nuhr 3756Kabarettist Dieter Nuhr in Fulda

Hanswerner Kruse
Fulda (Weltexpresso) - 3.000 Leute feierten am Sonntagnachmittag den Comedian Dieter Nuhr in der ausverkauften Esperantohalle. Die große Überraschung – der Spaßmacher ist nicht nur bissig und sarkastisch, sondern auch positiv und engagiert. 


Man spürt, er ist kein Zyniker, wie seine linken oder rechten Kritiker oft behaupten, doch konsequent legt er seine Finger in viele offene gesellschaftliche Wunden. Sofort legt der Satiriker mit Donald Trump los, der aktuell in einem Bild als Papst posiert. „Dass der sich damit zufriedengibt, nur Stellvertreter Gottes zu sein“, meint er nachdenklich. „Aber ich respektiere ihn...als Kollegen. Putin lacht sich tot über ihn.“ Immer wieder will der Kabarettist mit dem Programm beginnen, aber ständig fällt ihm Neues ein: „Trumps ökonomischer Sachverstand ist so minimal, da könnte man sogar den Habeck als Berater schicken.“ 

Das ist bereits alles, was er zur Ampel-Koalition sagt, die ihm bisher so viel thematischen Zündstoff bot, stattdessen kommentiert er scharfzüngig die derzeitige politische Entwicklung. Fort sei nun „die fleischgewordene Aktentasche mit dem Charisma eines gefrorenen Fischstäbchens“, meint er über Scholz. März, der kommende Kanzler, wackle wie eine Figur der Augsburger Puppenkiste, Söder handle mit der Anmut eines Hütchenspielers, und Esken habe die Ausstrahlung einer Karteileiche. Gegen diese Leute könnte die AfD auch Schimpansen aufstellen, die würden – nicht nur im Osten – gewählt werden.

In einem bunten Reigen der Komik springt er vom medizinischen Notstand oder dem inflationären Gebrauch des Schimpfwortes „Nazi“ schließlich zur Sommerzeit. Wut sei ja der Urzustand der Deutschen: Eine Stunde habe man ihnen geklaut werde allerorten gejammert oder die innere Uhr funktioniere nicht mehr. „Aber bei einer Uhr im Bauch muss man zum Arzt“, weiß er. Grundsätzlich sieht er das Missverständnis, die Regierung habe die Aufgabe, allen Unzufriedenen die erwartete Heilung und Erlösung zu bringen. Viele Leute haben zu hohe Erwartungen an die Politiker, die angeblich für ihre Lebensunlust verantwortlich seien: „Die wollen gar keinen Kanzler, sondern einen Pfleger!“ 

Nuhr möchte nicht immer nur das Negative und Unschöne berichten. Eigentlich wolle er Frohsinn verbreiten: „So wie das Orchester auf der untergehenden Titanic. Aber die wussten ja nicht, dass der Kahn untergeht.“ Es sei notwendig über Migranten zu sprechen, meint er, aber genauso wenig, wie alle Früchte Bananen seien, seien nicht alle Migranten Messerstecher. „Die meisten gut integrierten Flüchtlinge würden mit diesen Arschlöchern in einen Topf geworfen.“ Weidel, Chrupalla, Storch und die anderen AfD-Leute sollten sich doch mal in Lampedusa hinstellen, mit Plakaten: „Wir sind da, wo ihr hinwollt.“ Viele Migranten würden dann freiwillig umkehren, meint er

Nach der Pause möchte er nun endlich humorvoll werden und das Politische lassen. Da berichtet er von der Handtasche seiner Frau, diesem „amorphen schwarzen Loch“, aus der ein Taschendieb blitzschnell die Geldbörse geklaut habe. Sie brauche dagegen zwanzig Minuten, um sie beim Bezahlen zu finden, während ihre Hand dabei nicht blute, sondern nur den offenen roten Lippenstift erwischt habe. Über Bahnfahren, Liegefahrrädern, dummen Kindern oder Bundesjugendspielen ohne Konkurrenz kommt er schließlich zur biologischen Urszene: „Wir sind doch alle Sieger hier im Saal, aus Millionen von Spermien haben wir es schließlich geschafft...“

Am Schluss lautet Dieter Nuhrs Botschaft an das hingerissene und jubelnde Publikum: „Freude haben, nicht immer nur über den Untergang jammern!“

Fotos
Dieter Nuhr ausnahmsweise im Sitzen, er habe zu viel Sport gemacht © Hanswerner Kruse