Eine Familiengeschichte aus dem Schwarzwald
Sabine Zoller
Dobel (Weltexpresso) - Wissenswertes zu den „Lehmännern an der Eich“ hat der Ortshistoriker Bernhard Kraft recherchiert und in einer Broschüre zusammengetragen. Touristiker locken heute mit einer wild romantischen Welt und dem klingenden Namen einer neuen Wandertour, die „Ins Tal der Lehmänner“ führt. Doch wer waren die „Lehmänner“, über die noch heute im Volksmund Geschichten zu deren Trinkfestigkeit und Riesenkräften kursieren und damit die Neugierde stets auf´s neue schüren?
Mit Akribie und einer großen Portion Leidenschaft hat sich Bernhard Kraft und sein Bruder Werner Kraft bereits vor fünfzehn Jahren auf den Weg in die Archive gemacht, um in Stuttgart, Karlsruhe, Ludwigsburg und Sigmaringen mehr über das Geschlecht zu erfahren, das über vier Generationen hinweg den Lehmannshof im hinteren Eyachtal besiedelte. „Durch die grenznahe Lage zu Baden sind die alten Urkunden und Akten in unterschiedlichen württembergischen und badischen Archiven zu finden“, berichtet Kraft. Die erste Erwähnung findet der Lehmannshof in einem Schreiben des Forstmeisters aus Liebenzell vom 19. Juli 1683. Kraft zeigt dazu in seiner Broschüre das Gesuch zur Errichtung einer Sägmühle auf der „Flachwiese“ ,auch „Flozwiese“ genannt, im Eyachtal.
Antragsteller waren die Gebrüder Kappler und der auf dem Dobel ansässige Säger Leonhardt Lehenmann. Sie erhalten die Konzession und zudem den „Häußlerwald“ mit Wiesen als Erblehen zur Nutzung vom Markgrafen von Baden und dem ebersteinischen Grafen zu Wolkenstein. Ein gut gewählter Platz, urteilt Kraft, denn wegen der hier vorhandenen Wasserstube und Floßeinbindestelle war es möglich die Schwarzwaldtannen auf den nur schwer zugänglichen Hängen des Dürreych- und Brotenautales und „auf den Grinden“ zu vermarkten. „Es herrschte Goldgräberstimmung, denn Holland verlangte neben dem Bauholz für seine Städte auch noch Holz für seine Flotte.“ Zudem war mit den „Holländertannen“ für den Schiffsbau gutes Geld zu verdienen.
Leonhardt Lehmann wurde „Geschäftsführer“ auf der neuen Säge und sichert sich den Holzbedarf durch Waldkäufe für die nur knapp sechs Kilometer von Wildbad und vier Kilometer von Dobel entfernte Sägemühle. 1698 übernimmt er den Anteil des „Matheis Bechtlin aus Wildbad mit einer Gesamtfläche von 564 Morgen.“ In dieser Zeit entsteht rund um die Mühle das Wohnhaus, mit Scheuer, Kellerhütte, Mahlmühle, Backhaus und Brunnen. Der „Lehmannshof“ wurde zur Heimat von vier Generationen an „Lehmännern“. Kraft beschreibt nicht nur die Blütezeit mit dem Holzhandel und die Lieferung von Scheiterholz für die Eisenhammerwerke in Pforzheim, sondern auch viele Schicksalsschläge der Lehmänner. So zeigt die Kaltenbronner Forstkarte bereits 1790 einen „stark gelichteten, fast kahlen >Hornwald<“ und mit der französischen Revolution und den napoleonischen Eroberungen gibt es Absatzprobleme beim Holländerhandel. Der letzte Lehmann auf dem Hof, Matthäus, wird zum Trinker. Auf dem Hof grassiert die Pockenepedemie. Matthäus stirbt 1806, 46 Jahre alt. Die Überschuldung des Hofes führt 1814 zur Zwangsversteigerung. Nach dem Erwerb des Hofes durch Schultheiß Gottlieb David Weisert aus Calmbach, Ehemann der berühmten Rössleswirtin, wird das Anwesen 1835, dann 1836 und schließlich 1841 ein weiteres Mal veräußert.
Die letzte private Eigentümerin ist keine geringere als Gräfin Catharina von Langenstein, „Ehefrau zur linken Hand“ von Großherzog Ludwig I von Baden. 1845 kommt es zum Verkauf an den württembergischen Staat. Der Lehmannshof wird als Quartier umgenutzt und soll als Domizil für den Waldschützen Brenner, zuständig im Revier Herrenalb, und den Forstwart Uhl von Wildbad dienen. Letzterer widersetzt sich dieser Anordnung. Im Oktober 1848 wird das Wohnhaus ein Raub der Flammen. Ob Brandstiftung oder nicht ist bis heute ungeklärt. 1867 wird die noch von Fa. Krauth Comp. betriebene Sägemühle „auf Abbruch“ verkauft, so dass heute lediglich noch die gewölbten Keller der ehemaligen Kellerhütte und des Wohnhauses erhalten sind.
Foto:
Bernhard Kraft präsentiert die Broschüre
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