9843 Monika Amann on Tour Foto ZollerWaldbaden - Wohltat für Körper, Geist und Seele

Sabine Zoller

Bad Herrenalb (Weltexpresso) - „Waldbaden ist nicht nur ein Modewort“, erklärt die gebürtige Herrenalberin, die sich seit Kindesbeinen an mit dem Wald in unberührter Natur beschäftigt und mittlerweile als ausgebildeter „Schwarzwaldguide“ Menschen in der Region begeistert.  „Waldbaden gibt unserer modernen Gesellschaft die Legitimation sich unter Bäumen entspannen zu dürfen“, so ihr Credo.

Insbesondere in Zeiten wie diesen nennt sie fünf wichtige Gründe, um den Wald als Erholungspotential rund um die Uhr und ohne Eintrittsgeld zu nutzen: „Das Einatmen der würzigen Luft stärkt das Immunsystem, hilft gegen depressive Verstimmungen und hilft bei psychischer Stressbelastung. Der Wald schützt uns vor chronischen Krankheiten, wirkt dem Herzinfarkt entgegen und bietet die beste Basis um unser inneres Gleichgewicht zu finden.“ Auf Basis historischer Grundlagen beschreibt Amann ihre Heimat, die von der Entwicklung her zeigt, dass „Waldbaden“ vor fast zwei Jahrhunderten den Grundstein zur Gründung des Kurbetriebes in Herrenalb legte. 1840 eröffnete Dr. Philipp Friedrich Weiss die Kaltwasserheilanstalt „in der romantischen Lage des Thales“, weil sich schon damals Bewegung und gesunde Kost stärkend „auf Geist und Körper“ auswirkten.

Bereits 1865 ist in einem Brief aus der Kaltwasserkur mehr über den Zweck des Kuraufenthaltes zu erfahren, bei dem ein Arzt den stärkenden Tannenduft des Schwarzwalds als Luftkur verordnet. „Die Luftkur“, so berichtet der Schreiber H. von einst, „besteht nämlich darin, dass man Hut und Stock zur Hand nimmt und den ganzen Tag, soweit nicht anderweitige Verrichtungen es verhindern, in den duftenden Tannenwäldern herumstreift, die man hier nach allen Seiten hin mit wenigen Schritten erreichen kann. Dabei muss man freilich Mund und Nase aufsperren, d.h. man muss die herrliche Luft mit vollen Zügen einatmen.“

Neues für sich selbst entdecken

Tatsächlich ist der Wald auch die Keimzelle der Herrenalber Klostergründung. Mitten in der Wildnis suchten sich die Zisterzienser einen Platz aus, wo sie ihre Ruhe hatten. „Daraus hat sich der Ort entwickelt, der mich so sehr fasziniert“, erklärt Amann, die sich bei Ihrer Ausbildung zum Schwarzaldguide zusätzlich als Landschafts- und Naturführer zertifizierte. Auf die Frage „Warum haben sich die Mönche hier niedergelassen?“ musste sie sich zunächst mit dem Thema Geologie und Landschaft beschäftigen. Mehr als 120 Unterrichtseinheiten sowie zahlreiche Exkursionen absolvierte sie sich nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Arbeitsleben ganz bewusst rund um das Thema Natur und Wald.

Der Wald als Basis für die Nahrungsgrundlage galt nicht nur für die Menschen im Mittelalter. Noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts war der Wald mit Wildbret unentbehrlicher Lebensraum und bot Waldweide und Laubheu für die Viehwirtschaft sowie Holz für Köhler und Pottaschesieder. Während noch zu Beginn des Kurbetriebes der Fokus auf dem Kaltwasserbad basiert, lobte im Zuge der Industrialisierung nur ein knappes halbes Jahrhundert später der ortsansässige Stadtpfarrer den Ort Herrenalb als Erholungsraum.

In seinem Reiseführer spricht er „Menschen aus dem mörderischen Bannkreis“ rund um „qualmende Schornsteine und Gewerbebetriebe“ direkt an, weil das „Gefahr und Schaden für die Gesundheit mit sich führt“. Herrenalb wird als „Paradies“ im nördlichen Schwarzwald gepriesen und hat nach Aussage von Monika Amann bis heute seinen Zauber dazu bewahrt. „Das Thema Natur ist für Bad Herrenalb nichts Neues, nur zwischenzeitlich sind die positiven Auswirkungen eines Waldaufenthalts durch wissenschaftliche Studien belegt.“ 

Ein Spazierganz im Wald, so Amann, harmonisiert Puls und Blutdruck, baut Stresshormone ab und stärkt das Immunsystem. Ihr Fokus gilt dabei gezielt einer Rückeroberung des Waldes. „Bei meinen Touren im Wald lasse ich meine Teilnehmer auch Bäume umarmen, barfuß durch das Gras und den Bach gehen, um somit Berührungsängste abzubauen“. Waldbaden ist für Sie nichts anderes, als Menschen, die sich Ihrer Meinung nach viel zu weit von der Natur entfernt haben, den Wald als Gesundheitsquell nahezubringen. Tatsächlich beschäftigt uns der Wald durch Mythen und Märchen als magischer Ort. Schon Kinder kennen die facettenreiche Literatur rund um Hexen, Feen, Unholde, Riesen und Zwerge. Doch dessen ungeachtet zählt für Monika Amann die schier unendliche Vielfalt der Natur. Die wechselnden Schönheiten von Flora und Fauna zu unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten sind ein Erlebnis, das sie als ausgebildete Pädagogin in ihren Wanderungen rund um Herrenalb vielen Menschen aus nah und fern vermitteln konnte. Knapp 150 Teilnehmer haben im vergangenen Jahr ihre Touren- oder Kursangebote gebucht, um ohne Handy im Wald „abschalten“ und aufatmen zu lernen.

„Waldbaden ist mehr als nur ein Spaziergang“, betont Amann, die kopfschüttelnd das sich spontan aufdrängende Bild eines Bademeisters verscheucht, der einem Badenden im Wald das Handtuch reicht. „Wir tauchen ein in die Natur des Waldes, und entdecken mit allen Sinnen die Bäume, Sträucher, Moose und Gesteine, was sich schlussendlich positiv auf Gesundheit und Psyche auswirkt“. Amann, die sich nach ihrer Ausbildung bei der Sparkasse in Bad Herrenalb längere Zeit als Geschäftsführerin der Siebentäler Therme mit dem Thema Wellness beschäftigt hat, ist sich sicher, dass mit der Wiederentdeckung des Waldes die Achtsamkeit der Menschen im Umgang mit sich und der Umwelt steigt. „Die intensiven Aktivitäten beim „Abenteuer Walderlebnis“ entschleunigen in der Natur.“  Für Amann sollen Waldbesucher nicht nur eine Energiereserve mit nach Hause nehmen, sondern mittels „Waldbaden“ eine dauerhafte Selbstveränderung zum Ziel haben. Weil durch die Corona Krise keine Erlebnistouren angeboten werden können, empfiehlt sie als Schwarzwaldguide den Wald durch kleine Erkundungstouren für sich selbst zu entdecken.

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