chilimeisterMirko Reehs Gewürzmanufaktur zieht nach Frankfurt am Main um, Teil 2/3 

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das war ein ereignisreicher Tag in der Gewürzmanufaktur bei Mirko Reeh, der ja nicht nur ein Babbler, ein Quassler, ein Schlächtschwätzer vor dem Herrn ist, sondern ein versierter Koch, Gewürzmischer und ein guter Lehrer dazu. Was wir bei dem Besuch bei Ihm alles gelernt haben, über die Gewürze auch, über das Mischen auch, aber dann nebenbei solche Informationen wie, daß man alle Wochen Luft an die Gewürze bringen solle, die Deckel also öffnen, wo meine Leitlinie bisher war, auf keinen Fall Luft, dann werden Gewürze labbrig. Falsch, ganz falsch!

mit gru0peUnd welche Erinnerungen bei den Hunderten von Gewürzen alle hochkamen! Und erst einmal der erinnerte Geschmack!

„Und mit einem Mal war die Erinnerung da. Der Geschmack war der jenes kleinen Stücks einer Madeleine, das mir am Sonntagmorgen in Combray (weil ich an diesem Tag vor dem Hochamt nicht aus dem Hause ging), sobald ich ihr in ihrem Zimmer guten Morgen sagte, meine Tante Leonie anbot, nachdem sie es in ihrem schwarzen oder Lindenblütentee getaucht hatte. Der Anblick jener Madeleine hatte mir nichts gesagt, bevor ich davon gekostet hatte..." 

Das hat Marcel Proust in DIE SUCHE NACH DER VERLORENEN ZEIT für alle Ewigkeit festgehalten. Da sucht man ein ganzes Leben lang den Kindheitsgeschmack, den schon der Duft assoziiert. Aber es gibt eben auch die pure Erinnerungen an Düfte, an Geschmack!

Für mich vor allem die Erinnerung an die Ayurvedakur in den Neunzigern. Meine Güte, das ist bald 30 Jahre her, Sri Lanka war noch Kriegsgebiet, aber an der Küste hatten sich einfach gestrickte Anwesen, kleine Strohhütten ohne Strom, aber mit in den Ayurvedakünsten hervorragend ausgebildeten Spezialisten ausgebreitet, wo ein Arzt einem beim Ankommen nur Sekunden den Puls fühlte und einem der drei Doshas zuteilte; Vata, Pita, Kapha. Nein, er hat den Puls nicht gemessen, er hat ihn gefühlt, ob er schleicht, ob er springt, alles Dinge, die unsere Ärzte gar nicht erfassen, denn sie sind auf das Zählen eingestellt. Und ich? Natürlich Vata, mit Störung Vata, eine Berufskrankheit sagten mir die Dortigen. Zu viel Luft, viel zu viel Luft, typisch für Journalisten, die angesichts ihrer ständigen Kopfarbeit Erdung brauchen. Kapha. Also viel Kartoffeln essen. Echt.

Was das mit Mirko Reeh zu tun hat? Ganz viel, denn bei ihm habe ich erstmals wieder diese Detailkenntnis erlebt, die mich damals vom Hocker haute. Und es gibt auch inhaltlich eine Gemeinsamkeit. Die Ayurvedagewürze sind immer Mischungen! Daß diese Mischungen zusätzlich auch für die drei Typen, in die Ayurveda die Menschen einteilt, speziell zu verwenden sind, kommt dort hinzu. Nein, Mirko Reeh geht für den Gebrauch aller gemischten Gewürze für alle aus, aber jeder hat natürlich individuelle Vorlieben und vor allem, auch das lernt man in der Kochschule, für jedes Lebensmittel gibt es besondere Gewürzmischungen und für jedes Gericht auch. Wenn man dann noch hinzunimmt, daß die Menschen ihre Lieblingsgewürze haben und gerne den Geschmack im Mund wiederfinden wollen, den sie als wohlschmeckend kennen, kann man sich vorstellen, wie vielfältig das Angebot wird.

Ich beispielsweise fliege auf Kümmel, der mich an Kindheit erinnert, wo es auch Kümmelbrot gab und Anisbrot auch, wie liebte ich beides. Also habe ich die vom Chef ausgelegten Gewürzmischungen erst mal nach Kümmel durchgesucht und viel gefunden! Aber die richtige Ordnung ist eine andere. Da werden die Mischungen nach ihrem Hauptbestandteil unterschieden. Traditionell sind die Currymischungen, wo ja schon Curry selbst ein Gemisch ist! Aber inzwischen hat Chilli einen sensationellen Lauf hingelegt, eine richtige Gewürzkarriere, die Mirko Reeh mit einer unglaublichen Auswahl an Chilimischungen beantwortet. Dann die Salze, die Pfeffermischungen und tatsächlich kommen auch getrocknete Kräuter in die Gewürzmischungen hinein. Das war mir eine besondere Überraschung, weil ich Kräuter bisher immer als etwas anderes als die herkömmlichen Gewürze ansah. 

Es langt nicht, das hier nur hinzuschreiben. Am besten kommt man dort vorbei, man braucht nicht mal eine große Einkaufstasche, denn die Gewürzmischungen – Reeh sagt, Einzelgewürze gibt es überall, damit gibt er sich nicht ab, weil er weiß, die Mischungen machen’s! - sind ja leicht, entweder in kleinen gut wiederverschließbaren Beuteln oder in Gläsern, was mir praktischer ist, denn die sind standfest und sofort von einander zu unterscheiden.

Der Kümmel übrigens hat mich auf eine Idee gebracht, die eine ganz schmales Kochbuch von Mirko Reeh dann unterstützte. Brot backen. Doch das ist eine andere Geschichte, die als nächstes folgt.
Fortsetzung folgt also!

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