Aufklärung durch: „TROMMELN IM ELFENBEINTURM“
Klaus Jürgen Schmidt
Norddeutschland (Weltexpresso) – Wofür steht KBW heute?
> KBW, das "Kommunale Bildungswerk", ist als eingetragener Verein in allen 16 Bundesländern aktiv als – wie es bei ihm heißt: "Partner für qualifizierte Personalentwicklung stehen wir seit 1991 für Kompetenz in beruflicher Fort- und Weiterbildung."
> KBW, die "Kinder-Bewegungs-Welt" ist eine Initiative in 100% Trägerschaft der Ev. luth. Abraham-Gemeinde in Bremen. ...
Noch was? ... In Bremen gab es mal eine ganz andere KBW-Gründung?
Tatsächlich: Am 12. Juni 1973 wurde in Bremen der „Kommunistische Bund Westdeutschlands“ gegründet, und einige seiner ehemaligen Mitglieder waren oder sind immer noch in der Bundes- und Landespolitik in führenden Positionen aktiv, z.B.:
>>> Winfried Kretschmann (von 1973 bis 1975), war 1979 Gründungsmitglied der baden-württembergischen Grünen und gehört heute dem Bündnis 90/Die Grünen an. Er wurde im Mai 2011 zum ersten grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg gewählt und ist damit zugleich der erste ex-maoistische Ministerpräsident in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.
>>> Reinhard Bütikofer, 2002-2008 Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen; (ehemals Kommunistische Hochschulgruppe/KHG und KBW Heidelberg)
>>> Sven Regener, Mitglied der Rockgruppe Element of Crime und Schriftsteller; (Kommunistischer Jugendbund/KJB) – sein Roman Neue Vahr Süd ist im KBW-Umfeld in Bremen um 1980 angesiedelt
>>> Ulla Schmidt (SPD) ehemalige Bundesgesundheitsministerin; (kandidierte bei der Bundestagswahl 1976 für den KBW)
1976 als Höhepunkt der Kampagne zur Unterstützung des Unabhängigkeitskampfes der ZANU (der Zimbabwe-African National Union) durch den KBW und seine Unterorganisationen besuchte der Chef der ZANU und spätere Ministerpräsident Simbabwes, Robert Mugabe die KBW-Zentrale und eine Veranstaltung zum Abschluss der Geldsammlung für den Befreiungskampf der ZANU. Rund 700.000 DM waren gesammelt worden. Das Geld wurde jedoch auf Initiative des damaligen Außenministers Genscher durch Sperrung des Sammelkontos konfisziert. Robert Mugabe forderte in Frankfurt die sofortige Herausgabe: Das Geld sei Eigentum des Volkes von Zimbabwe. Das Geld wurde dann erst nach Erlangung der Unabhängigkeit freigegeben. ...
Mein Radio-Podcast hat seinen Namen abgekupfert vom Titel meines Buches:
„TROMMELN IM ELFENBEINTURM“, einem Thriller auf den Spuren einer internationalen Konspiration in Afrika, Europa & Asien. (Für eine permanente Verlinkung meines Podcasts kommt dieser Thriller per Post als Geschenk.)
Und jetzt kommen hier Auszüge aus der Geschichte von "Gertrud Steiner", einer Bremer KBW-Aktivistin, die in Simbabwe mit ihrer Freundin – der Häuptlingstochter "Lainet Musora" – an den Abgrund gerät. ...
... »Im Ernst: Wir müssen verdammt vorsichtig sein. Ich hab dir schon gesagt, solche Sambesi-Touren werden sonst nur unter der Führung von erfahrenen Leuten in Konvois von drei, vier Kanus organisiert. Ich hab versucht, mich schlau zu machen – und immerhin hab ich hier mal gelebt. Das ist zwar eine Weile her ...«
»Wann warst du das letztemal in deinem Dorf, Lainet?«
»Mein Gott, das war – vor ... vor über zehn Jahren!«
»Und gehen wir mal hin?«
Lainet blickte nachdenklich über den Fluß in den Busch.
»Ich weiß nicht.«
Gertrud beobachtete die Freundin, die plötzlich verstummt war. Während sie im gleichen Takt mit ihr das Paddel ins Wasser stieß, ließ sie Revue passieren, was sie vom Leben der Freundin wußte und wie sich dieses Leben mit dem ihren verbunden hatte.
