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Leipzig/Berlin (Weltexpresso) – In den letzten 18 Monaten stand in der medizinischen Welt die Coronapandemie im Fokus. Die Konzentration lag vor allem auf der Versorgung der an COVID-19 Erkrankten. In anderen Bereichen wurden Untersuchungen – auch die zur Krebsvorsorge – vielfach abgesagt. Das Ergebnis zeigte sich bereits im ersten Sommer nach Beginn der Pandemie. Seitdem werden Gastroenterolog*innen und Endoskopiker*innen nicht müde, zu betonen, wie wichtig die Vorsorgekoloskopie ist. Zählt sie doch zu den wenigen Untersuchungen, die Krebs verhindern können.
Immer noch bestehen viele Missverständnisse im Zusammenhang mit Früherkennungskoloskopien. „Oft gehen Patient*innen davon aus, dass eine Darmspiegelung durchgeführt werden soll, um Krebs zu erkennen – was natürlich mit entsprechenden Ängsten verbunden ist“, sagt Dr. med. Ulrich Rosien, Vorsitzender der Sektion Endoskopie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) e. V. Tatsächlich aber dient die Vorsorgekoloskopie vor allem dazu, Vorstufen von Krebs zu entdecken, bevor diese bösartig werden. „Wir wissen, dass sich aus Ausstülpungen in der Darmschleimhaut, den sogenannten Polypen, über einen Zeitraum von ungefähr zehn Jahren Darmkrebs entwickelt. Diese werden bei einer Koloskopie entdeckt und entfernt – wir finden also meist keinen Krebs, sondern verhindern ihn“, erklärt der Endoskopiker.
Seit zehn Jahren ist die Früherkennungskoloskopie eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Männer ab 50 und Frauen ab 55 Jahren haben ein Recht auf zwei Vorsorgekoloskopien alle zehn Jahre. Seit 1. Juli 2019 werden gesetzlich Versicherte von ihrer Krankenkasse zur Darmkrebsvorsorge eingeladen. Zehn Jahre systematische Vorsorge haben bereits Wirkung gezeigt. So sank die Darmkrebssterblichkeit in diesem Zeitraum bei Männern ab 55 Jahren um fast 21 Prozent, bei Frauen dieser Altersgruppe sogar um mehr als 26 Prozent.
Doch in der Pandemie ist die Zahl der durchgeführten Vorsorgekoloskopien zurückgegangen. In der ersten Welle der Pandemie ist die Anzahl um ungefähr 45 Prozent gesunken. Vielfach fehlte in den Kliniken und Praxen Schutzausrüstung, Hygienekonzepte mussten erst ausgearbeitet werden. Auch sagten viele Patient*innen ihre Termine aus Furcht vor einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 ab. „Bei Vorsorgekoloskopien besteht keine erhöhte Ansteckungsgefahr. Das ist auch bei den Patienten angekommen. Seit Sommer 2020 steigt die Zahl der Koloskopien wieder“, erklärt Rosien.
Ein Anstieg der Darmkrebsmortalität aufgrund der verschobenen Vorsorgekoloskopien fürchtet der Gastroenterologe nicht. „Wir sind in der komfortablen Situation, dass in der Darmkrebsvorsorge einige Monate oder sogar ein Jahr nicht schwer ins Gewicht fällt – vorausgesetzt, alle verschobenen Untersuchungen werden nachgeholt“, betont der DGVS-Experte.
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Quellen:
https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Darmkrebs/darmkrebs_node.html
Die Darmkrebsvorsorge war auch Thema auf der Pressekonferenz anlässlich der Viszeralmedizin 2021. Das Programm und einen Link zur Aufzeichnung finden sie hier: https://www.viszeralmedizin.com/pages/presseveranstaltungen