IMG 5341 Foto Zoller Jule liebt ihre Schafe

Teenager will Schäfer werden

Sabine Zoller

Wildberg (Weltexpresso) - Als Markenbotschafterin für die Schäferlaufstadt Wildberg im nördlichen Schwarzwald ist Jule seit ihrem sechsten Lebensjahr auf Postern und Plakaten bekannt. Nun wird die junge Teenagerin bald dreizehn Jahre alt und hat als Berufswunsch nur das eine Ziel vor Augen: „Ich möchte Schäfer werden.“


Ein ausgefallener Berufswunsch, zumal allein in den vergangenen zehn Jahren in Baden-Württemberg ein Rückgang der Schafhaltung um 30 Prozent zu verzeichnen ist. Derzeit gibt es nur noch rund 110 hauptberufliche Schafhalter und ca. 204.000 Schafe. Doch im Schwarzwald reicht die Schäfertradition bis ins 13. Jahrhundert zurück und in diesem Jahr feierte die Stadt Wildberg das 300-jährige Bestehen des Schäferlaufs, der mit dem ältesten Heimat- und Brauchtumsfest der Region seit 2018 das UNESCO Prädikat „Immaterielles Kulturerbe“ trägt.   

 

Als Markenbotschafterin für das traditionsreiche Event ist das blonde Mädchen seit ihrem sechsten Lebensjahr auf Werbeplakaten und Prospekten zu sehen. „Damals war ich noch klein, ich kann mich nur erinnern, dass mich mein Vater mit meinem Lieblingsschaf in den Wagen gepackt hat, um im Kloster von Wildberg Fotoaufnahmen zu machen.“ Der Grund dafür ist einfach: „Damals hat die Stadt hat nach über 40 Jahren ein neues Motiv für den Schäferlauf gesucht“, erklärt ihr Vater Karl-Martin Bauer. Doch mittlerweile wird Wildbergs Schäferlauf Ikone erwachsen. Als Jungzüchterin war sie im vergangenen Jahr erstmals auf dem auf dem Landwirtschaftlichen Hauptfest auf dem Cannstatter Wasen in Stuttgart vertreten, um ihre Lieblingsschafe vorzustellen und beweist so bereits als Teenager Courage und Leidenschaft für einen Beruf, der die Behütung, Zucht und Verwertung von Schafen umfasst. 

 

Zuchtbetrieb im Schwarzwald

Als Landwirtschaftsmeister führt Vater Karl-Martin Bauer gemeinsam mit seiner Frau Nina, der ausgebildeten Tierwirtin, bereits in achter Generation seine Schäferei mit Zucht von Merinolandschafen. Mit rund 70 Prozent des Gesamtbestandes ist das die stärkste Rasse in Baden-Württemberg. Die robust- und widerstandsfähigen Tiere punkten durch ihre hochwertige Merinowolle und einen für diese Rasse asaisonalen Brunstzyklus, bei dem die Lammungen nicht an eine Saison gebunden sind.

 

Schafe zählen für Jule zu ihren besten Freunden

Von klein auf ist Jule mit Tieren umgegangen und durfte schon früh in ihrem Leben Verantwortung für ein kleines Lamm übernehmen. In der Regel steht bereits zehn bis 20 Minuten nach der Geburt ein gesundes Lamm auf eigenen Beinen und sucht das Euter der Mutter, um als auserkorenes Ziel die wertvolle Kolostralmilch zu verkosten, die nur in den ersten 24 Stunden vom Muttertier gebildet wird. Diese dient dem Nachwuchs zur Unterstützung der Immunabwehr, da dessen eigenes Immunsystem selbst noch nicht arbeitet. Da ihr kleines Lamm keine Milch von der Mutter annehmen wollte, wurde es kurzerhand mit der Flasche großgezogen. 

 

Lieblingsschaf Rila

Dank ihrer Pflege und Fürsorge trägt das Schaf heute nicht nur einen Namen, sondern zudem einen Sonderstatus. „Mit Rila bin ich aufgewachsen“, erklärt Jule selbstbewusst und streichelt ihr ausgewachsenes Lieblingstier, das sich durch ein besonders weiches Fell auszeichnet und zudem frei auf dem Hof bewegen kann. Für die Fotoaufnahmen wurde Rila daher mit dem Gartenschlauch gewaschen und das Fell mit Shampoo gepflegt. „Rila hat ganz gerade Beine und könnte im Zuchtbuch ganz oben stehen“, so die fachmännische Auskunft der Schäfertochter, die sich lieber im Stall und Hof aufhält, als sich um Hausarbeit zu kümmern. „Könnte“ ist das Zauberwort, das ihren liebgewonnenen Vierbeiner von der Zucht abhält, aber gibt es etwas schöneres, als dafür eine der besten Freundinnen für´s Leben gewonnen zu haben? Neben Rila zählen mittlerweile auch Sindy, Nila und Fenja zu „Ihren“ Schafen. „Die werden von mir versorgt und hören sogar auf´s Wort“, so Jule, die ihre Lieblinge mit Akribie und Leidenschaft umsorgt. Nicht ohne Stolz berichtet der Vater über das feine Gespür seiner Tochter, die sich mit viel Geduld und Zuneigung den Tieren widmet, so dass der Berufswunsch der Tochter für einen der ältesten Berufe der Welt sichtlich nachvollziehbar ist. 

 

Foto:
© Sabine Zoller


Info:
Jule wohnt im Schwarzwald und will Schäferin werden