Bilder aus Norddeutschland kamen ihr in den Sinn, das Studium bis zur Lehramtsanwärterin in Bremen, daneben die Arbeit in sogenannten K-Gruppen, die sich nach der Universitätsgründung in der Hansestadt zu tummeln begannen. Die Uni hatte 1971 den Lehrbetrieb aufgenommen und bald ihren Schmähnamen weg: rote Kaderschmiede. Der Gründungsrektor hatte der Berufung eines Dozenten zustimmen müssen, dessen Leistung sich mehr oder weniger auf ein Pressefoto reduzieren ließ, das ihn als Träger eines roten Banners zeigte. Dahinter schritten würdige Lehramthalter im hergebrachten Ornat eine Saaltreppe herab. Der Bannertext reduzierte das Objekt der Studentendemonstration auf den Slogan: Unter den Talaren – der Muff von tausend Jahren.
Im Juni 1970 hatte das baden-württembergische Innenministerium die letzte aktive Hochschulgruppe des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes in Heidelberg verboten. Aus ihr war dort die Kommunistische Gruppe/Neues Rotes Forum entstanden. Im Mai 1972 hatte diese sich mit verschiedenen anderen örtlichen kommunistischen Zirkeln in Bremen getroffen, um zu beraten, ob und wie eine einheitliche nationale Organisation zum Wiederaufbau einer kommunistischen Partei in Westdeutschland geschaffen werden könne. Im September 1972 fand eine weitere abschließende Arbeitskonferenz zu diesem Thema statt, und auf der Gründungskonferenz im Juni 1973 wurden Programm und Statut verabschiedet. Die neue Organisation erhielt den Namen Kommunistischer Bund Westdeutschland – KBW.
Drei Jahre später hatte sie bei einer Veranstaltung des KBW den Namen »Simbabwe« zum erstenmal bewusst wahrgenommen – »Simbabwe« für »Rhodesien«. Auf dem Bildschirm irgendwann spät abends im Dritten Programm ein langes Interview mit einem schwarzen Brillenträger namens Robert Gabriel Mugabe, der die Vision eines Zusammenlebens von Schwarz und Weiß entwickelte. Das hatte sie beeindruckt. Da war endlich ein neues Ziel für ihren solidarischen Anspruch – nach Ende der vermeintlich nicht mehr notwendigen Solidaritätsbewegung für Vietnam, die Amerikaner hatten ja das gequälte Land verlassen. Ein neuer revolutionärer Funke, um den es sich zu kümmern lohnte: SIMBABWE! Spendensammlungen, diesmal aber ordentlich! Waffen für die unterdrückten Schwarzen – mit Geldern, die sie sammeln half.
Auf der Suche nach einem lohnenswerten Engagement hatte Gertrud Steiner seinerzeit verächtlich auf jene herabgeblickt, die ihr privates Seelenheil bei Gurus fernöstlicher Sekten suchten. Daß die maoistischen K-Gruppen ihre Mitglieder an deutschen Universitäten mit ähnlichen Methoden psychischen Terrors manipulierten wie die Gehirnwäscher jener Sekten, war ihr Mitte der siebziger Jahre noch nicht aufgegangen.
Bleichgesichtig und übellaunig sahen sie aus, weil sie nach dem abendlichen Pflichtstudium der Schriften ihrer Führer entgegen sonstiger studentischer Gewohnheiten schon morgens um vier Uhr aufstanden, um sich am Werkstor Prügel bei der umworbenen Arbeiterklasse abzuholen. Von allem, was sie verdienten, blieb ihnen ein Bruchteil, der Rest wurde an die Kasse der Organisation überwiesen. Von Freunden, von den Eltern sowieso, aber auch etwa vom (Ehe-)Partner hatte man sich fernzuhalten oder besser zu trennen, sofern diese nicht von der Organisation für clean befunden wurden. Kontakte nach außen waren abzubrechen. Mindestens einmal im Monat musste man sich nach Art der Schauprozesse vor der örtlichen Führung selbst anklagen und Verfehlungen zugeben. Etwa, wenn man etwas Falsches gedacht hatte. Intimste Details mussten in Gruppengesprächen erläutert und auf ihre Kompatibilität mit den Ideen hin abgeglichen werden.
Als der KBW sich 1985 auflöste, hinterließ er zwar jede Menge gescheiterter Existenzen und gebrochener Biographien, seine Führer kassierten jedoch noch schnell dreißig Millionen Mark für den Verkauf einer verrotteten Frankfurter Immobilie an die Commerzbank. Acht Jahre zuvor hatten sie sie für ein Zehntel dieses Preises erworben. Unter dem launigen Motto Wir waren die Jeunesse dorée feierte die KBW-Elite – getreu ihrer alten Parole: Die Kapitalisten mit dem Geldsack schlagen! – auf diese Weise mit Champagner und Kaviar ihren Abschied von der Revolution.
Außer für die Hetze und Schadenfreude der antikommunistischen Bundesliga taugte der Abgang eines linken Vereins für nichts etwas.
