Vergrämt macht sich der Sommer davon
Kurt Nelhiebel
Bremen (Weltexpresso) - Es ist schon viele Jahre her, seit aus der Konifere neben der Kompostkiste die ersten Äste eines Jasminstrauches ans Tageslicht drängten.
Bis heute weiß ich nicht, wie er sich in diese Nachbarschaft verirrt hat. Ich habe die Äste immer wieder zurück geschnitten, aber der Lebenswille des Jasmins hat sich durchgesetzt. So gingen die Jahre dahin. Irgendwann habe ich es aufgegeben, dem vermeintlich Schwächeren zu Leibe zu zurücken und wurde schließlich fürstlich belohnt.
Während der Rhododendron dieses Jahr alle Kraft in sein Wachstum investierte und es bei einer spärlichen Handvoll Blüten beließ, umgab sich der Jasmin mit einer unbeschreiblichen Fülle an Blüten und erfüllte den Garten bis in den letzten Winkel mit seinem unaufdringlichen Duft.. Er ist dem Rhododendron buchstäblich über den Kopf gewachsen..
Traurig hängen die braunen Überreste des Flieders in den Zweigen und auf der Terrasse wartet die Hortensie auf einen kräftigen Regenguss.. Tapfer haben die Azaleen die ungewohnte Hitze der letzten Tage überstanden. Neben dem Storchenschnabel rüstet sich jetzt die blaue Ballonblume für ihren Auftritt. Der unscheinbare Lavendel hat sein Buffet für die Bienen bereits aufgestellt.
Hinter der Hecke auf der anderen Straßenseite, wo ein Kirschbaum im Frühjahr seine weiße Blütenpracht zur Schau gestellt hat, leuchten zwischen saftigem Blattgrün rote und gelbe Kirschen wie die Vorschau auf einen üppigen Sommer.
Der alte Apfelbaum an der Grenze zum Nachbarn auf der anderen Seite des Gartens lässt sich noch nicht in die Karten schauen. Geblüht hat er wie zu besten Zeiten, ob aber genügend Bienen unterwegs waren, das schöpferische Werk der Befruchtung zu vollenden, muss sich noch erweisen. Vorerst geben kleine grüne Kugeln eine Vorahnung der herbstlichen Bescherung. Noch lassen die Wacholderdrosseln, die sich dann um die überreifen Früchte auf dem Boden versammeln, auf sich warten. Bis dahin singen uns die Amseln ihr sommerliches Abschiedslied, ehe auch sie sich wieder mit der Sonne von dannen machen.
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