Weniger Besucher als erwartet
Sabine Zoller
Dobel (Weltexpresso) - Sturm mit heftigen Windböen, Regen und Temperatursturz. Themen, die so gar nicht in das Bild eines Open-Air-Festivals passen, haben am vergangenen Wochenende mit dem gesamten Dreiklang im Nordschwarzwald zugeschlagen, sodass die Familien-Veranstaltung am Sonntag abgesagt werden musste.
Trotz sorgfältiger Planung sorgten Wetterkapriolen bereits im Vorfeld der Veranstaltung für eine Terminverschiebung und dann beim Festival selbst für ein Wechselbad der Gefühle. Was am Freitag mit Sonnenschein begann, endete am frühen Sonntagmorgen mit Regen und Verwüstungen.
Schriftzug am Berg
Mit rotem Schriftzug, fast wie die berühmten Buchstaben von Hollywood, glühte noch nachts der Name "Bergglühen" vor der Kulisse des alten Wasserturms. Ein Jahr lang hatte Stefan Kling begeistert geplant, getüftelt und organisiert, um ein Festival für alle Generationen auf der Sonneninsel Dobel zu veranstalten. „Dazu gehört nicht nur eine ausgefallene Location, sondern zudem der passende Sound mit chilliger Musik, leckeres Essen und die dazu passenden Getränke“, erklärt Stefan Kling, der vor drei Jahren das erste Bergglühen auf dem Dobel initiiert und mittlerweile als Veranstalter mit besonderen Highlights ausgestattet hat. „Es sind Weltstars, die hier auftreten.“ Kling spricht von seiner Musikrichtung, die er selbst gestaltet und die zur „familiären Atmosphäre seines Festivals passt.“ Organic House ist eine Mischung aus elektronischen und akustischen Elementen, die durch Matthias Freymann, einem Produzenten elektronischer Musik aus Hamburg, am Freitag bei strahlendem Sonnenschein eröffnet wurde.
Picknick-Laune
Bereits am frühen Abend waren Gäste mit Picknickdecken vor Ort, um bei launiger Stimmung den Sonnenuntergang zu genießen und nach 22 Uhr das Highlight des Abends zu erleben. Mit "Interstellar" war das kommunale Kino zu Gast und präsentierte auf der Großleinwand ein Open-Air-Kino. „Das war eine Premiere und ein besonderes Feeling in einer lauen Sommernacht“, scherzte Stefan Kling, dem jedoch am nächsten Tag erneut das Wetter einen Strich durch die Rechnung machte. „Zuerst mussten wir das Festival wegen Regen um eine Woche verschieben, jetzt sind es Tornadowarnungen, die die Gäste fernhalten“, berichtete Kling. Über 400 Tickets wurden storniert, obwohl der Samstag mit strahlendem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen begonnen hatte.
Helene Krieger aus Karlsruhe, die mit ihren Kindern Edda und Nika sowie ihrer Freundin Josephine Cantrell angereist war, freute sich über den verschobenen Termin. „Wir mussten uns sogar ein schattiges Plätzchen suchen und haben den Nachmittag problemlos mit Gesprächen, Spielen auf der Wiese und gutem Essen genossen“, erzählte Krieger. Josephine Cantrell ergänzte: „Wir haben uns darüber gefreut, dass das Festival verschoben wurde, denn heute konnten wir unsere Männer zum EM-Fußballschauen zu Hause lassen.“ Eigentlich wollten sie nicht lange bleiben, aber die Kinder fanden neue Freunde, und so blieben sie bis weit nach 22:00 Uhr auf dem Gelände – ein Zeichen dafür, dass es ihnen gefallen hat.
Als spontane Gäste ebenfalls aus Karlsruhe angereist waren trotz Tornadowarnungen für Samstag auch Magdalena Heilig, Miriam Hackbarth, Sofia Ntalla und Jasmin Ludwig. Vier Freundinnen und Arbeitskolleginnen, die sich das besondere Event trotz Alternativtermin nicht entgehen lassen wollten. „Wir finden es hier klasse. Die Stimmung passt und weil es uns so gut gefällt, haben wir uns alle dasselbe Tattoomotiv als Erinnerung an diesen Abend auf die rechte Fessel stechen lassen.“ Doch die Schlechtwetterprognosen hinterließen Spuren. Statt eines schönen Sonnenuntergangs trübte sich das Wetter ein. Der große Besucheransturm blieb aus, und viele Gäste nutzten das Public Viewing, das der Tennisclub direkt am Festivalgelände angeboten hat.
Tornadowarnungen
Das verbliebene Publikum, das Sever Erdem, selbst als Gast aus Pforzheim dabei, als „angenehm und kommunikativ“ bezeichnet, lauschte dem Sound von Slow Hearts, Flowers on Monday, Danjo und Verena aus Mannheim sowie George, einem der erfolgreichsten Deep-House-Künstler weltweit. Dann folgte als Höhepunkt Super Flu, die sonst ausschließlich bei den größten Elektrofestivals in Deutschland auflegen. Neben verschiedenen Food Trucks gibt es nicht nur die eigens zusammengestellten Picknickkisten, gefüllt mit lokalen Spezialitäten wie Schwarzwälder Schinken, Käse, Eiern, dem Bergglühen-Brot und Macarons, sondern zudem eine Wein-Lounge, die mit edlen Getränken und Champagner lockt, sowie eine Cocktailbar, die auf Gäste wartet. „Es sind einfach zu wenige vor Ort“, erklärt ein Gast, der das Festival im vergangenen Jahr besucht hat und als begeisterter Fan erneut vor Ort ist, um den Abend zu genießen. „Die Unwetter sind am Dobel vorbeigezogen“, lautet die Aussage von Amir aus Niefern, der sich eigens eine Unterkunft gesucht hat, um bis zum Ende der Veranstaltung zu bleiben. Doch so weit kam es nicht. Kurz nach Mitternacht gab es die ersten Windböen, und dann „tobte der Sturm, der sogar Pavillons mitgerissen hat“, berichtet Stefan Kling, der am Sonntagmorgen die Verwüstungen begutachtete. Zwar konnten wertvolle Künstlerarbeiten in Sicherheit gebracht werden, aber für manche Aussteller galt es zunächst einmal alles zu begutachten. „Wir haben den heutigen Familientag abgesagt“, so Kling, der zudem betonte, dass er die nun nicht mehr benötigten Lebensmittel an die Tafel spenden wird.
Fotos:
©˜ Sabine Zoller