IMG 8846 Foto ZollerZiegen als „Naturheckenmäher“ im Einsatz

Sabine Zoller

Bernbach (Weltexpresso) - Meike Eklund ist mit ihren "Naturheckenmähern“ ehrenamtlich auf über 25 ha rund um die Gemarkung Bernbach unterwegs. Mit insgesamt 29 Ziegen und 14 Kamerunschafen hält sie Naturschutz- und Biotopflächen, unzugängliches Grünland ebenso wie steile Gärten im Ortskern frei und ist sogar auf dem Golfplatz in Bad Herrenalb ein gern gesehener Gast mit ihren 43 Vierbeinern.

IMG 8310. Foto Zoller Meike EklundJPGZiegenherde in Bernbach

Die Ziegenherde, die nach eigenen Aussagen binnen 18 Monaten „unerwartet schnell auf fast dreißig Tiere angewachsen ist“, liegen der promovierten Agraringenieurin am Herzen, denn mittlerweile möchte sie keines der Tiere mehr missen. Die passionierte Reiterin, die zeitlebens auf der Höhe in Bernbach zu Hause ist beschäftigt sich seit drei Jahrzehnten mit den Wiesen und Weiden rund um ihren Heimatort. „Die Ernährung von Tieren auf Grünland habe ich mir selbst angeeignet, denn ein Studium alleine reicht nicht aus, wenn man die Praxis nicht kennt.“


Eine bunte Mischung verschiedener Rassen

Um unliebsame Brombeersträucher und den für Menschen giftigen Bärenklau auf den Weideflächen einzudämmen, kam Eklund auf die Idee, Ziegen einzusetzen. „Die Faustregel besagt drei Ziegen fressen etwa so viel wie ein Islandpferd“, erläutert Eklund, die das, was ihre Islandpferde nicht fressen durch eine Handvoll Ziegen abgrasen lassen wollte. Mit einem Blick auf diverse online-Portale war schnell der erste Kauf von Weidemanagern getätigt. In diesem Fall blieb den vier bunten deutschen Edelziegen sogar der Gang zum Schlachthof erspart. Dann folgten fünf Buren-Ziegen aus der Weilheimer Region, weil der Halter die Tiere beim Umzug nicht mitnehmen konnte. Doch diese Aktion hatte Folgen. „Ich bekam Anrufe, ob ich weitere Ziegen aus einer Hinterlassenschaft übernehmen könnte.“ Durch einen Todesfall gab es im Sauerland eine Notlage, weil sich die Witwe nicht um die Tiere ihres verstorbenen Mannes kümmern konnte. Eklund zeigte Herz und so ergänzten nun als seltene Exemplare einer Schweizer Rasse neun Toggenburger Ziegen ihre Herde. Gemeinsam mit den drei „Corona-Flüchtlingen“ Edeltraud sowie den Zwergziegen Rosi und Eddi, die von einem Gnadenhof aus Karlsruhe stammen und auf Grund der Pandemie von deren Besitzer nicht mehr gehalten werden konnten, ist die Herde mittlerweile auf eine  bunte Mischung von 29 Ziegen angewachsen.


Neue Herausfoorderungen

IMG 8306 Foto Zoller Meike EklundDoch damit verbunden war die Ziegenhalterin vor neue Aufgaben gestellt. „Wer glaubt, dass Ziegenhaltung einfach ist, wird schnell eines Besseren belehrt“, so der Tenor von Eklund, die sich nicht nur sachkundig machen musste, sondern zudem eine immer größere Schar an freiwilligen Helfern benötigt, um diese Arbeit zu meistern. Denn auch Ziegen brauchen Pflege. Klauen müssen geschnitten werden, damit sie gesund bleiben und zum abwechslungsreichen Weideland ist ein sicherer Zaun das absolute „must have“, damit sie zum einen vor dem Wolf geschützt und sich zum nich t selbständig machen können. Unterstützt wird Eklund von Freunden wie Katharina Kunz, Barbara König-Reich und Denis Reich aus Bernbach, die beim Errichten des Weidezauns ebenso wie beim Füttern und „umziegen“ helfen, was so viel bedeutet wie „die passen auf, dass keine Ziege auf dem Weg von einer Weide auf die andere im Wald verloren geht“.  Als Nebenerwerbslandwirtin erhält, saniert und verbessert Eklund das Grünland und die Weideflächen ohne Benzin und stinkende Abgase von brüllenden Freischneidern oder Balkenmähern.



Auch auf dem Golfplatz zu Gast

Mit großem Appetit machten sich die Paarhufer an den gepachteten und überlassenen Grünflächen im Bernbachtal zu schaffen, so dass sich Eklund auf die Suche nach weiteren Weideflächen machen musste. Denn ihre Ziegenherde, die dornige Sträucher und unwegsames Gelände liebt, vertilgt je nach Bewuchs bis zu einem Hektar Weidefläche pro Woche.  „Zunächst habe ich mich umgeschaut, um Mindestflurflächen zu beweiden, die Landwirte nicht mehr mit der Maschine betreiben können, weil allein mechanisch die Offenhaltung nicht durchführbar oder rentabel ist“, so Eklund, die  ihre „Naturheckenmäher“ zudem dem nahegelegenen Golfclub Bad Herrenalb-Bernbach e.V. vorstellte. Ein genialer Schachzug, denn  dort gibt es rund um die Spielfläche genügend unwegsames Gelände, das die Ziegen nun durch eine nachhaltige und schwerpunktmäßig an landwirtschaftlicher Nutzung orientierten Landschaftspflege beweiden können. „Seit knapp einem Jahr grasen jetzt meine Ziegen abseits der bespielten Bahnen auf dem Golfplatz und verhindern damit das Zuwachsen von Talabschnitten, die wichtige Funktionen für das regionale Klima und die Pflanzen- und Tierwelt erfüllen“, berichtet eine sichtlich zufriedene Meike Eklund.  Das Ergebnis sind offene Flächen, die eine ungehinderte Luftzirkulation ermöglichen, sowie einen freien Blick auf die angrenzenden Wälder bieten.


Werden die Vierbeiner zu Klimahelden?

Als besonders angenehmer Nebeneffekt bietet diese Nutzung auch dem Mikrokosmos von Insekten, Käfern und Krabbeltieren einen besonderen Schutz, da bei einem Einsatz von schweren Gerätschaften deren Lebensraum in der Regel mehr als gefährdet ist. Damit haben es die vierbeinigen „Naturheckenmäher“ von Meike Eklund bereits bis in die SWR Landesschau geschafft - doch nun wird auch noch der Titel „Klimahelden“ anvisiert. Denn aktuell sind  die „Naturheckenmäher“ in der Finalrunde eines Karlsruher online-Votings präsent, bei dem aktuell fünf Finalisten um den Titel „Klimahelden“ kämpfen.


Hier geht es zur Abstimmung
https://www.die-neue-welle.de/aktionen/klimahelden-2021-die-finalisten


Fotos:
Meike Eklund liebt ihre Naturheckenmäher und umsorgt ihre 43 Vierbeiner
©Sabine Zoller