Sommerliche Gartenplauderei
Kurt Nelhiebel
Bremen (Weltexpresso) - Behäbig liegt der Sommer gesegneten Leibes in diesen Tagen über dem Land. Kein Blatt regt sich. Alle Windräder stehen still. Lautlos ziehen schneeweiße Sommerwolken langsam von Horizont zu Horizont. Schiebt eine sich vor die Sonne, räkeln Mensch und Natur sich genüsslich im kühlenden Schatten.
Doch gleich heißt es wieder Vorhang auf! Strahlend genießen die Vogelbeerbäume zu beiden Seiten der Landstraße ihren Auftritt. Wie kleine Ampeln funkeln die roten Früchte zwischen den Blättern. Sie lieben die Sonne. Auch den Brombeerhecken am Waldrand kann es nicht warm genug sein. Ihre Zeit ist ohnedies noch nicht gekommen. Erst recht nicht für den Walnussbaum in Nachbars Garten. Schon umkreisen neugierige Krähen krächzend das verlockende Angebot, wüssten sie doch allzu gern, ob die Nüsse schon schmecken, wenn die Schale noch grün ist.
Im vergangenen Jahr hat eine von ihnen eine Nuss im Boden zwischen Rosen und Begonien versteckt. Es kann aber auch das Eichhörnchen gewesen sein, das den ganzen Sommer über nicht müde geworden ist, das leere Futterhäuschen zu inspizieren. Jedenfalls wuchs Im Frühjahr ein kleiner Nussbaum aus den Erde. Wie der weiche Keim es zuwege bringt, was einer kräftigen Männerfaust nur selten gelingt, nämlich die beinharte Schale zu sprengen, grenzt an ein Wunder. Damit nicht genug: Außerhalb der Schale hat der Keimling unterschiedliche Wege eingeschlagen, zur Hälfte wuchs er auf der Suche nach Wasser in die Tiefe, die andere Hälfte strebte zielsicher nach oben, dem Licht und der Wärme entgegen, die jede Pflanze benötigt, um zu überleben.
Auf der Terrasse protzt die Hortensie nach allen Seiten hin mit ihren kindskopfgroßen Blüten, während die Ballonblume (links im Bild) nur noch vereinzelt ihre makellosen Kelche zur Schau stellt. Die Azaleen haben ihre Blüten längst abgeworfen, desgleichen der Rhododendron, der es sich jetzt im Schatten des Blutpflaumenbaums wohl sein lässt.
Wie immer verströmen die dunkelblauen Dolden des Sommerflieders ihren verlockenden Duft, aber die gewohnte Kundschaft macht sich rar. Seit Jahren lässt sich kein Tagpfauenauge mehr sehen. Nur Kohlweißlinge torkeln als letzte ihrer Art wie betrunken von Blüte zu Blüte, ständig in der Gefahr, im Fluge von einem hungrigen Vogel gekidnappt zu werden.
Der Lavendel hat sich mit der Hitze des Sommers arrangiert. Er bietet Hummeln und Bienen seinen Nektar ohne viel Aufhebens von morgens bis abends als begehrte Wegzehrung feil. Bescheiden hält sich auch der Spierstrauch im Hintergrund. Seine Stunde ist noch nicht gekommen. Vor der nahenden Nacht verschließen die Strohblumen rasch ihre Augen. Auch der Löwenzahn, der auf dem Gehweg sein kümmerliches Dasein fristet, wendet sich ab vom Trubel der Welt, nicht ohne vorher noch ein Samenkorn mit dem Fallschirn auf die Reise ins Ungewisse zu schicken.
Wie von Zauberhand bildete sich im Laufe des Tages im makellosen Blau des Himmels eine Cumuli-Wolke nach dem anderen. Dem geübten Auge des Segelfliegers verraten die weißen Gebilde, wo ihn Thermik für Überlandflüge und andere kühne Unternehmen erwartet.
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