Doch Gertrud Steiner war in den folgenden Jahren eines Besseren belehrt worden: Der enttäuschte linke Charakter, der gestern noch gegen Resignation gewettert hatte, weil er Erfolg für ein Argument hielt, packte nicht einfach ein. Ein echter linker Charakter möchte, wenn dann die Kinder kommen, die Frau ein Bäumchen im Hof pflanzt, ein Freund zu einem Schwätzchen vorbeikommt und nach einem guten Buch fragt, auch einmal von sich erzählen, nachdenken, philosophische Brüche rekonstruieren, sagen können, was er schwer erfahren und gelernt hat, und was er bereut. Es gehört zu seinem Charakter, daß ihn das nicht einmal ankotzt.
Gertrud Steiner hatte für ihr Engagement teuer bezahlt, lange bevor der KBW sich auflöste: ihr Name unter Spendenaufrufen, ihr Name drei Jahre später in einer Gerichtsakte! Ein Prozeß, den sie in jenem Jahr verlor, als Simbabwe unabhängig wurde und Bonn mit den ehemaligen Terroristen Diplomaten austauschte: Berufsverbot! Verweigerung des Beamtenstatus wegen Unterstützung der Waffenhilfe!
Gertrud reiste nach Simbabwe – sie hatte gehört, dort würden Lehrer gebraucht. So hatte sie Lainet kennengelernt. ...
... Lutz Fiebach blickte schaudernd auf den Farbdruck des Bildes vom Bombeninferno in der HERALD-Ausgabe, die ihm der Chefreporter in den Schoß gelegt hatte.
»Mal wieder im Krieg gewesen?«
»Seite drei – der Name des Todesopfers! Er wurde als Anti-Apartheid-Aktivist bezeichnet, sonst nichts. Womit hat er sich seine Brötchen verdient? Kennen wir ihn? In ein paar Minuten sollten die Fotos fertig sein, die Gertrud Steiner in Harare von ihm gemacht hat, Sekunden, bevor ihm der halbe Kopf weggerissen wurde ...«
»Ihr wart dabei? ... Da war doch nichts Exklusives in der Redaktionskonferenz ...«
»Und da wird auch nichts sein, Lutz! Wir sind gerade noch einmal davongekommen ...«
»Und das Mädchen hat alles im Kasten?«
»Hat sie! Vom Moment, als der Funken zündete! Aber wir werden es nicht drucken – noch nicht!«
»Ist sie auch heil rausgekommen?«
Sager biß sich auf die Unterlippe. »Sie ist geblieben«, antwortete er kurz.
»Du hast sie allein gelassen?«
Die Frage des Chefarchivars schien einen unausgesprochenen Vorwurf zu enthalten, noch mehr verunsicherte Sager aber der scharfe Ton. Er nahm die Zeitung auf, faltete sie sorgfältig zusammen, dann blickte er wieder auf den Monitor, der noch immer ein Foto aus Gertrud Steiners Sammlung zeigte.
»Gertrud Steiner – du kennst sie ... aus der alten Zeit?«
Kaum jemand im Haus wusste, daß es Sager gewesen war, der vor ein paar Jahren Lutz Fiebach aus der ehemaligen K-Gruppen-Szene Frankfurts in die Hamburger Zentrale des Verlages gelotst hatte.
Im Rückblick hatte sich für Fiebach der Kommunistische Bund Westdeutschland nur noch wie eine »Weltuntergangssekte«, eine Art »Schule des virtuellen Totalitarismus« dargestellt. 1976 hatte die Splitterpartei bei der Bundestagswahl zwanzigtausend Zweitstimmen erhalten. Das Durchschnittsalter der knapp zweieinhalbtausend Mitglieder lag 1975 mit 23,9 Jahren niedriger als bei jeder Bundesligamannschaft.
Ihr fehlgeleiteter Idealismus war mit Spendenkampagnen hemmungslos ausgepresst worden. In zwei Jahren hatte der KBW 7,5 Millionen Mark gehortet, die er zumeist in Immobilien und vor allem in hochmoderne Computerdruck- und Verwaltungstechnik anlegte.
Fiebach war einer ihrer besten Programmierer gewesen. ...
»Rover Manjuki – Dr. Rover Manjuki, Chefgeologe an der Universität in Harare!«
»Woher wissen wir das?«
»Von Seite zwölf des nämlichen HERALD, Herr Chefreporter, Kolumne Family Notices, Spalte Todesanzeigen! Seine Studenten haben sie aufgegeben, wohl noch am Tag des Attentats, als sie vom Tod ihres Profs erfahren hatten.«
»Gute Arbeit!«
»Er war selber Student ...«
»Klar wie Kloßbrühe!«
»... in Deutschland!«
»Bitte?«
»Als Asylant in den Siebzigern. Und er war hier illegaler Auslandsvertreter der ZANU PF, mit besonderen Kontakten zum KBW.«
»Woher wissen wir das?«
»Aus einer Story über den Versuch des KBW, 1976 ein Einreiseverbot der Bundesregierung für prominente ZANU-Funktionäre zu umgehen. Mit einem für teures Geld gecharterten Flugzeug wurden Pässe zwischen Frankfurt und London hin- und hergeflogen ...
