galt. Weil aber Oligolarven einen hohen Anspruch an den Sauerstoffgehalt des Wassers stellen, vermehren sie sich mittlerweile in der Nagold in ganz besonderem Maße. Diese Fliegen leben nur für die Fortpflanzung und bieten bei ihrem Hochzeittanz auf dem Wasser ein Spektakel das einem Schneegestöber gleicht. „Wenn sie schwärmen, verbrauchen sie all ihre Energie und wenn die Weibchen nach der Kopulation hunderte befruchtete Eier abgelegt haben – dann sterben sie.“ Aus den Eiern schlüpfen Larven, die oft bis zu zwei Jahre im Wasser bleiben, und Algen fressen, um zu wachsen. Wenn sie schließlich an die Wasseroberfläche kommen und Flügel anlegen locken sie zu ihrem Hochzeitstanz auch Fliegenfischer aus der ganzen Welt nach Bad Liebenzell.

„Im August werden hier die Plätze für Angler rar“, weiß Rebmann zu berichten, der lachend hinzufügt: „Manch einer aus den Niederlanden oder der Schweiz sichert sich daher für diese Zeit schon ein Jahr im Voraus die begehrten Anglerkarten.“ Wenn die Fische auf Jagd nach ihren Leckerbissen, der „Oligoneuriella rhenana“ schnappen, stehen die Fliegenfischer im Wasser und ködern die Forellen mit einer naturgetreu nachgebildeten Kunstfliege.


Fischwilderei wird geahndet

„Ängstlich darf man nicht sein“, berichtet Rebmann über seine Erfahrungen bei der Fahndung von Fischwilderern. Der 1,80 Meter große Fischereiwart hat eine durchtrainierte, sportliche Statur, war er doch in seinen Jugendjahren viel mit dem Fahrrad unterwegs und 1954 sogar Württembergischer Straßenmeister. Mittlerweile kann der 83-jährige über eine Fülle an Erlebnissen berichten, die es wert wären als Lektüre, spannend wie ein Krimi niederzuschreiben.

Für sich selbst schwingt er die Angelrute in der Nagold meist nur noch zum Entspannen. Dann allerdings landet sein selbst gebundener Fliegenköder zielgenau vor dem Maul einer Forelle. „Die sehe ich schon von Weitem an den Wasserringen“, so Rebmann, der mit Ködern ohne Wiederhaken fischt und daher die kleinen Bach- und Regenbogenforellen schont, die angebissen haben. „Die werden wieder in den Fluss entlassen, damit sie wachsen und weiter in ihrem Element leben können.“

Foto:
Hermann Rebmann an der Nagold
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