Ja, ich durfte damals dem Robert Mugabe im Frankfurter KBW-Haus die Hand schütteln. Für die FAZ und die FR war Simbabwe da noch Rhodesien, und für Mugabe war unser Dauervorsitzender, Joscha Schmierer, der große kommunistische Führer der deutschen Arbeiterklasse und des deutschen Volkes. So begrüßte er ihn – in leichter Verkennung der Lage ...«
Fiebach lehnte sich zurück. Sein Gesicht verzog sich zu einem bitteren Grinsen.
»Ja, ich habe sie gekannt, ganz gut sogar, dachte ich jedenfalls, bis sie ausstieg – viel früher als ich. Wir hatten keinen Kontakt mehr. Erst als ich für deine Gertrud-Steiner-Akte hinter ihr her recherchierte, erfuhr ich, daß sie für ihr damaliges Simbabwe-Engagement teuer bezahlt hat – das Berufsverbot, du erinnerst dich? ...
Seit ich ihr in deinem Auftrag nachspioniert habe, werde ich das Gefühl nicht los, ihren Ausstieg mit meiner Prahlerei beschleunigt zu haben, ohne damals selber das zu begreifen, was ihr wohl gleich klar war. Das Bad im Meer roter Fahnen sei nichts mehr für sie. Das war alles, was sie mir dazu sagte. Sie verabschiedete sich sang- und klanglos, als die Bremer Genossen sie zur Selbstkritik aufforderten ...«
Sager wartete einen Moment, als nichts folgte, sagte er: »Na, los pack’s aus, Lutz. Womit hast du geprahlt?«
Auf Fiebachs Gesicht erschien das vertraute Grinsen, diesmal eher versonnen.
»Das war schon was, damals 1976: Wir hatten die komplette Führung einer afrikanischen Befreiungsbewegung im Anmarsch, ZANU-Funktionäre aus Rhodesien! Natürlich hätte unser Joscha Schmierer seine Besucher aus dem afrikanischen Busch gern der deutschen Arbeiterklasse und dem deutschen Volk präsentiert. Aber immer, wenn wir gerade einen Vertrag mit dem Pächter eines Veranstaltungssaales unterschrieben hatten, überzeugte ihn sogleich der uns auf dem Fuße folgende Verfassungsschutz, besser auf das Geschäft zu verzichten.
Das Katz-und-Maus-Spiel endete damit, daß wir kurzerhand die gesamte Arena der Dortmunder Westfalenhalle mieteten – Geld spielte ja keine Rolle. Und die Verfassungsschützer feixten, denn da konnten wir uns bloß blamieren: Wenn’s hoch kam, brachten wir vielleicht gerade mal zweihundert Leute auf die Beine – alles KBW-ler natürlich. Das war selbst unserer Führung klar. Also wurde ich beauftragt, einen Erfolg zu programmieren ...
Da half keine Elektronik, mein Lieber, sondern nur gute alte Handarbeit. Wir kauften ein paar tausend Meter roten Stoff, und im Umland waren dann so ziemlich sämtliche türkischen Änderungsschneidereien damit beschäftigt, innerhalb von vierundzwanzig Stunden Bahn um Bahn zusammenzunähen.
Die aus London eingeflogene Delegation wurde dann durch einen rot ausgeschlagenen Gang in einen ebenso ausgestatteten Raum geführt. Die Wand- und Deckengestelle, über die wir die roten Stoffbahnen gehängt hatten, ließen sich kurzfristig auf die Größe des Publikums zusammenschieben ... Hätte ich mir eigentlich patentieren lassen sollen, was?«
Fiebach schlug sich auf die Schenkel.
»Keiner unserer schwarzen Freunde hat jemals erfahren, daß sie mit uns in einer kleinen roten Kiste saßen – mittendrin in einer leeren Arena!«
»Und das hast du Gertrud Steiner erzählt?«
»Na, vor allem von der anhaltenden Nachwirkung dieser Aktion: Die paar tausend Meter roter Stoff waren doch zu schade zum Wegschmeißen ...«
»Neiin! ...«
»Doch! So kamen damals die wallenden roten Fahnenmeere auf die Straße. Wir hätten uns alle darin einwickeln können ...«